Kapitel 87

30 2 1
                                    

Als Brio wenig später an der Haustür klopfte, war Hunter noch immer in mir. Unweigerlich kicherte ich unter ihn, als ich in sein mehr als angepisstes Gesicht sah „Brio und sein verdammter 350PS Sportwagen. Wie kann er so schnell hier sein verflucht" stöhnte Hunter genervt auf, ehe er meine Stirn küsste und sich aus mir zurück zog. „Später mehr" hauchte er, dann zog er seine graue Jogginghose wieder hoch und lief oberkörperfrei aus dem Wohnzimmer in Richtung Eingangstür, um Brio die Tür zu öffnen.
Ich schnappte mir ebenfalls meine Klamotten und begann mich hastig anzuziehen, als ich hörte wie die Tür geöffnet wurde und fast augenblicklich Brios spöttische Stimme erklang „Sind dir die Shirts ausgegangen Mann oder...." Wr stoppte, dann hörte ich ihn eintreten und er sprach weiter „Das ist nicht dein Ernst oder? Ihr zwei seit hier jetzt wie lange ununterbrochen allein eingesperrt? Eine Woche? Und du musst sie trotzdem noch schnell vögeln, obwohl du weißt, das ich bereits auf dem Weg zu euch bin? Gott bist du so sexsüchtig? Oder ist sie es? Oh Shit ist sie auch noch nackt?" feixte er weiter, während er bereits ins Wohnzimmer gestiefelt kam, in der einen Hand die Pizzakartons und die andere mehr schlecht als recht über die Augen gelegt, als hätte er Angst etwas zu sehen, dass er nicht sehen sollte. „Ich bin angezogen, Brio. Du kannst du Hand runternehmen" erklärte ich ihm genervt, aber auch ein wenig belustig, allein schon weil er absolut lächerlich aussah, wie er so dastand, mit der Hand vor den Augen. Er spähte vorsichtig durchs seine Finger, als wollte er sicher gehen, dass ich nicht gelogen habe und doch nackt auf dem Sofa lag, dann nahm er die Hand endlich runter und präsentierte mir stattdessen stolz die mitgebrachten Pizzakartons. „Sieh mal was ich hier habe. Für dich ist vielleicht sogar eine mit extra Mozzarella dabei, weil du meine Lieblings-Esposito bist. Komm, lass uns in der Küche essen ja? Ich will meine Pizza nicht auf eurem Sex Sofa essen"

Die Worte waren kaum aus seinem Mund da gab Hunter ihm von hinten so eine Schelle gegen den Kopf, dass Brio fast du Kartons fallen ließ. „Kannst du auch mal 5 Minuten kein Arsch sein?" maulte Hunter ihn an, dann nahm er ihm die Pizzen ab und machte sich langsam auf dem Weg in die Küche. „Ich weiß nicht. Vielleicht? Könnt ihr denn auch mal 5 Minuten kein Sex haben?"
Hunter stoppte sofort, seine Muskulatur verspannte sich bedrohlich. Als er sich schließlich herumdrehte, sah ich sofort, dass er kurz davor war, Brio ernsthaft weh zutun, wenn ich nicht sofort einschritt. Blitzschnell hüpfte ich von der Couch und trat zwischen die beiden Männer. „Ganz ruhig ihr zwei ja? Ich will die Pizza essen, bevor sich zu Boden gelandet ist. Also beruhigt euch und lasst uns essen." Ich schob Hunter vor mir her Richtung Küche, was dieser tatsächlich zuließ.
Sobald wir alle saßen nahm ich mir ein Stück Pizza, schlug die Beine unter mir zusammen und sah zu Brio. „Hunter sagte, dass du etwas für mich hättest. Etwas das so wichtig war, dass du es mir sofort bringen musstest. Also was ist es? Und bitte sag mir nicht, dass es lediglich diese Pizza war und du dir einen Scherz mit mir erlaubt hast"

Kurz blitzen seine Augen so amüsiert auf, dass ich wirklich dachte das alles wäre nur einer seiner albernen Gags, doch dann stand er auf, ging zu seiner Jacke und holte einen großen braunen Umschlag heraus. „Der hier kam eben mit der Post für dich. Ich war zufällig gerade da und habe ihn abgefangen. Ich dachte, du willst ihn sicher umgehend haben. Du weißt was das ist oder?" Er wedelte mit dem Umschlag vor meiner Nase herum, bis ich aufsprang und ihm ihn weg nahm. „Meine Unterlagen für die Uni" flüsterte ich fast ehrfürchtig und drückte sie an mich wie einen kostbaren Schatz. Für mich waren sie das in gewisser Weise auch, denn sie waren meine Rettung raus aus Chicago und zurück nach Hause. Ich hätte fast triumphierend die Faust gereckt und „Austin ich komme!" gerufen, doch dann fing ich Hunters Blick aus, der mich in einer Mischung aus Erkenntnis, Schmerz und Enttäuschung beobachtete.
„Dann führen wir jetzt wohl endlich das Gespräch hm?" erklärte er müde. Es war unnötig mehr zu sagen, wir wussten beide welches Gespräch.
„Erzähl mir was du vorhast." begann er versöhnlich. „Wie sieht dein Plan aus? Nur deiner meiner ich. Vergiss mich, deine Familie und alles für einen Moment ja? Was hast du jetzt vor?" er lächelte, doch es erreichte seine Augen nicht, dennoch war ich ihm dankbar, dass er das Ganze offensichtlich so vernünftig angehen wollte und dass es ihm wichtig war, was ich wollte. Das kam in meinem Umfeld selten bis gar nicht vor. Niemand interessierte sich für das, was ich wollte.
Niemand außer Hunter.

„Nun das Semester startet bereits in 3 Wochen mit der Einführungswoche, die ist zwar kein muss, aber ich will sie auf keinen Fall verpassen. Ich habe schon vor ein paar Wochen mit meiner alten Freundin Harper gesprochen, sie hat einen Antrag gestellt, dass wir zusammen in ein Zimmer wollen, aber ob das klappt erfahren wir wohl erst kurz vorher. Natürlich könnten wir uns auch einen Wohnung abseits des Campus mieten, aber das ist irgendwie nicht das Richtige. Ich meine dafür geht man ja nicht an die Uni, oder? Wir wollen die ganze Experience weißt du? Außerdem will ich nicht von dem Geld meiner Familie abhängig sein. Das Zimmer im Wohnheim kann ich mir leisten, wenn ich einen Job in einem Café oder so mache. Ich will unbedingt auf eigenen Beinen stehen. Egal wie anstrengend es wird, zu arbeiten und zu studieren. Ich will es so." endete ich, dann biss ich in meine Pizza. Hunter hatte die ganze Zeit schweigend zugehört, doch jetzt nutzte er meine Pause und fragte „Wann willst du aufbrechen?" Hastig schluckte ich mein Bissen herunter „In etwas mehr als zwei Wochen. Ich kann ein paar Tage bei Harpers Familie bleiben, bis wir ins Wohnheim können. Dann können wir schon mal nach Möbeln und so gucken." Hunter nickte bloß, doch sein Blick sagte alles.
Zweieinhalb Wochen.
Das war gar nichts.
Zweieinhalb Wochen und wird wären hunderte Meilen entfernt.

Ohne nachzudenken griff ich über den Tisch nach seiner Hand und verschränkte die Finger mit seinen. „Es muss nicht das Ende sein. Nicht wenn wir es nicht wollen. Viele Paare führen eine Fernbeziehung, sobald es an die Universitäten geht. Es wird nicht leicht, aber was war das in unsere Beziehung schon je? Du kannst mich besuchen kommen. Ich bin sicher selbst eiskalte Hitman haben mal einen freien Tag" versuchte ich die Stimmung mit einem schlechten Scherz aufzulockern, was mir erstaunlicherweise sogar gelang. „Du wirst es nicht glauben aber ja. Wir haben hin und wieder frei" erwiderte er und verzog den Mund zu einem schiefen Lächeln. Ehe ich dazu etwas sagen konnte, meldete sich plötzlich Brio zu Wort. „Moment mal. Du willst dich über einen Tag lang hinters Steuer deines Schrottwagens setzen und sogar das Land verlassen, nur um Giorgia für ein paar Stunden zu sehen? Shit der Sex muss echt der Wahnsinn sein."

Hunter und ich sahen beide irritiert zu ihm. „Wovon redest du? Ich studieren doch nur in Texas. Austin liegt nur in einem anders Bundesland, nicht im Ausland und die Fahrt dauert nur knapp 16 Stunden, das ist zwar immer noch lang, aber bei weitem nicht länger als einen Tag." klärte ich ihn auf, dann boxte ich ihm spielerisch gegen den Arm. „Du warst wohl eine Niete in Erdkunde was?"
Doch statt zu lachen oder mir einen frechen Spruch zu drücken, wurde er plötzlich bleich. Sein Blick flog erst zu mir, dann zu dem Umschlag vor mir und dann fast flehentlich zu Hunter, der sofort zu verstehen schien, ganz im Gegensatz zu mir. Er legte den Kopf in die Hände und murmelte etwas, dass mehr nach Flüchen als nach Worten klang.
„Was läuft hier?" fragte ich angespannt. Hunter ließ den Blick gesenkt und schwieg, was mich wütend machte, denn ganz offensichtlich wusstet er es oder er ahnte es zumindest.
„Was zur Hölle läuft hier verdammt?!" brüllte ich. Meine Faust knallte auf den Tisch, als sich das unbestimmte Gefühl von nackter Angst mit der Wut in mir mischte. Ich war kurz davor aufstehen, um Hunter zu schütteln, damit er mir endlich erklärte, was hier los war, als Brio leise sagte. „Ich habe auf den Absender geguckt, als ich den Umschlag entgegen nahmen. Es tut mir leid, wirklich. Ich fürchte, du gehst nicht zurück nach Austin, Gigi
. Diese Unterlagen sind von der University of Vancouver."

Cherry bomb Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt