Kapitel 46

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„Liebes bist du fertig? Die ersten Gäste sind schon da" Das zarte Klopfen meiner Mutter an meiner Tür schürte meine Hektik nur noch. Seit einer halben Stunden versuchte ich jetzt schon mir einen Lidstrich zu ziehen, ohne Erfolg. Was mir sonst so spielend leicht von der Hand ging schien heute ein absolutes Ding der Unmöglichkeit. Meine Hände zitterten so stark, dass ich jedes Mal alles ruinierte, sobald ich den feinen Pinsel anlegte.
„5 Minuten ok?" rief ich zurück und griff nach meinem Champagnerglas, in der Hoffnungen das der Alkohol helfen würde, meine Nerven zu beruhigen. Seit Hunters nächtlichem Besuch war ich ein Wrack. Meine Gedanken standen nicht still, sie waren wie ein Tornado, der alles mit sich riss und Hunter war das Auge des Sturms. Ich verstand ihn nicht, immer wieder tat er das eine und sagte das andere. Seine Worte hallten in mir wieder, als würde er noch immer auf mir sitzen. Ich spürte sein Körpergewicht förmlich, ich roch seinen Duft und ich spürte, was es mit mir machte.
Egal was er sagte, egal was ich behauptete - ich wollte ihn.
Ich wollte ihn so unbedingt, dass es mich schier umbrachte, denn ich wusste, dass ich ihn nicht haben konnte. Er war einer unsere Angestellten, er war älter und er war gefährlich. Hunter war kein Mann für jemanden wie mich, das hatte er selbst gesagt und dennoch war er gestern Nacht her gekommen, voller Eifersucht und Verlangen und hatte seinen Besitzanspruch auf mich verdeutlicht. Gestern Nacht hat er mir Angst gemacht, aber das war nicht alles. Es hatte mir auch... gefallen.
Seine Dominanz, die Rohheit seiner Aktion und dieses ungefilterte Verlangen in seine Augen hatte das Verlangen in mir nach ihm noch weiter geschürt.
Doch bedeutete das irgendwas?
Hatten seine Worte tatsächlich irgendwelche Auswirkungen auf unsere Beziehung?
Ich kannte die Antwort.
Es hatte keine Auswirkungen.
Es war egal.
Denn ich war bereits vergeben.

Ich war kaum die Treppe hinunter gestiegen, als ich meinen Freund auch schon erblickte. Lässig lehnte er an der Wand, ein Glas in der einen und das Handy in der anderen Hand. Er schien meine Anwesenheit zu spüren, denn er blickte unvermittelt auf und ich konnte dabei zu sehen, wie ein Strahlen über sein Gesicht zog. Sofort stieß er sich von der Wand ab. Er erreichte mich, als ich gerade am Fuß der Treppe angekommen war, zog mich in seine Arme und küsste mich so intensiv und leidenschaftlich vor alle Anwesenden, dass mir augenblicklich die Knie weich wurden. Maddox schien es egal wer uns sah, wir mussten uns nicht verstecken. Wir waren ein Paar, ganz offiziell. Unsere Beziehung fand nicht in den Schatten statt, denn sie war echt. Sie war wahrhaftig und sie war alles was wollte.
Oder wollen sollte.

„Wow Baby, du siehst umwerfend aus" flüsterte er, dann drehte er mich vor sich und applaudierte leise „Absoulte Perfektion, ich bin so ein verdammter Glückspilz" er zog mich zurück und küsste mich erneut. Erst ein räuspern unterbrach uns, als ich aufsah blickte ich in das Gesicht meiner Tante. „Ich störe euch wirklich ungern, aber das Essen wird jetzt serviert" Sofort trat Maddox einen Schritt zurück, während er sich fast verlegen durch die Haare strich „Entschuldigung Liliana, als ich ihre Nichte so gesehen habe, in diesem Wahnsinn Kleid da... Ich konnte nicht widerstehen" Er zwinkerte mir zu und ließ damit sowohl mein Herz, als auch das meiner Tante dahin schmelzen.
Ich hakte mich bei ihm unter und wir folgten meiner Tante hinein ins Esszimmer, doch kurz bevor wir drin waren packte er mich nochmal am Kinn, küsste mich schnell und flüsterte rau „Ich kann es kaum erwarten, das Essen hinter mich zu bringen und dich dann endlich für mich allein zu haben. Nur du und ich, ohne jegliche Störung" er seufzte genießerisch, während seine Hand meinen nackten Rücken hinab fuhr wisperte er noch „So verflucht perfekt..."

Das Dinner dauerte sage und schreibe zweieinhalb Stunden und jede Minute die es dauerte, steigerte meine Nervosität nur weiter. Ich wusste was Maddox erwartete, sobald wir vom Tisch aufstehen würden. Heute wäre es soweit.
Heute würde es passieren.
Wir würden miteinander schlafen.
Es würde keinen Aufschub mehr geben, wir tanzten schon zu lange um dieses Thema herum. Maddox war mit seiner Geduld am Ende, er wollte den nächsten Schritt und ich wollte es auch.
Glaubte ich.
Als wir jedoch in meinem Schlafzimmer ankamen und er die Tür verschloss wurde mir klar, dass ich mich selbst belogen hatte. Ich dachte ich wäre so weit, ich dachte, ich wollte es, doch das war falsch.
Ich war nicht bereit.
Gerade als er mich rückwärts gegen mein Bett schob, seine Lippen auf meinem und seine Hände auf meinen Hüften zog ich die Notbremse.
„Stopp" Meine Stimme klang viel schärfer als erwartet, was nicht nur ihn sondern auch mich zusammenzucken ließ.
„Was ist los Baby? Habe ich was falsch gemacht?" Er legte die Hände an mein Gesicht, liebevoll und voller Verständnis blickte er auf mich herunter, während ich erklärte „Ja, nein also nicht wirklich. Ich glaube nur... Ich glaube nicht das ich das will. Also nicht hier, nicht heute" stammelte ich. Sofort verdunkelte sich seine Mimik. „Du machst einen Rückzieher, schon wieder? Willst du mich verarschen? Wo und wann könnte es besser sein als hier und heute?" Jegliches Verständnis war verschwunden, er klang bloß sauer.
„Es fühlt sich einfach nicht richtig für mich an ok? Meine ganze Familie ist unten. So habe ich mir das einfach nicht vorgestellt. Du weißt, dass ich noch nie... Es wäre immerhin mein erstes Mal" stammelte ich weiter, weil ich mich dummerweise schämte, als wäre es mein Fehler.
„Das weiß ich Giorgia, nur deshalb habe ich so viel Rücksicht genommen und das so lange hingenommen, aber ich bin dieses ewige hin und her so leid, ich habe dir Zeit gegeben, viel mehr als die meisten Männer es getan hätten, aber meine Geduld ist am Ende. Ich bin ein erwachsener Mann Giorgia und ich will mit meiner Freundin eine erwachsenen Beziehung führen und dazu gehört eben auch Sex. Ich dachte, das wolltest du auch. Ich dachte du willst mich, aber da lag ich wohl falsch"

Es fühlte sich an, als hätte ich ihn hinters Licht geführt, denn immerhin hatte ich ihn hier her mitgenommen in dem Glauben, dass wir es tun würden. Ich wollte meine Unschuld verlieren, das wollte ich wirklich, aber es fühlte sich plötzlich falsch an, sie an ihn zu verlieren.
„Es tut mir leid" wisperte ich bloß, während mir die ersten Tränen die Wange runter liefen.
„Mir auch."
Maddox schloss die Knöpfe an seinem Hemd, die ich bereits geöffnet hatte, nahm sein Handy von der Kommode und entriegelte die Tür. „Ich kann das nicht mehr. Ich kann nicht mehr so tun, als wäre alles in Ordnung, denn das ist es nicht. Seit Wochen schiebst du mich immer weiter von dir, während ich alles tue, um dir näher zu kommen. Ich bin es satt, Baby. Ich habe keine Lust mehr um etwas zu Kämpfen, das scheinbar nur einer von uns wirklich will. Und ich habe es satt, mich von dir vorführen zu lassen. Wir wissen doch beide, warum du schon wieder einen Rückzieher gemacht hast. Es liegt nicht an mir oder daran, dass du noch nicht so weit bist. Es liegt an ihm. Du willst diesen Neandertaler, der nur bei dir ist, weil man ihn dafür bezahlt. Er tut seinen Job, deshalb verbringt er Zeit mit dir. Nur deshalb. Aber bitte, jage weiter hinter diesem Hirngespinst her, dass er mehr in dir sieht, als einen Gehaltsscheck, wenn es dich glücklich macht. Glaubst du wirklich, so ein alter, mittelloser Niemand wie er wäre besser für dich, als ich es bin? Wenn ja, bist du noch naiver als ich dachte. Du machst einen Riesen Fehler Giorgia und den wirst du bereuen, glaub mir. Ich habe dich gewarnt, ich habe dir Chancen um Chancen geben, aber damit ist jetzt Schluss. Es ist vorbei, endgültig. Leb wohl Giorgia"

Cherry bomb Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt