Kapitel 29

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Das Essen verlief erstaunlich gut.
Maddox war ein absoluter Gentleman, machte mir Komplimente, wo er nur konnte und beantwortete geduldig jede Frage die meine neugierige Tante ihm stellte. Auch meine Mutter schien ihn zu mögen, auch wenn sie wenig sagte und die meiste Zeit einfach vor sich hin starrte. Es war offensichtlich, dass sie bereits ihre nächtliche Dosis Tabletten genommen hatte, damit sie nach dem Essen, bei dem ihre Anwesenheit gewissermaßen Pflicht war, direkt wieder in ihren Koma Schlaf zurück flüchten konnte. Sie wollte zurück in das Nichts, zurück in den Bewusstseinszustand indem nichts weh tat und ich verstand das. Ich vermisste meinen Vater auch, aber dennoch... es wäre schön gewesen, wenn sie sich wenigstens heute mal nicht betäubt hätte. Es hätte mir viel bedeutet, wenn sie diesen doch nicht ganz unbedeutenden Moment in meinem Leben bewusst miterlebt hätte. Immerhin war Maddox der erste Mann den ich je mit nach Hause gebracht hatte. Von diesem Moment hatte ich immer geträumt, doch in diesen Träumen stellte ich ihn nicht meinen Onkel vor, sondern einem Dad. Er sollte Maddox in die Mangel nehmen, ihn so lange mit fragen Löchern bis es mit peinlich wäre und ihn dann am Ende des Abend väterlich auf die Schulter klopfen, um ihm zu signalisieren, dass er ihm seinen Segen gibt, mit seiner einzigen Tochter auszugehen.
So hätte es sein sollen.

Doch es verlief ganz anders.
Das mit den Fragen übernahm zwar meine Tante, doch ihre Fragen gingen in einen vollkommen andere Richtung, als die, die ein Vater gestellt hätte. Sie fragte ihn, wo er gerne einkaufen ginge, was seine Lieblingsdesigner wären und wo er sich seine Haare machen lässt. Es war grotesk, doch Maddox behielt die Fassung und beantwortete alles mit einem Lächeln.
Die einzig väterliche Figur am Tisch in Form meines Onkels hielt sich komplett raus. Außer einer knappen und mehr als kühlen Begrüßung hatte er das ganze Essen kaum mit Maddox geredet, stattdessen war er unentwegt an seinem Handy, zwei mal ging er sogar raus zum telefonieren und überließ Federico den Vorsitz bei Tisch, der sich heute wirklich vorbildlich benahm.
Erst als der Nachttisch serviert wurde, richtete mein Onkel das Wort an Maddox. „Dein Vater ist Porter Bexley richtig?" Alle sahen zu ihm, Domenico's Frage kam wie aus dem Nichts und grätschte mitten rein in ein Gespräch, dass Liliana gerade mit Maddox geführt hatte, doch das störte meinen Onkel nicht. Er war es gewohnt, dass alle schwiegen, sobald er die Stimme erhob.
„Ja Sir, dass ist richtig. Kennen sie ihn?" erwiderte Maddox wie üblich mehr als höflich. Was man von der Antwort meines Onkels nicht gerade behaupten konnte. „Allerdings. Ich will ihn treffen. Umgehend" Nicht nur ich zog die Stirn kraus, bei den harschen Worten meines Onkels.
„Mh ok wenn sie es wünschen Sir. Ich werde meinen Vater fragen, wann er Zeit hat" Maddox sah unsicher zu mir, auch ihm kam das komisch vor.
„Noch diese Woche. Ich warte nicht gern" brummte mein Onkel. Maddox nickte bloß, als mein Onkel auch schon aufstand „Ich habe noch zu arbeiten, wir sehen uns morgen" erklärte er den Abend für beendete. Es war zu früh, Maddox wollte doch noch mit ihm sprechen. Panisch sah ich Liliana an, die sofort einsprang. „Warte Dom Liebling. Du hast doch sicher noch eine Minute Zeit oder? Maddox wollte noch mit dir sprechen. Maddox" sie lächelte meinen Freund aufmunternd an, der seine Chance sofort ergriff. „Sie haben mich heute kennengelernt, ich bin ein wohlerzogener junger Mann aus guten Hause. Ihre Nichte ist mir wahnsinnig wichtig und ich würde nie etwas tun, dass sie in Gefahr bringt. Sie haben Angst um sie, dass verstehe ich, aber ich garantiere ihnen, dass Giorgia in meiner Nähe immer sicher sein wird. Nie würde ich zulassen, dass ihr jemand zu nahe kommt das schwöre ich. Deshalb wollte ich sie bitten, ob ich sie allein treffen kann. Ohne ihren Bodyguard."
Ich hielt die Luft an, als ich auf die Antwort meines Onkels wartete, der Maddox eine gefühlte Ewigkeit lang einfach nur ansah, finster und bedrohlich wie immer.
„Ich will deinen Vater sehen. Umgehend. Danach reden wir weiter" verkündete er vollkommen kalt. Sofort hatte ich das Gefühl, dass mehr dahinter steckte, als unsere Beziehung oder meine Sicherheit. Ich kannte die Stimme meines Onkels.
Er sprach nicht über mich, er sprach übers Geschäft.

Eine halbe Stunde später war das Essen zu Ende. Maddox und ich gingen Hand in Hand hinaus, jeder in seinen Gedanken. Erst vor der Tür begann ich zu sprechen. „Tut mir leid wie das gelaufen ist, ich weiß du hast dir mehr erhofft" Maddox umfasste mein Gesicht, bis ich zu ihm aufsah und zu meinem Erstaunen in ein strahlendes Gesicht blickte.
„Er hat nicht nein gesagt oder?" dann küsste er mich schnell und verkündete „So schnell gebe ich nicht auf. Ich will das hier Babe. Ich will dich"
Sein nächste Kuss war viel intensiver, seine Hände wanderten in mein Haar, dann an meinen Hals und schließlich hinab zu meinem Hintern. Er drückte mich gegen sich und ich stöhnte, als ich ihn hart an mir spürte. „Sieh was du mit mir machst Babe... alles nur von einem Kuss..." Er schob seine Hüften vor und wieder stöhnte ich. „Ich werde nichts unversucht lassen, um endlich mit dir allein zu sein, damit wir all die schmutzigen Dinge tun können, die dir und mir gerade durch den Kopf gehen" Er klang anders, rauer und vollere Verheißungen. Ich schlang die Arme um ihn, zog mich enger an ihn und küsste ihn immer leidenschaftlicher, so lange bis ich spürte, wie seine Hand meinen Rock anhob. Sofort stoppte ich ihn „Maddy bitte, wir sind hier im Flur meines Zuhauses. Wir können nicht..." er seufzte schwer, dann lehnte er seine Stirn an meine, eine Geste, die ich inzwischen von ihm kannte. Er war frustriert.
„Ich schätze, es besteht keine Chance, dass du mich noch mit hoch auf dein Zimmer nehmen kannst oder?" er sagte es als wäre es ein Scherz, doch seine Augen verrieten, dass er die Frage eigentlich ernst meinte. „Ich fürchte nicht, nein." wieder seufzte er schwer, dann löste er sich von mir „Gute Nacht Babe. Wir sehen uns Montag, ich hole dich zum Mittag ab. Zur Not auch mit deinem Gorilla im Gepäck."

Als er weg war lief ich in mein Zimmer, schminkte mich ab und legte mich ins Bett, doch an Schlaf war nicht zu denken. So glücklich ich darüber war, das zwischen Maddox und mir endlich Klarheit herrschte, so sehr hatte ich Angst davor es Hunter zu sagen, doch das musste ich.
Seit er hier angefangen hatte tanzten wir umeinander herum, immer zwischen Flirt, Wut und professioneller Distanz. Es machte mich wahnsinnig, dass ich ihn nicht durchschaute. Ich hätte so gerne gewusst, ob all die Flirts und kleinen Berührungen ihm ernsthaft etwas bedeuteten oder ob er einfach so war. Vielleicht ging er mit jeder Frau so um. Ich hatte ihn mit Coraline erlebt. Hunter war sich seiner Wirkung auf Frauen bewusst, daran bestand kein Zweifel. Vielleicht genoss er es einfach nur zu flirten. Vielleicht ging es dabei gar nicht um mich im speziellen.
Ich seufzte theatralisch auf. Es gab einfach zu viele vielleichts im Bezug auf Hunter. Genau deshalb hatte ich mich für Maddox entscheiden. Er wollte ganz offen mein Freund sein.
Nur er und ich.
Kein vielleicht.

Ich rollte mich zur Seite und griff nach meinem Handy und tippte einen Nachricht an ihn.

Giorgia: Wann kommst du zurück?

Minutenlang starrte ich auf das Display, doch er antwortete mir nicht, ganz egal wie lange ich wartete. Wahrscheinlich war er beschäftigt mit... Ja womit eigentlich? Es war sicher das er irgendwas für das Geschäft meiner Familie tat, was hieß, dass es höchstwahrscheinlich illegal war und ich es allein deshalb nicht wissen wollte. Oder sollte.
Mit einem unguten Gefühl im Magen, schaltete ich die Nachttischlampe aus, rollte mich ein und verfiel in seiner unruhigen Schlaf mit düsteren Träumen von gefährlichen Männern und ihren verführerischen Stimmen.

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