Kapitel 18

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Der Mercedes rauschte davon und ich lief schnell zurück hinein ins Gebäude. Wenn ich mich beeilte schaffte ich es noch rechtzeitig zur nächsten Stunde. Es war die vorletzte Woche, nächste Woche standen nur noch die Abschlussprüfungen an und dann war es endlich vorbei.
Sobald ich alles bestanden hatte, würde ich anfangen meinen Umzug zu planen, was natürlich bedeutete, mich erstmal überhaupt zu entscheiden, wohin ich gehen wollte. Diese Entscheidung war wichtig, die richtige Universität auszuwählen konnte bahnbrechend für den weiteren Verlauf meines Leben sein, doch gerade war mir nur wichtig, dass sie möglichst weit weg von Chicago und den Machenschaften meiner Familie war. Keine Frage, ich genoss den Luxus den mir unsere Reichtum möglich machte, aber sobald ich auch nur eine Sekunde daran dachte, wie meine Familie zu diesem Geld gekommen war und immer noch kam wurde mir übel. Mein Vater hatte das Geld meiner Mutter immer Blutgeld genannt. Als Kind hatte ich das nie verstanden, heute schon.

„Wessen Wagen war das?"
Mit einem erschrocken Aufschrei fuhr ich herum. Ich war gerade erst vom Parkplatz durch die Tür getreten, als Hunters tiefe Stimme auch schon durch den menschenleeren Flur donnerte.
„Shit du hast mich zu Tode erschreckt" fuhr ich ihn an, die Hand an meiner Brust in der mein Herz von dem Schock laut klopfte. „Warum lauerst du hier in der Ecke wie ein Creep?"
Hunter trat aus dem Schatten zu mir, jede Bewegung war geschmeidig und bedrohlich zugleich. „Ich lauere nicht, ich bewache. Dafür bin ich hier, ich soll aufpassen das dir nichts passiert, was schwierig ist, wenn ich keine Ahnung habe, was du eigentlich hier tust. Oder mit wem. Wessen Wagen war das Giorgia?" Seine Stimmlage machte mehr als deutlich, dass er keine Lust auf Spielchen hatte. Er würde durchdrehen wenn ich log, aber er würde es auch, wenn er wusste wessen Auto das gewesen war. Meine Gedanke überschlugen sich auf der verzweifelten Suche nach einer guten Antwort, als Hunters Miene sich mit einem Schlag komplett veränderte. Nie hätte ich es für möglich gehalten, aber es war wohl tatsächlich möglich, dass er noch furchteinflössender aussehen konnte, als sonst schon. Mit einem Schritt war er bei mir, groß und bedrohlich blickte er auf mich hinab „Was ist das an deinem Hals?"

Unbewusst griff ich mir an den Hals und verfluchte Maddox stumm. Vorhin als er meinen Hals geküsst hatte, muss er zu heftig gesaugt hatten. Er hatte mir einen verdammten Knutschfleck verpasst, der scheinbar mehr als gut für jedermann sichtbar war. Auch für Hunter.
Als ich schwieg statt ihm zu antworten, verlor er die Geduld. „Beantworte meine Frage, Giorgia. Sag mir nicht, dass es kein Knutschfleck ist."
Irgendwas an der Art wie er mit mit sprach weckte die Rebellin in mir. Trotzig verschränkte ich die Arme vor der Brust und erwiderte „Und was ist, wenn es so ist? Hast du ein Problem damit? Soweit ich weiß, bin ich alt genug, um Beziehungen zu haben und so etwas auf meinem Körper zu haben, oder?" Er presste die Lippen zusammen, sein Kiefer knackte und ich ahnte, dass er innerlich bereits auf 180 war.
„Das Problem ist nicht der Knutschfleck, es ist der Typ, der ihn dir gegeben hat. Du hast gesagt, du triffst eine Freundin, was ganz offensichtlich gelogen war, denn du stehst nicht auf Frauen soweit ich weiß, also hat diese angebliche Freundin dir den wohl kaum gemacht. Was wiederum bedeutet, dass du mich angelogen hast, um dich heimlich mit einem Kerl zu treffen. Wer war es?" knurrte er, machte noch einen Schritt auf mich zu und ich wich aus, was dazu führte, dass ich gegen die Wand hinter stieß. Jetzt war ich genau so eingepfercht zwischen Hunter und der Wand wie zuvor zwischen Maddox und dem Auto. Doch jetzt war die Stimmung anders.
Nicht schlechter, einfach anders.
Irgendwie aufgeladener und intensiver.

„Ernsthaft, was willst du eigentlich, Hunter?" keifte ich, nicht weil ich wütend auf ihn war, sondern viel mehr weil es mir half, mich hinter dieser gespielten Wut zu verstecken. Es lenkte mich davon ab, wie gut er roch und wie ich die Wärme seines Körpers an meinem spürte, weil er mir so nah war.
„Ich muss es wissen. Ich muss es wissen, damit ich die Scheiße aus dem prügeln kann, der das getan hat." knurrte er voller Abscheu und da begriff ich es. Er war nicht sauer, weil ich gelogen hatte.
Er war... eifersüchtig.
Das war mehr als merkwürdig und faszinierend zu gleich, wenn es denn wahr war. Hunter hatte mich schon mit Maddox gesehen, er wusste genau das er sowas wie mein Freund war. Normalerweise schien es ihm egal zu sein, aber heute hatte es  offensichtlich etwas in ihm ausgelöst, dass ich ihn heimlich getroffen hatte, denn wir wussten beide, dass er bereits ahnte wer meine angebliche Freundin war, die ich auf dem Parkplatz getroffen hatte. Er wusste doch längst, dass es nur Maddox gewesen sein konnte, der für den unschönen Knutschfleck an meinem Hals verantwortlich sein konnte. Es sei denn, er hielt mich für ein Flittchen, das mehrere Männer gleichzeitig traf, aber das glaubte ich nicht. Hunter wusste das es Maddox Mercedes gewesen war, dessen war ich mir sicher. Seine Nachfragen waren nur seine Form mich aus der Reserve zu locken. Er wollte das ich mich schlecht fühlte, weil ich gelogen hatte, doch den Gefallen tat ich ihm nicht, indem ich einfach weiter schwieg, was ihm überhaupt nicht passte.

Plötzlich packte er meinen Hals und drückte mich ohne Vorwarnung an die Wand. Es war ein leichter Würgegriff, es tat nicht weh, aber es war fest genug, dass ich mich nicht rühren konnte.
„Wer war das?" wiederholte er, sein Gesicht Zentimeter von meinem entfernt. „Das weißt du doch längst. Es war Maddox. Wo ist dein Problem verdammt" fauchte ich ihn an. Auf keinen Fall wollte ich das er das Gefühl bekam, er hätte mich in die Ecke gedrängt, obwohl er das wortwörtlich getan hatte.
„Maddox? Im Ernst Red? Wie kannst du diesen Pisser nach der Aktion von Samstag überhaupt noch in deine Nähe lassen? Hast du so wenig Selbstachtung?" Ich überging seine offen Beleidigung einfach. „Was genau hätte er denn deiner Meinung nach besser machen sollen? Hätte er sich auch wie ein Neandertaler prügeln sollen so wie du?" Bei all der Wut und Aggression in seinem Gesicht schmückte plötzlich ein mehr als dreckiges Lächeln seinen Lippen „Oh komm schon, jetzt tu nicht so pikiert. Ich habe ganz genau gesehen wie es dir gefallen hat, dass ich deine Ehre verteidigt habe Red. Aber davon rede ich gar nicht. Ich rede davon, was dieser Kerl behaupt hat, bevor ich ihn zum Schweigen gebracht habe. Ich rede davon, dass Maddox ganz offen davon spricht, dass er dich nur ins Bett kriegen will. Wie kannst du dir das bieten lassen? Wie kannst du tolerieren, das er so von dir redet?" Zum Ende hin wurden seine Worte fast sanft, was einen krassen Kontrast dazu bildete, dass er mich immer noch gegen die Wand gedrückt hielt. Dieser Mann war ein einziger Widerspruch, immer wenn ich dachte ich wusste was er wollte, verhielt er sich komplett anders.

„Dean war betrunken und hat Schwachsinn geredet, Maddox sagt er hätte sowas nie gesagt und ich glaube ihm" Hunter lachte enttäuscht auf „Fuck Red bist du wirklich so naiv? Natürlich hat er das gesagt, weil es die verdammte Wahrheit ist! Alles was er will ist dich zu ficken und wie dieser Knutschfleck beweist, hat er gerade einen erneuten Versuch gestartet und du hast es offensichtlich zugelassen. Auf dem Parkplatz deiner Schule? Sehr stilvoll Red"
„Du hast kein Recht so mit mir zu reden" keifte ich zurück und versuchte zum ersten Mal, seit er mich gepackt hatte ernsthaft mich los zumachen, auch wenn ich wusste, dass es wahrscheinlich keinen Sinn hatte, war ich doch schockiert, wie wenig ihn meine Versuche, mich zu befreien zu stören schienen. Er legte lediglich den Kopf schief, während er mich dabei beobachtet, wie ich versuchte, seine Hand von meinem Hals zu bekommen. „Niedlich" war alles was er dazu sagte. Ich gab augenblicklich auf. Es hatte keinen Sinn, rein körperlich hatte ich keine Chance gegen ihn.
„Ich bin hier, um auf dich aufzupassen Giorgia und genau das werde ich tun. Wenn ich sehe, dass er dich schlecht behandelt oder wenn ich zu hören bekommen, dass er noch einmal so über dich redet, ganz egal ob selbst oder über dritte, werde ich dafür sorgen, dass er nie wieder redet. Verstanden ?" Er sprach mit leiser Stimme und lies absolut keinen Zweifel an der Wahrheit seiner Worte.
„Du bist verrückt, Hunter." erwiderte ich deutlich verängstigt. Hunter sah mich an, ganz plötzlich waren seine Augen nicht mehr kalt, sonder schienen zu brennen. Der Wechsel der Emotionen, die er binnen Sekunden vollzog, war schwindelerregend. Seine Hand löste sich von meinem Hals und umfasste im nächstem Moment meine Wange. Er strich mir zärtlich mit dem Daumen über meine Lippen und flüsterte „Verrückt nach dir, vielleicht."

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