Kapitel 99

31 3 1
                                    

Es dauert drei Tage bis ich einen Weg für mich fand, Owens Ultimatum nachzukommen und mich nicht selbst dafür zu hassen was ich tat. Naja zumindest hasste ich mich nicht vollkommen.
Ich versuchte mich langsam ran zu tasten, indem ich seine Hand griff, mich an ihn lehnte, wenn wir im Wagen saßen oder seine Nähe suchte, wenn wir zusammen im Restaurant waren, doch ich spürte schnell das es so nicht funktionieren würde. Es fühlte sich falsch an ihm nahezukommen. Ich fühlte mich unwohl und merkte gleichzeitig, dass ihn meine zaghaften Annäherungsversuche mehr nervten, als meine Zurückhaltung zuvor. Mit jedem Tag wurde ich frustrierter und gestresster, denn ich hatte Angst, was er tun würde, wenn ich seinen Anforderungen nicht genügte. Er hatte es nicht offen ausgesprochen, aber ich war nicht mehr so naiv wie vor einem halben Jahr noch. Owen würde bekommen was er wollte, ob ich es wollte oder nicht. Er würde einen Weg finden, wie er mich davon überzeugen konnte. Mir war klar, dass mir dieser Weg unter keinen Umständen gefallen würde, weshalb ich dringend selbst einen Weg finden musste, wie ich das angehen sollte.

Wie sich herausstellte bestand die Lösung für mein Dilemma aus zwei sehr offensichtlich Komponenten, die die ganze Zeit vor mir waren. Die erste war so einfach, wie effektiv: Alkohol.
Es war sicher nicht richtig, so viel zu trinken bis ich mich nicht mehr schuldig oder schmutzig fühlte, wenn ich mich Owen näherte, aber es erfüllte seinen Zweck so gut, dass ich schnell begriff, dass die Flasche Wein zum Abendessen und der Champagner davor wohl in Zukunft meine beste Freunden werden würden. Dank ihnen entdeckte ich auch die zweite und deutlich stärkere Komponente, die mir half, Owen die Verlobte vorzuspielen die er von mir erwartet.
An jenem Abend hatte ich schon vor dem Abendessen auf meinem Zimmer zu trinken begonnen und war dementsprechend angetrunken, als wir auch noch eine Flasche Wein zum Essen hatten, wobei Owen aus dieser Flasche lediglich ein Glas hatte. Der Rest ging auf mein Konto. Wir waren in einem relativen kleinen aber wahnsinnig angesagten Restaurant, in dem man in kleinen Nischen saß, die von ganz allein dafür sorgten, dass ich mich an Owen lehnte. Vielleicht lag es daran, das wir so schon den ganzen Abend eng beisammen saßen oder wirklich am Alkohol, aufjedenfall beugte ich mich kurz nach dem das Essen abgeräumt war zu ihm und küsste ihn. Es war aus einem Impuls heraus, ich wusste nicht mal genau warum ich es tat, aber ich tat es. Der Kuss war kurz, fast keusch und Owen schien mindestens so überrascht davon wie ich. Jedoch bei weitem nicht so überrascht wie Hunter.

„Was sollte der Scheiß Red?" fuhr er mich an, kaum eine Minute nachdem mich Owen in meinem Zimmer abgeliefert hatte. Ich hatte gedacht, das Hunter wie jeden Abend zusammen mit Owen in Richtung Fahrstuhl verschwunden war, doch das war weit gefehlt. Statt zu verschwinden war er mir in mein Zimmer gefolgt, hatte die Tür hinter sich verschlossen  und baute sich jetzt vor mir auf, so groß und bedrohlich wie eh und je. „Du küsst diesem Wichser? Den Mann der dich zu einer Ehe zwingt, die du nie wolltest? Ausgerechnet ihn? Während ich daneben sitze, und du genau weißt das ich alles mit ansehen muss? Wie du ihn ansiehst, wie du ihn betatscht und dich von ihm betatschten lässt und ich unfähig bin etwas dagegen zu unternehmen? Spielst du jetzt mit mir? Ist das deine Art es mir heimzuzahlen?"
Es muss am Alkohol gelegen haben oder aber an meinem gebrochenen Herzen, aber alles was ich auf seine Anschuldigungen tun konnte war Lächeln. Ich lächelte, ein kaltes provakanhes Lächeln während ich sagte „Und wenn es so ist? Willst du mir deswegen jetzt wirklich Vorwürfe machen? Was hast du denn geglaubt, was passieren wird, wenn er mich zu sich holt? Oder spätestens wenn wir in wenigen Tagen nach Vancouver ziehen? Hast du ernsthaft geglaubt, dass sich Owen mit ein wenig Händchen halten und ein paar netten Worten begnügen will? Er will eine Verlobte und er will sie mit allem was dazugehört. Er will das, wofür er bezahlt hat" fauchte ich ihn an, weil ich erneut an der Ungerechtigkeit der Situation zerbrach.

„Bitte rede nicht so von dir. Du bist keine Ware, Red" Hunters Wut war wie verraucht, doch meine brannte lichterloh. „Nicht? Es fühlt sich aber verdammt so an! Ich wurde verkauft, um einen Krieg zu gewinnen, der absolut nichts mit mir zu tun hat und doch zahle ich jetzt den Preis." schrie ich ihn an, all der Hass den ich die letzten Tage so fürsorglich gepflegt hatte brach jetzt aus mir hinaus und verwandelte mich in etwas hässliches, dass ich nie sein wollte. „Hör endlich auf so zu tun, als könnte ich mein Schicksal noch abwenden oder hätte auch nur irgendwelchen Einfluss darauf, was als Nächstes passiert. Ich bin auf mich allein gestellt, weil du dich gegen mich entscheiden hast, Hunter. Du hast deine Seite gewählt, also wag es nicht darüber zu urteilen, wie ich mit alle dem umgehe! Du hast mir nichts mehr zu befehlen, Hunter und vor allem hast du kein Recht mehr mir ein schlechtes Gewissen einzureden. Ich werde tun, was getan werden muss um zu überleben, denn um mehr geht es inzwischen nicht mehr für mich. Ich will nur überleben, verstehst du? Und wenn ich dafür Owen küssen muss, dann tue ich das" tobte ich weiter, der Alkohol lockerte meine Zunge definitiv mehr als beabsichtigt, doch jetzt war es raus.

„Und wenn du dafür mit ihm ins Bett steigen musst? Bringst du dieses Opfer dann auch? Fickst du ihn dann? Ausgeliehen diesen Bastard?" brüllte Hunter und all seine Wut war zurück, die einen deutlichen Einschlag von Verzweiflung hatte. Alles in mir tobte und explodierte, aber ich schaffte es, den Tornado aus Gefühlen zu bändigen, die mich übermannten. Mit einer stoischen Ruhe und einer Kälte in der Stimme, die ich mir von Hunter in den letzten Wochen abgeguckt hatte antwortete ich vollkommen emotionslos „Dieser Bastard ist mein Verlobter, Hunter. Du weißt wohin eine Verlobung führt oder etwa nicht? Früher oder später werde ich seine Frau, egal wie wir das finden. Ich werde es, mit allem was es mit sich bringt, weil ich verdammt noch mal keine Wahl habe. Es geht nicht mal nur um meine Familie und ihren verwerflichen Deal. Bist du wirklich so blind Hunter? Er weiß es verdammt. Er weiß was zwischen uns war, er weiß alles! Wenn ich mich nicht füge, wird er dich verraten. Diese Ehe wird nicht nur den Status meiner Familie und ihre Macht über die Unterwelt von Chicago sichern. Sie wird dir auch das Leben retten und auch wenn du scheinbar bereit bist, meins zu opfern, bin ich es mit deinem nicht. Ich würde alles tun um dich zu schützen. Wirklich alles. Ich denke das beantwortet deine Frage oder?"

Cherry bomb Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt