Kapitel 33

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Das hier hätte eigentlich der Inbegriff eines perfekten Tages sein müssen. Ich hatte meine Prüfung erfolgreich geschrieben, mein absolut hinreißender Freund hatte mich abgeholt und in eins meiner Lieblingsrestaurants zum Mittagessen eingeladen. Es hätte perfekt sein sollen, doch das war es nicht, weil alles von einem dunklen Schatten überlagert wurde. Der Name des Schattens war Hunter O'Brien.
Mit seiner bloßen Anwesenheit schien er jegliches Glück aus dem Raum zu saugen, den er betrat. Schon auf der Fahrt hier her herrschte eine so eisige Stimmung, dass ich am liebsten alles abgesagt hätte. Wie sollte ich ein halbwegs normales Date mit Maddox haben, wenn Hunter sich aufführte wie eine Mischung aus überfürsorglichem Vater und eifersüchtigem Liebhaber?
Es war eine Vorhaben, dass von Minute eins an zum scheitern verurteilt war, auch wenn Maddox sich diesmal nicht von Hunter stören lassen schien und komplett losgelöst wirkte, ich konnte es nicht. Das ganze Essen über spürte ich seine Blicke auf mir was mich total hemmte.
Ich hatte wirklich gedacht, dass es funktionieren würde. Ich habe gedacht es macht mir nichts, dass er uns beobachtete, doch das war ein gewaltiger Irrtum.
Allein durch seine urteilenden Blicke immer dann, wenn Maddox mich in irgendeiner Form berührte, fühlte ich mich, als würde ich etwas falsch machen. Es fühlte sich an, als würde ich Hunter betrügen, was nicht nur schlichtweg nicht stimmte, sondern auch gar nicht möglich war, immerhin war absolut gar nichts zwischen ihm und mir.
Oder besser fast nichts.
Denn irgendwas war da.
Ich bildete mir das nicht ein.

„Hast du mir zugehört Baby?"
Maddox griff über den Tisch nach meiner Hand. Sanft strichen seine Finger über meine Hand. „Sorry was?" schwer löste ich den Blick von Hunter, der ein paar Tische entfernt saß.
„Ich habe gesagt, dass Miles die Hütte bekommt" Meine Stirn kraus gezogen fragte ich irritiert „Was für eine Hütte?"
Die Sanftheit verschwand aus Maddox Gesicht, als ihm klar wurde, wie lange ich ihm wohl schon nicht mehr aufmerksam zugehört hatte. „Die am Michigan Lake, du weißt schon, die von seiner Tante in der wir unbedingt ein paar Tage verbringen wollten, bevor der Stress des Alltags wieder los geht. Ich habe Semesterferien und du musst erst in ein paar Monaten los an die Uni. Es ist der perfekte Moment für eine letzte Auszeit Baby. Alle kommen mit. Die Jungs natürlich, Owen wollte Coraline fragen und ich glaube Miles wollte seine neue Freundin mitnehmen. Wir können direkt Donnerstag los, ich kann dir einen Wagen schicken oder dich selbst abholen, wie du willst" er klang so euphorisch, dass ich ihn ungern darin stoppen wollte, den perfekten Sommer für uns zu planen, doch ich musste es tun. „Ich kann nicht mitkommen Maddy. Donnerstag ist die Abschlusszeremonie und danach wollten wir feiern. Unser Jahrgang hat extra den Era Social Club gebucht, um dort zu feiern, das habe ich dir doch erzählt. Ich kann das nicht verpassen."
Maddox wischte meine Einwände mit einer Handbewegung davon „Dann kommst du eben Freitag nach. Ich richte dann mit den Jungs schonmal alles ein" Meine Zähne gruben sich in meine Lippe, als mein Magen immer härter wurde. Diese Gespräch würde kein gutes Ende nehmen.

„Das heißt du fährst definitiv am Donnerstag? Ich dachte, du kommst mit mir. Zu meinem Abschluss meine ich. Und zu der Party danach. Immerhin sind wir jetzt fest zusammen. Als mein Freund solltest du mich begleiten oder?"
Er lächelte, doch es war ein mitleidiges Lächeln. „Baby die Jungs und ich planen das schon ewig, da waren wir noch gar nicht zusammen. Ich kann da jetzt wirklich keine Rücksicht drauf nehmen. Wir feiern dann einfach nach, sobald du am Michigan Lake ankommst."

Es schmerzte mich, das ihm mein Abschluss so egal war, doch das war nicht mal das Schlimmste, denn das würde folgen, wenn ich ihn auf den offensichtlichen wahren Grund aufmerksam machen musste, warum ich unter keinen Umständen mit ihm und den andern Jungs an den See fahren konnte. Am liebsten hätte ich laut geschrien. Dieses Gespräch wurde immer schlimmer, es war als redeten wir aneinander vorbei. Langsam bekam ich das Gefühl, er wollte mich gar nicht verstehen.
„Maddy ich kann nicht mit kommen. Weder Donnerstag, noch Freitag oder sonst wann. Mein Onkel würde das nie gestatten. Nicht in der aktuellen Situation"
Sofort entzog er mir seine Hand und verschränkte die Arme vor der Brust. „Das war so klar, du versuchte es nicht mal und gibst lieber gleich auf, was? Langsam frag ich mich, was das Ganze eigentlich soll, Gigi. Willst du überhaupt Zeit mit mir verbringem? Allein?" Überrumpelt von deinem plötzlichen Ausbruch blinzelte ich ein paar Mal ehe ich leise sagte „Natürlich will ich das. Es ist nicht meine Entscheidung gewesen, eine Bodyguard zu haben, der mir überallhin folgt"
Mit einem Kopfschütteln erwiderte er „Schieb das nicht auf deinen Gorilla Giorgia. Wir treffen uns doch schon lange, bevor er da war. Du hast immer eine Ausrede gefunden, um nicht länger allein mit mir zusein. Ich habe wirklich versucht, verständnisvoll zu sein, ich habe dir Zeit gegeben, weil ich dachte du brauchst das. Ich bin den nächstens Schritt gegangen, habe dich offiziell zu meiner Freundin gemacht, weil ich dachte, dass wäre es, was du brauchst um dich endlich voll und ganz auf mich einzulassen, aber jetzt trittst du schon wieder auf die Bremse und nutzt deinen Gorilla als billige Ausrede."
„Er ist keine Ausrede. Das alles liegt nicht in meiner Hand ok? Hunter würde mich nie alleine aus dem Haus lassen" verteidigte ich mich, doch es half nichts. „Ach komm schon Giorgia! Du hast dich monatelange nachts aus dem Haus geschlichen, um auf Partys zu gehen. Wenn du es wirklich wolltest, würdest du auch jetzt einen Weg finden, mich allein zu sehen"
Seine plötzliche Feindseligkeit überforderte mich, denn sie kam für mich wie aus dem nichts.
„Die Situation ist jetzt eine ganz andere. Damals war ich nicht..." Ich stockte mitten im Satz, weil ich fast zu viel gesagt hatte. Maddox durfte nicht zu viel wissen, auch wenn es so viel leichter wäre, Hunters Anwesenheit zu erklären, wenn Maddox wissen würde, dass mein Leben wirklich akut in Gefahr war. Wahrscheinlich würde es ihm und auch mir helfen, unsere Beziehung besser zu führen, dennoch sagte ich nichts, denn ich hatte keine andere Wahl.
Man verriet die Familie nicht.
Niemals.
Alter Mafia Kodex.

„Es war einfach was anders ok?" seufzte ich plötzlich müde von alle dem hier. „Hör zu ich will mich nicht streiten und ehrlich gesagt weiß ich gar nicht wie wir an diesen Punkt gelangt sind. Wir müssen einfach einen Weg finden uns damit zu arrangieren, wie es gerade ist, denn aktuell können weder du noch ich was daran ändern, dass Hunter immer da ist wo ich bin. Vielleicht wird es besser, wenn mein Onkel deinen Vater getroffen hat. Hast du ihn schon um ein Treffen gebeten?" lenkte ich das Thema weg von unserem Streit in der Hoffnung, es würde besser werden, doch Maddys zerknirschtes Gesicht sagte mir gleich, dass meine Hoffnungen sinnlos war. „Ehrlich gesagt ja, aber... nun er weigert sich deinen Onkel zu treffen"
Fast wäre mir die Gabel aus der Hand gefallen „Er tut was?! Warum?" Mit einem Mal schien Maddox verlegen, er kratzte sich am Kopf, dann sah er sich um, beugte sich vor und flüsterte „Mein Dad meinte, dein Onkel hätte Dreck am stecken. Es gehen Gerüchte um, dass bei seinen Clubs nicht alles mit rechten Dingen abläuft. Die Rede ist von Drogen, Prostitution und Schutzgelderpressung. Ich sage nicht, das es wahr ist, aber allein so ein Gerücht kann den guten Ruf meines Vaters ruinieren. Er sagt, dass er sich nicht mit solchen Leuten sehen lassen kann. Mir ist egal, was dein Onkel macht, mir geht es nur um dich Baby, aber für meinen Vater sieht das leider anders aus. Er muss auf sein Image achten. Das verstehst du doch oder?"

Mein Stuhl scharrte laut über den Boden als ich hastig aufsprang. „Ich muss gehen" presste ich gerade noch heraus, als mein Sichtfeld schon verschwamm. Meine Ohren rauschten unerträglich laut, ich hörte kaum, wie Maddox sagte „Hey nein komm schon, ich habe das nicht so gemeint, du weißt doch das die Leute immer Blödsinn reden. Mir bedeutet das nichts. Wirklich."
Noch während er sprach, begann der Raum sich zu drehen, meine Finger umfassten panisch die Tischplatte, als jemand meine Taille umfasste und mir den dringend benötigten Halt gab.
Hunter.
Natürlich.
Mein ewiger Retter.
„Alles gut Red, ich hab dich. Sag mir was los ist" Hunter schirmte mich mit seinem Körper vor allen neugierigen Blicken ab, was mir half, mich voll und ganz auf ihn zu fokussieren. Seine Nähe, seine Berührungen und sein Duft beruhigten mich sofort. Nach einigen tiefen Atemzügen hatte ich meine Panikattacke so weit runter gedrückt, dass ich ihm antworten konnte.
„Ich will nach Hause. Sofort"
Hunter nickte, denn deutete er über seine Schulter „Was ist mit ihm?"
Meine Antwort kam sofort. „Nein, er nicht"
Obwohl Hunters ganzes Gesicht von Sorge und Anspannung dominiert wurde, zuckte sein Mundwinkel kurz. „Perfekt" flüsterte er, dann griff er in seine Hosentaschen, zog ein Bündel Scheine heraus und warf sie vor dem verdutzt drein blickenden Maddox auf den Tisch. „Euer Date ist beendet, du nimmst ein Taxi nachhause Loverboy"

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