Leo erschauderte wohlig, als er den Backstagebereich der Philharmonie betrat. Das goldene Licht war gedimmt, in jeder Ecke scharten sich Damen in funkelnden Abendkleidern und Herren im Anzug um die Künstler ihrer jeweiligen Nationen. Die italienische Kandidatin hielt sich am Eingang auf, trug ein silbernes Cocktailkleid und schwindelerregend hohe Pumps. Sie würde an dem gewaltigen Konzertflügel umwerfend aussehen. Wenn auch nicht so bezaubernd wie die Violinistin neben ihr.
»Leo!«
Francesca kämpfte sich durch die eng stehenden Bewunderer zu ihm durch. Sie trug karminrote Stilettos, ein knielanges Paillettenkleid derselben Farbe, ihre hochgesteckten Locken glänzten im Deckenlicht eindrucksvoller als eine Krone. Leo fühlte sich wie ein Teichkarpfen, dem man erstmals im Leben das Meer zeigte. Zumindest sein Herz reagierte auf ihren wundervoll abwertenden Blick.
»Ich hätte dir doch helfen sollen.« Sie zupfte seufzend an seiner kirschroten Fliege. »Irgendwie habe ich gehofft, dass dein Freund rechtzeitig auftaucht.«
»Ist er. Ihm hat's gefallen.« Leo lächelte, als Francesca das Gesicht verzog. »Er muss sich noch umziehen. Dachte, ich geh schon mal vor.«
»Verstehe. Schön, dass du dich getraut hast.« Sie schob ihm eine blonde Strähne hinters Ohr. Dann nickte sie in den hinteren Bereich des Raums. »Ich habe deine Eltern zur Künstlergarderobe geschickt. Sie warten auf dich.« Sie beugte sich ein Stück zu ihm herunter und hauchte ihm einen Kuss auf die Wange, ehe sie sich abwandte. »Viel Glück, Bello. Wir sehen uns im Saal.«
Leo legte die Hand an die Stelle, an der ihre Lippen seine Haut berührt hatten. Dann drehte er sich schmunzelnd um und lief zum anderen Ende des Saales, erkannte das schlichte Kleid seiner Mutter zwischen all den glitzernden Roben sofort.
»Hey, Leute«, sagte er und grinste, als seine Eltern vor Überraschung zusammenzuckten. Seine Mutter und sein Vater herzten ihn innig, allein seine kleine Schwester zögerte, als er die Arme vor ihr ausbreitete.
»Was ist?«, fragte Leo, ging ein wenig in die Hocke und zupfte ihr am Ohr. »Freust du dich nicht, deinen megacoolen großen Bruder zu sehen?«
»Doch. Wenn du nicht so mega uncool aussehen würdest«, murmelte Mira, nahm seine Umarmung aber schließlich an. »Zum Glück ist das kein Modewettbewerb.«
»Du bist frecher geworden, seit wir uns zuletzt gesehen haben.«
»Vielleicht solltest du häufiger nach Hause kommen.«
Ihr flapsiger Kommentar versetzte Leo einen Stich. Es machte ihm tatsächlich zu schaffen, dass er seine Familie im vergangenen Jahr kaum besucht hatte. Aber ihm blieb zukünftig wohl genügend Zeit dafür.
»Wo ist Elise?« Mira blickte sich neugierig um. »Bestimmt hat sie was Hübscheres an als du.«
»Weiß nicht, vielleicht zieht sie sich noch um ... oh, schau, da ist Dawid.«
Eine Menschentraube drängte sich um den österreichischen Kandidaten. Dawids Smoking war extravagant, ein mondäner Schnitt in einem frischen Eisblau, das ihm im Gegensatz zu Leo hervorragend stand. Doch da war noch etwas, das herausstach.
»Hat der ein Veilchen?«, fragte Mira. Leo presste die Lippen aufeinander. Dawids linkes Auge wurde von einem blauvioletten Bluterguss umrahmt. Er hatte sich anscheinend nicht die Mühe gemacht, das Resultat des gestrigen Konflikts zu überschminken. Vielleicht setzte er darauf, dass das Publikum seinen Schneid mit Punkten belohnte.
Miras Blick wechselte von ihm auf das Pflaster an Leos Hinterkopf, ihr detektivisches Gespür flammte auf. »Habt ihr euch geprügelt?«
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All Eyes On Us [3]
Romance🎼 Abschlussband der Reihe "All Eyes On Me"! 🎼 *abgeschlossen* #leomir 🐰🏳️🌈🩷 [Achtung - SPOILER für Band 1 & 2] . . . Kasimir und Leo haben sich für eine gemeinsame Zukunft entschieden. Als sein Agent setzt Leo alles daran, die Musik seines Fre...