Kapitel 26

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„Schätzchen?"
Ein leises Klopfen an meiner Tür kündigte meine Mutter an, die nur Sekunden später ihren Kopf durch die Tür schob. Als sie mich sah, noch immer im Bett, zog sie ihre Stirn kraus. „Schläfst du etwa noch? Gott Giorgia es bereits nach 12." schimpfte sie, während sie durch mein Zimmer stapfte und die Fenster aufriss.
„Ich hab nicht gut geschlafen letzte Nacht..." erklärte ich halbherzig. „Das Gewitter... Du weißt schon" Meine Mutter drehte ich zu mir, ihr Blick war mit eine mal ganz weich „Ach Baby, ist es immer noch so schlimm? Hätte ich das gewusst, wäre ich zu dir gekommen."
Verwundert legte ich die Stirn in Falten. Sicher hatte ich das Gewitter als schlimmer wahrgenommen, als die meisten Menschen, aber das man es komplett überhört hatte, war unmöglich.
„Wie kannst du das nicht gehört haben Mom?" noch während ich sie fragte wusste ich die Antwort, denn sie war ihr ins Gesicht geschrieben. „Ich schätze ich habe einfach einen sehr tiefen Schlaf" log sie, ob um mich zu schützen oder sich selbst war unklar. Seit mein Vater tot war, betäubte meine Mutter ihren Schmerz mit Beruhigungsmitteln aller Art. In den ersten Wochen hatte sie nicht mal das Bett verlassen. In den letzten Montaen war es jedoch besser geworden, sie war schon fast wieder sie selbst, zumindest bis zu den Morgen, an dem mein Onkel uns die Bodyguards zugeteilt hatte. Es schien, das sie die Bedrohung durch die Feinde ihrer Familie wieder komplett aus der Bahn geworfen hatte. In den letzten Wochen hatte sie sich immer weiter zurückgezogen, hatte Familienessen sausen lassen und sich verkrochen. Ich hatte geahnt, dass ihr Konsum wieder angestiegen war, doch ich war so mit meinem eigenen Leben beschäftigt, dass ich nicht auf sie geachtet hatte. Offensichtlich nahm sie viel mehr, als ich befürchtet hatte, denn nur das konnte erklärte, wie sie dieses Gewitter verschlafen konnte.

„Tut mir wirklich leid Schätzchen" sie rang die Finger miteinander ohne mich anzusehen. „Ich bin dir in letzter Zeit keine gut Mutter, dass weiß ich. Ich sollte für dich da sein, aber... ich kann nicht ... es tut noch immer zu sehr weh" gestand sie leise und tupfte sich eine Träne weg.
Es ging nicht nur darum, dass sie ihren Mann verloren hatte, nicht das das alleine nicht genug schmerzte, nein was ihr den Rest gab war mich zu sehen. Mich - die weibliche Kopie meines Vaters. Das hatte sie mir in den ersten Tagen nach Dads Tod gestanden, wobei gestanden nicht ganz der Situation gerecht wurde. Sie hat es mir ins Gesicht geschrien, bevor sie mich aus dem Haus geworfen hatte und seit dem schallten ihre Worte in meinen Kopf. Wieder und wieder.

Verschwinde einfach Giorgia. Ich ertrage deinen Anblick nicht. Ich ertrage es nicht, wie ähnlich du ihm siehst. Ich ertrage es nicht, dass ich jedes Mal wenn ich dich ansehe nur ihn sehe. Es tut weh ok? Es tut so verflucht weh, ich bekomme keine Luft. Du musst gehen. Ich... ich kann das nicht. Ich kann nicht leben ohne ihn. Es gibt kein Leben ohne ihn, verstehst du das denn nicht?

Damals hatte ich nicht verstanden was sie meinte. Heute verstand ich es.
Was meine Mom damals gemeint hatte war, dass es kein freies Leben ohne meinen Dad gab. Er und sein Deal mit meinem Großvater war das einzige was uns vor der Familie meiner Mutter beschützt hatte. Ohne ihn waren wir ihnen schutzlos ausgeliefert.
Wir hatten keine Wahl.
Wir mussten unseren Platz einnehmen, ob wir wollten oder nicht. Nicht wir entschieden über den weiteren Verlauf unseres Lebens, sondern der Esposito Clan.

„Ist schon gut, Mom. Wirklich. Ich komme klar" erklärte ich so wie immer, eine der vielen anderen Lügen, die wir uns gegenseitig erzählten. Keiner von uns kam klar mit diesem Leben.
Träge warf ich die Decke zurück und stand auf. „Hast du etwa so geschlafen?" fragte meine Mutter schockiert, als ich nur in meinen schwarzen Spitzentanga und dem passenden BH aus dem Bett stieg. „Ja und? Das hier ist mein Zimmer, ich dachte das ich zumindest hier tun und lassen kann was ich will oder ist das falsch?" fragte ich deutlich genervt. „Nein natürlich nicht, aber... naja seit dein Onkel diese Tür da hat einbauen lassen... Ich war dagegen übrigens. Eine junge Frau braucht ihre Privatsphäre, Bedrohung hin oder her. Mir ist nicht wohl dabei, dass dieser Mann jederzeit zu dir kann ohne dass es jemand bemerkt. Das ist nicht richtig, Giorgia. Stell dir vor er wäre an meiner Stelle hier aufgetaucht und hätte dich so vorgefunden..." Das schockierte Gesicht meiner Mutter war nichts zu dem Ausdruck der mein Gesicht bei ihren Worten sicherlich zierte. Schnell drehte ich mich so das sie mein Gesicht nicht sehen konnte.
Ob sie etwas ahnte?
War das der berühmte Instinkt einer Mutter von dem immer alle sprachen?

„Gibt es einen bestimmten Grund warum du hier hoch gekommen bist?" lenkte ich sie ab, während ich schnell ein Shirt überzog. „Oh ja, natürlich" meine Mutter lachte gekünstelt, dann hörte ich ihre Schritte hinter mir. „Unten ist ein junger Mann für dich." eröffnete sie beiläufig, während sie an mir vorbei in meinen Schrank griff und ein hellblaues Kleid herauszog. „Zieh lieber das an. Kein Mann kommt extra hier raus gefahren, um dich dann in diesem schlapper Shirt zu sehen" tadelte sie mich in ihrer für sie so typischen Art. Sie hielt mir das Kleid an den Körper als wäre ich ein kleines Kind. Mit der andern Hand griff sie nach einem Haar, das nach gestern Nacht sicher aussah wie ein Vogelnest. „Am besten steckst du die Haare hoch, ohne eine Dusche ist da nichts zu retten"
Energisch schlug ich ihre Hand weg „Mom lass das! Wer ist überhaupt an der Tür?" keifte ich, sie war so in ihrem Element, dass sie mir die wichtigste Information gar nicht gesagt hatte. „Ein wirklich hübschen Kerl, dunkle Haut und ein Gesicht... er könnte sicher modeln, wenn er wollte. Ich glaube er sagte sein Name sei Mad oder so."
Mein Mund klappte auf „Maddox ist hier?!" kreischte ich und riss ihr das Kleid aus der Hand. Was wollte er wohl?
Seit Hunter unser Date vorzeigt beendet hatte, hatte ich nichts von ihm gehört. Er hatte mir keine Nachricht geschickt, weder gestern Abend noch heute früh und jetzt war er plötzlich hier.

Ich war schon an der Tür als ich abrupt stehen blieb. „Was ist los Giorgia?" meine Mutter legte ihren Kopf schräg und musterte mich „Ich kann nicht runter gehen. Ich kann niemanden treffen. Hunter... mein Bodyguard... er ist nicht hier. Ich hab es ihm versprochen."
Meine Mutter wischte meine Einwände einfach weg. „Jetzt übertreib mal nicht, wir sind hier in unserem Zuhause. Und der Junge ist doch ein Freund von dir oder nicht? Ich sehe keinen Grund, warum du dich nicht mit ihm unten im Wohnzimmer unterhalten solltest. Außerdem hätten Domenicos Männer ihn nicht mal aufs Grundstück gelassen, wenn er bewaffnet wäre. Nun geh schon. Der arme Junge wartet eh schon viel zu lange"

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