Kapitel 38

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„Glaubst du das wirklich?" fragte er noch immer mit fahriger Stimme. „Ich glaube es nicht, ich weiß es" erwiderte ich mit meinem neuen Alkohol bedingten Selbstbewusstsein. Hunter sah auf meine Lippen, als hätte er sie gerade zum ersten Mal bewusst wahr genommen und leckte sich dann über seine eigene. Mein Herzschlag setzte einen Schlag aus.
Er würde doch nicht...
Würde er?
Noch während ich zwischen der Panik und der Freude eines möglichen ersten Kusses hin und her schwankte, verschloss sich Hunter wieder vor mir. Seine Augen verloren ihr Feuer, sein Mund wurde zu einer eiserne Linie und auch wenn er noch immer dicht vor mir stand, schien er plötzlich darauf zu achten mich nicht mehr zu berühren.
„Woher willst du das wissen? Du kennst mich quasi nicht" erklärte er mit einer Kälte, die mich zwar erschaudern ließ, aber das Feuer in mir nicht löschen könnte. Ich hatte mich schon zu weit vorgewagt, um jetzt einen Rückzieher zu machen. Wer weiß ob ich mich jemals wieder bis an dieses Punkt vorwagen würde, wenn ich jetzt einknickte. „Ich kann es spüren" wisperte ich, hob meine Hand und legte sie an seine Wange. Die Stoppeln seines Barts kitzelten meine Handinnenfläche, als er die Zähne zusammen biss und ich seine Kiefermuskeln Zucken spürte. Er hielt sich zurück, weil er glaubte er müsste es, doch das musste er nicht. Ohne Scheu sah ich zu ihm auf, hielt seinem kalten Blick stand und erklärte weiter „Ich spüre es jedes Mal, wenn du mich berührst. Und ich weiß das du es auch fühlst Hunter."
Fast grob packte er meine Hand und riss sie förmlich von seinem Gesicht. „Du irrst dich, ich fühle gar nichts" knurrte er voller Zorn und zerstörte erneut alles, was zuvor zwischen uns passiert war. Wieder bewarf er all die schönen Momente und intimen Berührungen die mir viel mehr bedeutet hatten, als sie es sollten, mit Dreck.
Ich hatte es so satt, dass wir uns immer wieder im Kreis drehten, nur um dann am selben Punkt wieder herauszukommen.
Plötzlich hatte ich ihn satt.
„Ich brauche frische Luft" zischte ich, tauchte unter seinem Arm hindurch und lief in Richtung Ausgang. Keine Ahnung, ob er mir folgen würde oder nicht. Es war mir egal. Ich wollte nur raus aus dieser Situation.
Nicht weil mich seine Worte verletzt hatten, sondern weil ich mir inzwischen sicher war, dass er log und das ertrug ich nicht länger. Ich ertrug es nicht länger, dass er verleugnete was so verdammt offensichtlich war.
Er wollte mich. Ich wusste nicht ob er mich mochte, aber er wollte mich.

Die kalte Nachtluft schlug mir entgegen, sobald ich die schwere Tür aufstieß. Zunächst tat sie mir gut, denn sie kühlte mein erhitztes Gemüt ab und ich hatte das Gefühl, wieder klarer denken zu können, zumindest für ein paar Minuten. Dummerweise reagierte dann der Alkohol auf die frische Luft und riss mir förmlich den Boden unter den Füßen weg. Mit einem Mal war ich wahnsinnig betrunken oder besser ich war mir bewusst, wie viel ich eigentlich den ganzen Abend über getrunken hatte. Meine Sicht wurde unscharf und ich begann zu taumeln, während sich mein Kopf mit einem fast angenehm Nebel füllte.
Ich wollte gerade wieder rein gehen, als ich die Stimme meiner besten Freundin Coraline hörte, die lautstark am Telefon auf jemanden einredete und dabei immer wütender zu werden schien.
„Was hast du denn erwartet Maddox? Du kennst sie doch. Giorgia ist voller Leben und Energie, und sie liebt es, auszugehen und eine gute Zeit zu haben. Sie es gewohnt ist, der Mittelpunkt zu sein und die Aufmerksamkeit aller Männer auf sich zu haben. Wie kannst du sie auch alleine hier her kommen lassen? Shit du hast sie doch mit ihrem angeblichen Bodyguard erlebt oder nicht?"
Wie vom Blitz getroffen blieb ich stehen, als mir durch den alkoholischen Nebel in meinem Kopf klar wurde, was ich da gerade mit anhörte.
„Ja also!" schrie sie weiter „Dann hast du auch gesehen, wie er sie ansieht. Und wie sie ihn ansieht! Wie kannst du das riskieren nach all der Arbeit die du in diese Beziehung investiert hast, lässt du zu, dass jemand anders sie bekommt? Hast du so wenig Selbstachtung?"

Ihre Worte verstörten mich. Verteidigte sie mich?
Oder ritt sie mich ins Verderben?
Wem wollte sie mit diesem Anruf helfen?
Mir oder Maddox?

„Oh Mad du naiver Idiot, glaubst du das wirklich? Sie ist nicht die Heilige die sie dir vorspielt, wann checkst du das endlich? Ich habe gerade mit angesehen, wie sie sich beim Tanzen an ihrem Bodyguard gerieben hat, als wollte sie, dass er sie noch auf der Tanzfläche fickt. Sie ist bereit, glaub mir. Du musst nach Hause kommen, wenn du derjenige sein willst, der es tut, denn wenn nicht, wird er es tun, darauf geb ich dir Brief und Siegel. Beweg dein Arsch zurück nach Chicago oder du wirst es bereuen" drohte sie und beendete dann das Gespräch, ohne seine Antwort abzuwarten.

Blitzschnell drückte ich mich in eine Nische in der Mauer, als sie auf ihren schwindelerregend hohen High Heels zurück in den Club stolzierte. Erleichtert das sie mich nicht entdeckt hatte, glitt ich an der Mauer hinab und setzte mich auf den Boden. Ich spürte kaum, wie kalt er war, denn mein Körper brannte förmlich vor Scham und Wut über das, was ich da gerade unweigerlich mit anhören musste. Es fiel mir schwer zu begreifen, was sie gesagt hatte. Plötzlich wünschte ich mir nichts mehr als wieder nüchtern zu sein. Das alles wäre so viel leichter zu verstehen ohne diesen Nebel in meinem Kopf. Coralines Worte rasten durch meinen Kopf und vermischten sich mit denen, die Maddox' Freunde auf der Poolparty über mich gesagt hatten. Es schien bald so, als wäre es unsere Beziehung das einzige Thema, dass unsere Freunde hätten, wenn ich nicht dabei war. Ging es Maddox wirklich nur darum, mich endlich ins Bett zu bekommen?
Ich weigerte mich das zu glauben, denn es wäre zu schmerzhaft. Ich mochte ihn und ich war mir eigentlich sicher, dass er genauso für mich empfand, da war es doch nur der nächste logisch Schritt, dass er mit mir schlafen wollte.
Vielleicht überreagierte ich, sah ich mal wieder Dinge, die gar nicht dar waren.
Oder vielleicht lachten tatsächlich alle über mich. Vielleicht schlossen sie Wetten ab, wann er mich endlich dazu bekam, mit ihm zu schlafen. Ich hatte sicher an die 10 Teenie Filme gesehen, in denen es solche Wetten gab, die beruhten sicher nicht alle auf reiner Fiktion. Gut möglich das es sowas in echt gab und das ich die Hauptrolle in meinem ganz persönlichen Teenager Drama spielte ohne es zu wissen.

„Hier steckst du verdammt nochmal! Ich habe den ganzen Club nach dir abgesucht. Warum sitzt du denn hier draußen verflucht?" schnauzte Hunter mich an, der auf einmal vor mir aufragte.
„Warum? Weil ich genug von dir hatte. Und von der Party. Und den Leuten. Ich hab einfach genug Hunter" lallte ich mit vom Alkohol schwerer Zunge. Er beugte sich zu mir hinab und ehe ich mich versah, umfassten mich zwei starke Arme und hoben mich hoch. „Da sind wir ausnahmsweise Mal einer Meinung. Du hat definitiv genug für heute. Es wird Zeit nach Hause zu gehen, Red"

Cherry bomb Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt