Kapitel 55

48 3 0
                                    

„Muss ich da wirklich mit rein?"
Hunter sah gequält zwischen mir um dem Neonschild des Snooze & Lose hin und her. Seine Verzweiflung amüsierte mich „Du bist mein Bodyguard, schon vergessen? Wo ich hingehe, gehst du auch hin. Ich tue das nicht, um dich zu bestrafen ok? Alice, Coraline und ich haben das schon vor Wochen ausgemacht, da wir alle an unterschiedliche Universitäten gehen werden, wollten wir wenigsten den Sommer zusammen verbringen wie echte Studentinnen. Also komm schon" Ich schenkte ihm ein Lächeln, ehe ich mit gespieltem Mitleid sagte „Es ist nur eine Studentenbar und nicht das Tor zur Hölle Hunter" Seine Miene blieb gequält, doch er trat vor, öffnete mir die Tür und seufzte „Für mich ist da kein Unterschied"
In dem Augenblick, als ich an ihm vorbei die überfüllte Studentenbar betrat, spürte ich, wie er seine Hand auf meinem unteren Rücken platzierte. Sehr weit unten.
Ich erschauderte unwillkürlich, als er dabei das Stück nackte Haut zwischen meinem Top und der Jeans berührte. Mit einem Blick über die Schulter sah ich mit einem Lächeln zu ihm auf und wurde mit einem Blick belohnt, der meine Knie weich werden ließ. Wie machte er das immer wieder?
Es war nur eine simple Geste, eine kurze Berührung, wieso stand ich sofort in Flammen?
Ich wusste warum. Weil sie eben nicht nur das war. Seit ich ihn vor knapp einer Woche unter der Dusche überrascht hatte, war etwas anders zwischen uns. Es war zwar noch nichts weiter passiert, doch mein Auftauchen dort war für uns beide die stillschweigende Bestätigung, dass ich wollte, was er mir angeboten hatte. Ich wollte ihn, auch wenn wir beide immer noch nicht zu wissen schien, wie das genau ablaufen sollte, fühlte es sich gut an, endlich Klarheit zu haben. Unser Umgang miteinander war lockerer, wir lachten oft und verbrachten Zeit zusammen immer dann, wenn es nicht auffiel.
So wie heute. Natürlich war ein Ausflug in eine Studentenbar mit meinen Freundinnen kein ideales Date, aber es war besser als nichts.

Sobald wir drin waren, suchte ich den vollkommen überfüllten Raum nach meiner Freundinnen ab. Ich fand sie schnell an einem Tisch in der Ecke, vor ihnen bereits ein Krug mit Bier und eine Ansammlung kleiner Gläser, ich vermutete gefüllt mit Tequila. „Gigi!!!! Da bist du ja endlich!" kreischte Alice euphorisch auf, sobald sie mich erblickte. „Oh und wie ich sehe hast du deinen Schatten auch wieder dabei" Diese deutlich weniger freundliche Begrüßung kam von Coraline. Zwischen uns war es immer noch merkwürdig angespannt, doch ich wollte mir davon nicht den Tag verderben lassen. „Du weißt, mein Onkel besteht drauf. Ihr werdet ihn gar nicht bemerken, er kann an der Bar warten oder so" erklärte ich schnell, während wir uns mit Küsschen begrüßten. „Sei nicht albern, er kann doch bei uns sitzen. Mich stört seinen Anwesenheit nicht, ganz im Gegenteil. Er ist immerhin echt nett anzusehen" scherzte Alice, die wohl eindeutig schon ein paar der bereit stehenden Gläser Tequila geleert hatte. „Nicht nötig, ich warte an der Bar" ertönte Hunters tiefe Stimme direkt hinter mir, dann spürte ich wieder seine Hand auf meiner Haut. „Ich bin in der Nähe, wenn was ist. Und keine Sorge. Ich lasse dich nicht aus den Augen. Nicht eine Sekunde"

Zwei Stunde später waren alle Gläser geleert und auch der Krug mit Bier neigte sich dem Ende. Wir waren dementsprechend betrunken, was dazu führte, dass unsere Gespräche deutlich lockerer wurden. Der Konflikt zwischen Coraline und mir war fast vergessen, zumindest solange, bis sie das Thema plötzlich wieder auf Maddox brachte.
„Ich verstehe einfach nicht, wieso ihr Schluss gemacht habt. Er war perfekt für dich und du warst doch so verrückt nach ihm." fing sie wieder an, was sofort auf meine Stimmung drückte. „Es hat einfach nicht gepasst denke ich" murmelte ich, griff nach meinem Glas und trank es aus.
„Bullshit, mit dieser lahmen Ausrede kannst du vielleicht Alice abspeisen aber nicht mich. Ich will die Wahrheit." Ob es am Alkohol oder an ihre bedrohlichen Art lag, wusste ich nicht, aber ich hörte mich plötzlich sagen „Er wollte mit mir schlafen, aber ich... Ich konnte es nicht"
Ich sah auf und mein Blick traf zu erst auf Alice, die mich mitleidig ansah. Sie war meine Freundin, eine echte Freundin. Sie verstand mich, auch wenn sie meine Ansichten nicht teilte, war sie immer für mich da. Ganz anders als Coraline. Ihre dunklen Augen waren spöttisch zusammengezogen, um ihr Mund lag ein fieser Zug als sie sagte „Mein Gott Gigi. Was glaubst du denn wo du lebst? Wir sind hier nicht in einem Kloster im 16 Jahrhundert! Natürlich will er Sex, jeder Mann will das. Stell dich doch nicht so beschissen an. Sex ist keine schmutzige Sünde. Es ist eine mächtige Erfahrung, die zwei Seelen miteinander verbindet, wenn es gut läuft. Im schlimmsten Fall ist nur eine tolle Lösung um Stress abzubauen. So oder so ist es nichts, worum man so ein Brimborium machen muss wie du es tust. Du hättest einfach mit ihm vögeln sollen und gut! Gott ich kann es nicht fassen, dass du eine Zukunft mit einem der reichsten Männer dieser Stadt einfach weggeworfen hast, nur weil du so verklemmt bist. Willst du wirklich als die heilige Jungfrau an die Uni gehen?"

Keine Ahnung was mich mehr schmerzte, ihr Worte oder die herablassende Art mit der sie mit mir sprach, es tat auf jedenfall weh.
„Warum bist du so?" flüstere ich und spürte, wie mir bereits die Tränen in die Augen schossen.
„Weil es mal jemand sein muss, Giorgia. Jemand muss dir mal die Augen öffnen wie die Welt läuft. Glaubst du wirklich das der nächste Kerl mehr Geduld mit dir hat als Mad? Fuck er war ein verfluchter Heiliger, dass er überhaupt so lange gewartet hat, bis er es versucht hat. Du weißt, dass er jede haben könnte, aber er wollte unbedingt dich. Warum ist mir allerdings noch immer ein Rätsel" Jetzt schaltete Alice sich ein „Du gehst zu weit Cor" zischte sie und griff meine Hand.
„Zuweit? Oh ich gehe nicht mal ansatzweise weit genug. Jemand muss unsere kleinen Bibelschülerin doch mal die Augen öffnen. Ich bin es so satt mit anzusehen, wie alle Männer ihrer Unschuldsengel Masche verfallen. Maddox, mein Bruder und ihr verdammter Bodyguard - jeden wickelt sie um ihren kleinen Finger."
Mir klappte der Mund auf. Ihr Bruder?! „Du irrst dich. Owen kann mich nicht leiden." Coraline lachte schrill „Du bist so blind. Mein Bruder will dich, seit du das erst mal bei uns warst. Allerdings hatte er keine Lust darauf zu warten, bis du endlich deinen Heiligenschein ablegst, deshalb hat er Maddox den Vortritt gelassen."
Nie hätte ich es für möglich gehalten, dass sie noch fieser sein konnte. Ich dachte wirklich, wir wären Freunde, doch ich hatte mich wohl geirrt.

„Viel interessanter finde ich es übrigens, dass du gar nicht widerspricht, dass dein Bodyguard scharf auf dich ist. Liegt es daran, dass du ihn auch willst? Du stehst auf ihn oder? Natürlich tust du das, jeder kann es sehen, deshalb gebe ich dir eine gutgemeinte Rat als deine Freundin: Hunter ist nicht Maddox. Männer wie er wollen nicht nur Sex, sie brauchen ihn. Sobald er merkt, dass du ihn nicht ran lässt verliert er das Interesse. Ihn wirst du nicht Monate lang hinhalten können. Wenn er es bei dir nicht bekommt, sucht er sich eine andere. Ich melde mich gerne freiwillig"
Meine Faust schlug auf den Tisch, so hart, dass sie leeren Gläser klirrten. „Es reicht Coraline. Halt endlich deine verfluchte Klappe!"
Mein Wutausbruch hatte nicht nur Alice und Coraline erstarren lassen, sondern sie hatte auch Hunter alarmiert. Er trat nur Sekunden später neben mich, eine Hand auf meiner Schulter, die andere auf den Tisch gestützt beugte er sich zu mir „Was ist hier los Red?" bevor ich etwas sagen konnte, ertönte wieder das verächtliche Lachen von Coraline „Oh natürlich kommt er und rettet die Jungfrau in Nöten. Gott ich ertrage das alles nicht mehr. Ich haue ab" Sie schnappte ihre Tasche und war verschwunden, ehe wir reagieren konnten. Hunter sah ihr kurz nach, ich ahnte, dass er darauf brannte zu erfahren was hier gerade vor sich ging, doch er sagte nichts und glitt stattdessen einfach neben mich auf die Bank. Sein Körper presste sich angenehm gegen meinen, es war tröstlich das er da war. Ich brauchte ihn jetzt, dass er das zu spüren schien, ließ mich glücklich lächeln.

„Alles in Ordnung?" fragte er leise, als er meinen Blick auf sich spürte. „Normalerweise verprügele ich keine Frauen, aber wenn die kleine Wallace so frech zu dir war, dass du geweint hast, mache ich vielleicht eine Ausnahme" Mein Lächeln wurde bei seinem offensichtlich Scherz noch breiter, ohne nachzudenken strich ich ihm über den Unterarm und erklärte „Danke, aber dieses Kampf kann ich selbst austragen" Sein Mundwinkel zuckte „Ganz wie du willst Red"
Alice sah belustig zwischen uns hin und her „Wann werdet ihr endlich zugeben, dass ihr zwei euch mögt?" Viel zu schnell sagte ich „Ich mag ihn nicht!" woraufhin Alice lachend den Kopf schüttelte „Komm schon Süße, sag die Wahrheit." Ich schlug ihr gegen den Arm „Hör auf zu lachen Alice. Und hör auf sowas zu sagen. Es stimmt nicht. Hunter und ich wir sind..." Mein Blick glitt kurz zu ihm „...Freunde. Das ist alles. Wenn du es genau wissen willst, wollte ich gerade die Jungs da vorne fragen, ob sie mit uns tanzen wollen, na was meinst du Alice? Bist du dabei?"
Alice nickte begeistert, stand auf und ich wollte es ihr gleich tun, doch Hunter blockierte meinen Weg raus aus der Nische, beugte sich zu mir und zischte mir ins Ohr „Du wirst niemanden fragen, ob er mit dir tanzt, hast du verstanden?" Ich neigte den Kopf so, dass meine Lippen fast seine berührten, als ich ihm meine Antwort entgegen flüsterte „Gott, du bist so sexy, wenn du eifersüchtig bist."

Cherry bomb Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt