Kapitel 104

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Die Morgen hasste ich am meisten an meinem Leben hier. Ich hasste es, in dieser Wohnung aufzuwachen, die nichts von meiner Persönlichkeit widerspiegelte. Ich hasste es, dass ich nüchtern war, wenn ich wach wurde und mir all die Dinge die ich unter Einfluss von Alkohol in der Nacht zuvor getan hatte, wieder einfielen. Ich hasste das Bett in dem ich wach wurde und das nicht nach zuhause roch. Und ich hasste den Mann, neben dem ich jetzt schon seit fast 100 Tagen gezwungen war aufzuwachen.
Egal wie lange er am Abend zuvor weg gewesen war, er schaffte es immer rechtzeitig nach Hause, damit ich morgens als erstes sein Gesicht sah.
„Guten Morgen Darling" flüsterte er mit vom Schlaf noch träger Stimme, dann stützte er sich auf die Ellbogen und küsste mich. Ich ließ ihn, verspannt und voller Abscheu, aber ich ließ ihn. Es hatte kein Sinn sich zu wehren, dass hatte ich in meiner ersten Woche hier lernen müssen. Es gab kein Entkommen mehr. Ich war jetzt hier, allein mit ihm. Wir waren verlobt. Das hier war mein Leben, egal ob ich es wollte oder nicht.
„Kommst du mit unter die Dusche?" Owen war schon aufgestanden und durchsuchte seinen Kleiderschrank nach etwas, dass er nach der Dusche anziehen konnte. „Nein ich bleibe noch liegen. Ich war gestern Nacht noch duschen." murmelte ich und hoffte das würde ihm reichen, doch natürlich tat es das nie. „So spät noch? Dario meinte ihr wärt gegen halb 2 zurück gewesen, ich hatte angenommen du wärst tot müde nach einer solchen Partynacht mit deinen Mädels. Anderson meinte, Jean wäre komplett im Eimer gewesen als sie nach Hause kam." er lachte doch es klang alles andere als freundlich. Was sich für Außenstehende sicher anhören musste wie ein normales Gespräch zwischen zwei Menschen die eine Beziehung führten, war in Wahrheit ein Verhör. Das war Owens perfide Superkraft. Er hatte ein Gespür, alle Geheimnis zu erkennen und so lange nachzufragen, während er einen in Sicherheit wiegte, bis man so eingelullt war, dass man vergaß mit wem man sprach und sein Geheimnis offenbarte ohne es zu wollen. Auch diesen Fehler hatte ich zu Anfang einige Male gemacht, doch ich war nicht dumm. Ich lernte aus meinen Fehlern. Ich fiel nicht mehr auf ihn rein, inzwischen erkannte ich eine Falle, wenn er sie mir stellte.
„Das wundert mich nicht, denn Jean war sicher so lange aus wie du sagst, aber ich war bereits um kurz nach 23 Uhr zurück. Ich hab mich nicht wohl gefühlt, die Bar war mir zu überfüllt und viel zu laut, deshalb hab ich Dario gebeten mich heim zu fahren. Als ich dann hier war wollte ich einfach nur den Gestank aus der Bar los werden und schlafen." korrigierte ich ihn mit lieblicher Stimme. Es war nicht das erste Mal, dass er mir mit Hilfe des Wissens, dass er über Anderson von Jean bekam gegen mich verwenden wollte. Das Jean die Freundin seines Kumpels war, war mit Sicherheit der Hauptgrund warum ich mit ihr allein sein durfte. Owen traute mir genauso wenig wie ich ihm, das wussten wir beide. Nicht umsonst hatte er meinen Pass einbehalten, seit wir hier waren. Er fürchtete, dass ich floh, doch das war unbegründet. Nicht das ich nicht gewollt hätte, mir fehlte es schlicht an Optionen wohin ich gehen sollte, wenn ich ihn verließ.

Owen sah mich noch einen langen Augenblick lang an, es wirkte als wollte er prüfen ob ich log, doch dann beugte er sich hinab, küsste mich auf die Wange und verabschiedete sich in die Dusche während ich mich zurück in die Kissen fallen ließ. Auch wenn ich dieses Bett hasste, wäre ich dennoch gerne hier geblieben, doch das ging nicht. Ich hatte um halb 10 eine Vorlesung, die ich nicht verpassen durfte, wenn ich das Studium bestehen wollte. Nur deshalb schwang ich die Beine aus dem Bett, zog mich an, schminkte mich und lief dann in die Küche, wo ich mich mit einem Cappuccino an die Theke setze und darauf wartete, dass Owen fertig war, denn er bestand immer darauf, dass wie gemeinsam gingen, wenn es unser Kursplan zuließ, was oh Wunder immer der Fall war, woran sicher seine guten Kontakte zur Leiterin dieser Uni schuld war. Es gab für mich kein Entkommen vor ihm, außer an den Abenden, an denen er mich mit Jean und Rose ausgingen ließ oder durch mein Handy. Dieses kleinen schwarze iPhone war mein wichtigster Besitz, denn es war meine einzige Chance mit Hunter zu kommunizieren, immer dann, wenn ich es nicht mehr aushielt, was in letzter Zeit immer häufiger der Fall war.

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