Kapitel 63

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Als ich keine 30 Minuten nach ihm das Büro meines Onkels betrat, tobte bereit ein ausgewachsener Streit zwischen den beiden Männern, die mein Leben bestimmten.
„Du willst sie hier lassen? Nach allem was war? Willst du das sowas sich wiederholt? Willst du das?! Nächstes Mal haben sie vielleicht mehr Erfolg und nehmen sie mit!" brüllte Hunter gerade, was mich zusammenzucken ließ. Es lag nicht daran das er schrie, sondern daran gegen wen er die Stimme so deutlich und feindselig erhob.
Niemand schrie Domenico Esposito an.
Außer Hunter offensichtlich.

„Du weißt wie ich viel ich von dir halte O'Brien, nur deshalb lasse ich dir diese Respektlosigkeit ein letztes Mal durchgehen, aber meine Geduld ist am Ende. Ein weiteres Widerwort von dir und das war es für dich. Dann bist du raus, endgültig. Ich habe jede Menge Männer, die deinen Job wollen. Ein Wort O'Brien und jemand anders sorgt für die Sicherheit meine Nichte. Vergiss nicht, das das hier nur ein Job ist, den ich dir jederzeit wegnehmen kann. Du hast keine Befugnisse. Es liegt nicht in deiner Hand zu entscheiden, wo meine Nichte sich aufhält. Du entscheidest nicht über ihr Schicksal, sondern ich" erklärte er betont ruhig, aber bedrohlich. Ich blickte ganz kurz zu Hunter und sah, dass er nicht nachgeben würde. Man sah förmlich, wie es in ihm kochte und ich wusste, dass es jede Sekunde aus ihm heraus brechen würde, wenn ich ihm nicht zuvor.
„Wie wäre es wenn ihr mich zu Abwechslung mal selbst entscheiden lasst?"
Alle Augen waren auf mich gerichtet, bisher hatte niemand bemerkt das ich da war, weil sich alle auf den Konflikt zwischen Hunter und meinem Onkel konzentriert hatten, doch jetzt galt ihre Aufmerksamkeit mir allein.
„Sei nicht albern Giorgia, du hast keine Ahnung worum es hier überhaupt geht" tat mein Onkel meinen Einwand ab, doch ich ließ mich nicht abschütteln. „Soll das ein Witz sein? Wer von uns wurde gestern fast vergewaltigt während sie am Pool deines Hauses lag? Wer wurde fast entführt, während ihr alle hier drin saßt und absolut nichts getan habt, um es zu vehindern? Du oder ich Dom?" Meine Stimme wurde immer lauter, ich war so in Rage, dass ich ihm nicht mal Zeit ließ zu antworten. „Richtig, ich war es. Ich musste dieses Grauen ertragen, hier in meinen eigen vier Wänden. Hier an dem Ort, an dem ich sicher sein sollte, konntet ihr mich nicht beschützen. Mir wurde das angetan, nicht dir oder einem deiner Männer, die alle glauben sie wüssten was das Beste ist. Wo waren sie denn? Wo waren sie als dieser Typ mich niedergeschlagen hat? Wo waren deine ach so tollen Sicherheitsleute, als Crowell einen deiner Angestellten dafür bezahlte mich zu entführen? Wo waren sie, als er mich gegen meinen Willen auszog und mich fast..."
Die Faust meines Onkels donnerte auf den Schreibtisch noch ehe ich zu Ende gesprochen hatte „Schluss jetzt Giorgia! Halt endlich deinen Mund Gott verdammt!" brüllte er, was nicht nur mich zusammenzucken ließ, sondern auch alle anderen im Raum. Dom erhob selten die Stimme und noch seltener verlor er dermaßen die Fassung. Das war ein Alarmsignal das man besser nicht ignorierte, wenn man sein Leben behalten wollte, doch das wollte ich nicht.
Ich wollte dieses Leben nie.
Ich wollte nur hier weg.

„Ich werde nicht schweigen, bis du mich gehen lässt. Nach allem was mir passiert ist, bleibe ich keine einzige weitere Nacht hier. Und mit hier meine ich nicht bloß dieses Haus. Ich meine diese ganze verfluchte Stadt mit all ihrem Grauen für das auch du verantwortlich bist, Dom. Ich bleibe nicht hier. Ich werde nicht bleiben, um darauf zu warten, dass sie beim nächsten mal mehr Erfolg haben. Das kannst du nicht von mir verlangen und wenn doch, dann musst du mich einsperren, denn freiwillig werde ich nicht länger ein Teil dieser Familie sein." Als meine Worte verklangen war es so still im Raum, dass man eine Stecknadel hätte fallen hören können. Meine Drohung war ein unverzeihlicher Bruch mit allem, wofür diese Männer jeden Tag kämpften. Ich spuckte auf alles, was ihnen die Welt bedeutete, doch ich stand dazu.
Das hier war nicht meine Familie.
Ich hatte keine Familie mehr.
Meine Familie starb letztes Jahr in Austin.

„Du kannst dir nicht aussuchen, ob du eine Esposito bist oder nicht. Du bist es, ganz egal ob die es willst oder nicht. Davor kannst du nicht weglaufen" Die Arroganz mit der er das sagte, wurde nur noch von seiner Überheblichkeit übertroffen. Er dachte er hätte mich klein gekriegt, doch da kannte er mich schlecht. „Aber ich kann mich davor verstecken, so wie mein Vater es jahrelang mit uns getan hat. Es geht, es gibt einen Weg hier raus und den will ich." Mit verschränkten Armen blickte ich ihn direkt an, abwartend und gespannt gleichermaßen.
„Du irrst dich, Giorgia. Es gibt dieses Weg nicht für dich. Du bist nicht dein Vater und ich bin nicht meiner. Ich werde diesen Fehler nicht wiederholen und dich gehen lassen" Die Unerbittlichkeit seiner Worte ließ mich taumeln. Mein Blick glitt zu Hunter, der aussah wie ich mich fühlte.
Verzweifelt, hilflos und verloren.

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