Kapitel 102

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Mir war trotz meines unbestreitbaren Drogenrausches durchaus bewusst das es ein Fehler war, noch während wir es taten und doch wollte ich es. Ich wollte diesen letzten Fehler begehen, bevor man mich morgen in ein Flugzeug setzen würde und mir jeglichen Kontrolle über mein Leben entzog. Das hier war ein Fehler, den ich gewollt hatte und den ich jederzeit wiederholen würde, wenn ich denn könnte.
Dementsprechend zufrieden lag ich jetzt an Hunter gekuschelt in meinem Hotelbett und fuhr die Linien seiner Muskeln nach, während ich versuchte nicht zu emotional zu werden. Er würde mir so schrecklich fehlen. Allein es mir vorzustellen, dass er in nicht einmal mehr 24 Stunden kein Teil meines Lebens mehr sein würde, tat so weh, dass ich Angst hatte nur daran zu denken. Es war besser, diese letzten gemeinsamen Momente positiv anzugehen, als sie mit Tränen zu verschwenden.

„Hätte ich gewusst, wie scharf du wirst wenn du eifersüchtig bist, hätte ich diesen Trumpf schon viel eher ausgespielt" versuchte ich mich an einem Scherz, anstatt ihm zu sagen, wie weh es mir tat, dass ich ihn wirklich verlieren würde.
„Ich war nicht eifersüchtig, das ist nicht mein Stil, Red. Ich war territorial. Das ist ein feiner Unterschied. Eifersüchtig ist man, wenn man etwas will, das einem nicht gehört. Territorial schützt das, was einem bereits gehört"
Meine linke Augenbraue ging spöttisch nach oben „Wir leben im 21 Jahrhundert, Hunter. Wir Frauen gehören niemanden mehr ok? Du klingst wie ein Neandertaler wenn du so sprichst"
In einer fließenden Bewegung drehte er mich unter sich, fixierte meine beiden Hände mühelos über meinem Kuss und strich dann mit seiner Nase meinen Hals hinab „Na und? Du stehst drauf oder etwa nicht?" In diesem Moment schob er seine Hüfte vor und glitt kurz in mich. Er war nicht so hart wie zuvor, aber es reicht aus um mich Stöhnen zu lassen „Ich wusste ich hatte recht" lachte er, als ich mich unter ihm wand, doch dann zog er sich aus mir zurück und rollte sich von mir. „Hey" jammerte ich und wollte wieder auf ihn ihn krabbeln um die zweite Runde selbst in die Hand zu nehmen, doch er stoppte mich. „Es ist bereits halb 4, Red. Wir sollten schlafen, du solltest schlafen. Du wirst morgen jede Kraft brauchen die du hast."

Und einfach so traf mich die Realität wieder mit all ihrer Wucht. Ich würde morgen gegen Mittag zum Flughafen gebracht werden, wo ich dann mit einem Privatjet nach Kanada gebracht werden würde, um dort mein Studium an der University of Vancouver anzutreten, gemeinsam mit meinem Verlobten. Der nicht Hunter war, sondern Owen, ein angeblicher Freund, der mich als Preis für einen Deal mit meiner Familie von seinem Vater geschenkt bekommen hatte.
Mein Magen dreht sich um, schnell sprang ich auf, taumelte ins angrenzende Bad und übergab mich. Hunter war sofort da, strich mir über den Rücken und hielt meine Haare. „Sorry das ich davon angefangen habe, das war dumm von mir, ich wollte dich nicht aufwühlen. Das war nicht meine Absicht." entschuldigte er sich, doch ich wollte es nicht hören. Es machte kein Unterschied. Es würde so oder so passieren.
Nachdem nichts mehr aus mir raus kam, stand ich immer noch wankend wieder auf und ließ mich von Hunter zurück zum Bett eskortieren. „Du sollst was trinken Red" er hielt mir ein Wasserglas hin, doch ich griff daran vorbei zu der Flasche Wein, die noch auf meinem Nachtisch stand, nahm aus ihr einen großen Schluck und erntete dafür einen finstern Blick. „Das ist nicht ganz das was ich gemeint hatte." brummte er missmutig. „Tja es ist aber das was ich brauche" fauchte ich zurück, dann zog ich die Decke über mich und drehte ihn den Rücken zu. All die guten Gefühle waren wieder weg, zurück blieb nur der bitterer Geschmack des Schicksals. Ich hasste Hunter nicht mehr so sehr, wie noch heute Nachmittag, aber ich tat es immer noch. Meine Gedanken kreisten immer wieder darum, dass er das wirklich zulassen würde. Ich verstand es und verstand es gleichzeitig absolut nicht, das er mich wirklich morgen in das Flugzeug steigen lassen würde und nichts dagegen unternehmen würde, dass ich an einem anderen Mann verheiratet wurde. Wie konnte er das zulassen, wenn er mich liebte? Das tat er doch oder?

„Willst du das ich gehe?" erklang seine Stimme hinter mir, rau und verletzlich wie selten. Schnell wischte ich mir die Tränen weg, die schon wieder flossen, dann schüttelte ich den Kopf. Die Matratze knarrte, als er sich neben mich ins Bett legte, seinen Arm um mich legte und meinen Nacken küsste. Hunter war die perfekte Mischung: ein Wilder und ein Gentleman. Das Gleichgewicht gab mir das Gefühl, sicher und lebendig zu sein, wenn er bei mir war, was er in wenigen Stunden nicht mehr wäre. Schnell drehte ich meinen Kopf ins Kissen, damit mein aufschluchzten nicht zu hören war. Er würde mir so sehr fehlen und ich hatte absolut keine Ahnung, wann ich ihn Wiedersehen würde oder ob ich es überhaupt jemals würde. Ich dachte längst mein Herz wäre schon in all seine Bestandteile zerbrochen, doch es brach noch weiter, als er leise hinter mir sagte „Ich liebe dich Red. Fuck ich glaub ich habe dir das nie gesagt oder?" wieder schüttelte ich nur den Kopf und dann hörte ich ihn wieder leise an meinem Ohr. „Ich werde einen Weg finden, Red. Ich werde einen Weg finden dich zurück zuholen und wenn es das Letzte ist was ich tue. Ich werde meine Schwester und ihren Sohn finden, sie befreien und dann kommen wir und holen dich. Bitte vertrau auf meine Worte Red. Ich werde kommen und dich retten, so wie ich es dir versprochen habe, aber es wird dauern. Shit ich wünschte es wäre anders, aber ich werde Zeit brauchen und du Geduld, ok? Du musst durchhalten und darfst die Hoffnung nicht aufgeben, ja? Ich liebe dich und ich werde dich retten Red."
Jetzt konnte ich die Tränen nicht länger verbergen und ich wollte es auch gar nicht. „Ich liebe dich auch Hunter" wimmerte ich, während ich mein Gesicht in seiner breiten Brust vergrub und ungeniert um alles weinte was ich verlor ohne zu wissen, ob ich es je wieder bekommen würde.

Ich erwachte einige Stunden später zu dem aufdringlichen Klingeln meines Weckers in einem leeren Bett. Hunter musste gegangen sein, als ich eingeschlafen war, was ich erwartet hatte, doch das hieß nicht das es nicht weh tat. Ich hätte alles für einen letzten gemeinsamen Morgen gegeben und eine richtige Verabschiedung, doch stattdessen bekam ich nur einen Zettel, der auf dem Kissen neben mir lag, auf dem eigentlich er liegen sollte:

Guten Morgen Red,
Mein Herz hat einen Schlag übersprungen, als du mir gestern Nacht gesagt hast, dass du mich auch liebst und es machte mir meinen heimliche Abschied noch schwere, aber wir wissen beide, dass es nicht anders ging. Das Risiko ist zu hoch, solange ich nicht weiß, wo dein Onkel Phoebe versteckt hält. Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass ich nicht praktisch jeden Tag, jede Minute an dich denke und mich selbst dafür hasse, dass ich dich mit ihm gehen lasse aber ich habe keine Wahl. Ich muss meine Familie schützen, weil ich alles bin was sie haben und sie alles sind, was ich habe. Das heißt aber nicht, dass ich diese Entscheidung leichtfertig getroffen habe oder sie nicht bereue. Es war das Schwierigste, was ich je tun musste.
Ich war nicht mehr verliebt, seit ich von der Highschool geflogen bin und kann mich nicht wirklich daran erinnern, wie es war, aber ich kann sicherlich sagen, dass es sich nie so angefühlt hat wie mit dir Red. Du bist bei weitem das Beste, was mir jemals passieren wird, und ich verdiene dich oder deine Liebe nicht. Genau deshalb bedeutet sie mir alles und ich werde nicht ruhen, bis ich einen Weg gefunden habe, dich zu retten. Bitte verlier den Mut und den Glauben nicht. Ich werde kommen und dich retten.
Du hast mein Wort Red.

Hunter

Ich drückte den Brief an mich und weinte so lange, bis es laut an meiner Tür hämmerte. „Miss Sheffield? Ihr Wagen ist da"

Cherry bomb Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt