Kapitel 19

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Fassungslos sah ich zu ihm auf, mit seinen fast 2 Metern überragte er mich um einiges und ich musste den Kopf zurück lehnen um ihn anzusehen. „Was?" wisperte ich, weil ich nicht glauben konnte, dass er das, was ich gerade gehört hatte, wirklich gesagt hatte. Ich konnte, nein ich musste mir das eingebildet haben oder?
Hunter blickte auf mich hinab, seine Hand noch immer an meiner Wange glitt sein Blick zu meinen Lippen und mein Herz stoppte.
Nein. Nein. Nein er würde doch nicht...
Das schrille Geräusch der Klingel verkündete das Ende der Stunde und zerstörte unseren Moment. Noch bevor die erste Tür aufflog und der Gang mit Schülern gefüllt wurde, hatte Hunter einen schnellen Schritt zurück gemacht und so den nötigen Abstand wieder zwischen uns gebracht. „Beeilung Red, sonst kommst du noch zu spät zur nächsten Stunde"

Tatsächlich schaffte ich es pünktlich zur nächsten und letzten Stunde für heute, doch ich hätte ihr auch fern bleiben können, denn ich bekam nichts mit. In meinem Kopf herrschte ein absolutes Durcheinander. Die Freude darüber, dass Maddox endlich den nächsten Schritt machen wollte und mich auf ein Date eingeladen hatte, vermischte sich mit den Worten von Hunter und dem Gefühl, dass seine Berührungen in mir ausgelöst hatte. Das alles war mehr, als ich verarbeiten konnte. Ich hatte noch nie einen Freund gehabt und jetzt... jetzt hatte ich allen Anschein nach gleich zwei Männer die mich wollten. Wie sollte ich damit umgehen? Wie sollte ich mich entscheiden und musste ich das überhaupt? Was genau bedeutete Hunters Geständnis? Bedeutete es überhaupt irgendwas? Oder hatte er es einfach bloß so dahin gesagt?
Er war mein Bodyguard, er war nicht freiwillig an meiner Seite und außerdem war er gut 15 Jahre älter als ich. Warum sollte er Interesse an mir haben?

„Wow Gigi, ich kann förmlich sehen wie dir der Rauch aus den Ohren kommst. Wenn du weiter so grübelst bekomme ich schon vom zusehen Kopfschmerzen. Willst du mir nicht sagen, was passiert ist?" fragte Alice mich, kaum das die Stunde beendete war. Fahrig warf ich meine Sachen in die Tasche und murmelte „Ich will nicht drüber reden" ehe ich den Raum verließ. Es hätte wahrscheinlich geholfen mit jemanden darüber zu reden, aber ich war nicht bereit dazu. Ich wollte mein chaotisches Liebesleben nicht vor meiner Freundin ausbreiten, bevor ich nicht selber wusste, in was ich da rein geraten war.
Die ganze Stunde hatte ich darüber gegrübelt, was genau Hunters Worte zu bedeuten hatten, wenn sie denn überhaupt etwas bedeuteten. Umso nervöser war ich, als ich aus der Tür der Schule hinaus ins Freie trat, wo Hunter schon auf mich wartetet. Ich hatte mir unzählige Szenarien ausgedacht, wie er reagieren würde, wenn wir wieder aufeinander trafen. Denn es waren nicht nur Worte gefallen, die ich nie von ihm erwartet hatte zu hören, es gab auch diesen einen Moment, diesen kleinen Augenblick bevor die Türen aufflogen, in dem ich mir sicher war, dass er mich jeden Augenblick küssen würde. Würde er das jetzt wiederholen?
Würde er einen neuen Versuch wagen, wenn wir alleine waren?

Als er mich kommen sah, schnipste er die Zigarette weg, die er eben noch geraucht hatte, umrundete das Auto und hielt mir wie jeden Tag die Tür auf. „Einsteigen Red. Zuhause wartet eine Überraschung auf dich" Mitten beim Einsteigen hielt ich inne und sah irritiert zu ihm auf. „Eine Überraschung? Für mich?" Meine Stimme klang viel zu dünn, man hörte mir an wie nervös ich war. Oder besser wie nervös er mich machte.
„Freu dich nicht zu früh, ich bin mir nicht sicher, ob es eine Überraschung ist, die dir gefallen wird" erklärte er mit unergründlicher Miene. Bevor ich nachfragen konnte, was er damit meinte, schloss er die Tür und stieg Sekunden später selbst ein. Er startete den Motor und noch während er vom Parkplatz fuhr ratterte es in meinem Kopf schon wieder.
Was war das für eine Überraschung?
War sie von Hunter selbst?
Oder von meiner Mutter?
Oder meinem Onkel?
War es eine gute oder schlechte Überraschung?
Auf der etwa 20 Minuten dauernden Heimfahrt stellte ich mir in meinem Kopf alles mögliche vor, doch das was mich erwartete, war definitiv nicht dabei gewesen.

„Was ist das?" fragte ich Hunter offen schockiert und nickte zu einer Tür auf der anderen Seite meines Zimmers, die heute Morgen noch nicht da gewesen war. Dort wo sonst mein Bücherregal stand, war plötzlich eine Tür. Warum war da eine Tür?
Hunters Ausdruck verändert sich, er sah irgendwie schuldbewusst aus als er sagte „Flipp nicht aus ok? Die Tür führt in mein Schlafzimmer"
Ein nervöses Lachen kam über meine Lippen „Ist das ein Witz? Dein Schlafzimmer ist doch unten im Gäste Trakt" Verlegen kratzte er sich am Kopf „Nein nicht mehr. Ich bewohne jetzt das Zimmer neben deinem. Zu dem eben diese da Tür führt"
Meine Augen weiten sich „Warum sind wir verbunden? Also ich meine unsere Zimmer? Mir scheint das etwas... unangemessen zu sein findest du nicht?" fragte ich verlegen.
„Es ist bloß zu deiner Sicherheit Giorgia. Für den Fall, dass etwas passiert, bin ich nah genug dran, um sofort einzugreifen." erklärte er absolut professionell. „Was könnte schon passieren? Das hier ist unser Zuhause. Mein Onkel hat das Haus zu einer verdammten Festung aufgerüstet. Glaubt er ehrlich, dass jemand hier einbrechen würde, in mein Zimmer kommen würde und mich dann entführen würde?" fragte ich sarkastisch, weil ich allein die Vorstellung absolut absurd fand, doch als ich Hunters ernste Miene sah, begriff ich, dass er das anders sah.

„Alles ist möglich Red. Wir haben die Männer, die deinem Onkel schaden wollen unterschätzt, sie sind noch skrupelloser als wir gedacht haben. Wir hatten gestern noch ein Sicherheitmeeting, indem wir besprochen haben, was wir tun können, um euch noch besser zu schützen. Ich habe erwähnt, dass ich zu weit weg bin, um überhaupt zu merken, wenn du dein Zimmer verlässt, woraufhin dein Onkel vorschlug, mir das Zimmer neben deinem zu geben. Die Tür war schon da, nur verborgen durch eine Trockenbauwand und ich fand es durchaus praktisch, denn so kann ich binnen Sekunden bei dir sein und dich beschützen"
Egal wie logisch seine Erklärung war, ich war nicht bereit darauf einzugehen. Er hatte eine Tür die direkt in mein Zimmer führte. Das war ein unverhältnismäßiger Einschnitt in meine Privatsphäre. In meiner Vorstellung gab es kein Sicherheitsrisko, das das rechtfertigte.

„Warum gibst du mir nicht eine Waffe oder so damit ich mich selbst verteidigen kann?" Hunter verschränke die Arme vor der breiten Brust und sah mit erhobener Augenbraue auf mich hinab. „Weißt du überhaupt, wie man eine Waffe benutzt?"
„Nun, nein", sagte ich beschämt.
„Dann schlafe ich entweder neben an oder ich stelle eine Kamera in deinem Zimmer auf" Seine Stimme senkte sich. „Welche Option bevorzugt du?"
Ein heißer Schauer der Erregung und Verlegenheit glitt über meine Haut. „Was wirst du mit dieser Kamera tun? Beobachtest du mich dann, während ich Schlafen?" Die Vorstellung war nicht so abstoßend für mich wie sie es hätte sein sollen.
„Wenn es das ist, was ich tun muss, um dich zu beschützen, dann ja." Seine Tonlage war vollkommen ernst. Er meinte was er sagte. Hunter würde alles tun, um mich zu schützen und das gefiel mir. Es imponierte mir.
„Was wäre, wenn ich dir sagen würde, dass ich nackt schlafe?" provozierte ich ihn, weil ich sehen wollte, wie er reagierte. Es war ein guter Weg um mehr über Hunters wahre Beweggründe zu erfahren, warum er mir unbedingt nah sein wollte.
Ganz kurz zuckt Überraschung über Hunters Gesicht, dann verengen sich seine Augen. Er ließ seinen beurteilenden Blick über meinen Körper gleiten, als ob er versuchte, sich genau vorzustellen, wie ich darunter aussehen könnte. „Ich denke damit komme ich klar" erklärte er mit einem Schmunzeln. Sofort schoss mir die Röte ins Gesicht. Wenn ich nur darüber nachdachte, dass er mich beobachtet, wie ich nackt...
„Du kannst neben an schlafen. Aber wehe du kommst rein ohne zu klopfen." erklärte ich patzig, doch ihn störte es nicht. „Natürlich nicht, ich kann durchaus ein Gentleman sein, wenn ich denn will."

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