Kapitel 41

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Summend legte Ginger den Zauberstift neben die Spüle. Den würde sie später reinigen, jetzt wollte sie mit ihrer Schönheit reden. Völlig fassungslos stellte sie fest, dass diese schon wieder an der Tür stand und Anstalten machte zu gehen. „Wo willst du denn hin? Bleib doch noch?“ Scarlett schenkte ihr einen verwirrten, sogar fast ängstlichen Blick. „Ich glaube dafür habe ich keine Zeit, tut mir leid Ginger. Ich muss Morgan beim Kampftraining unterstützen.“ Mit wenigen Schritten war die Summerin bei Scarlett und umgriff ihr Handgelenk. „Du kannst gerne bleiben. Morgan kommt auch ohne dich klar.“ Scarlett‘ s Augen weiteten sich und Furcht spiegelte sich in ihren goldenen Irden wieder. „Lassen Sie mich bitte los, Ginger.“ Erschrocken löste die Summerin ihre Finger von der ihr so vertrauten Haut. „Wie du willst.“, meinte sie knapp und stieß die Tür auf. „Auf Wiedersehen Scarlett Silverstone.“ Lange durchforstete die Schöne den Blick der Summerin bis sie sich schließlich abwandte und mit langen Schritten den Flur herab lief. Wütend knallte Ginger das Eisen ins Schloss und sank dann kräfteschwindend auf die Knie. Und wieder einmal hasste sie sich selbst für ihre Dummheit. Ihre grenzenlose Dummheit.

Als Scarlett die Krankenstation verlassen wollte, konnte sie gar nicht schnell genug sein. Diese Ginger war ihr nicht geheuer. Das Irre in ihren Augen, die Rastlosigkeit, es war ihr einfach nicht geheuer. Und deshalb war sie froh endlich fort zu sein und hastete zu ihrem eigenen Zimmer. Gerade als sie eintreten wollte, hörte sie die benachbarte Tür aufgehen und in Hoffnung, dass er sie nicht gesehen hatte, schloss sie die Augen. „Scarlett.“ Tja, Wunsch nicht erfüllt. Sie wusste selbst nicht, weshalb sie so Angst davor hatte ihm in die Augen zu sehen. Tief atmete sie ein und drehte sich dann lächelnd um. „Morgan?“ Er lächelte sachte zurück. Und wieder einmal hatte sie die Gelegenheit seine Augen zu betrachten. Seine tiefgründigen, gezeichneten Augen. Trauer, Hass, Zorn, aber auch Liebe. Diese Mischung verwirrte sie und so stieß sie ein verwirrtes „Was?“ aus, als er sie fragend ansah. Anscheinend hatte er irgendetwas gesagt. Und sie nicht zugehört. Eindeutig. „Ob wir zusammen frühstücken gehen wollen. Dann könnten wir gleich die Trainingstermine aufteilen.“ Er zog die Augenbrauen hoch. Zweifelte er daran, ob sie ihm diesmal zugehört hatte. „Klar. Ich zieh mich nur schnell um.“, lächelte Scarlett und verschwand in ihrem Zimmer. „Gib mir zwei Minuten.“, rief sie noch als die Tür bereits verschlossen war. Was zur Hölle tat sie da? Sie hatte sich doch gerade erst frische Kleidung angezogen. Doch wenn sie jetzt im selben Aufzug wieder raus kommen würde, dann würde sie als komplett verrückt dastehen. Und sie wusste nicht warum, aber vor Morgan wollte sie das nicht. Hektisch zerrte sie eine schwarze Hose und einen Pullover aus dem Schrank und stellte fest, dass es genau die selben Modelle waren wie die, die sie gerade trug. Ganz toll. Seufzend zog sie es dennoch an und versuchte die Hose irgendwie so zu krempeln, dass sie anders aussah, als davor. Ihr Erfolg hielt sich in Grenzen. Egal, Morgan wartete. Als sie sich der Tür näherte, hörte sie plötzlich angeregte Stimmen draußen. Schwungvoll trat sie nach draußen und blickte Morgan und Lauren Lie, einen Schüler, an. „Sie haben sie, Morgan. Du musst uns helfen.“, war das letzte, was Scarlett hörte. „Was ist los?“, fragte sie daher. „Ich muss etwas Dringendes erledigen, tut mir leid Scarlett.“, knirschte Morgan. „Soll ich mitkommen?“, fragte sie und rannte mit. Keine Antwort. Das nahm Scarlett als ein „Ja“ und beschleunigte. Sie folgte den beiden und fand sich irgendwann auf dem Jungentrakt wieder. Lauren öffnete eine Tür und zog einen scheinbar etwas verwirrten Adam Air heraus. „Komm Adam, wir holen Hailey.“ Der Blick des Jungen klarte auf. Hatte er etwas auf den Schädel bekommen? Das war jetzt anscheinend vergessen, denn schon wieder rannten sie und Scarlett staunte wie schnell sie war. Als sie die Krankenstation wieder erkannte, zögerte sie. Sie wollten doch wohl nicht etwa eine Patientin von der Station holen? Denn so wie sich das anhörte, wäre das auf gar keinen Fall mit den Ärzten abgesprochen. Dennoch folgte sie der Gruppe und merkte auf einmal, dass Lauren nicht mehr da war. Morgan und Adam öffneten leise eine Tür und traten ein. Scarlett schlich hinter her und sah ein junges Mädchen in einem Bett liegen. Sie schlief offensichtlich. Ihr Handgelenk war an einem Schlauch befestigt und pumpte kontinuierlich eine durchsichtige Flüssigkeit in ihren Körper. Geschmeidig trat Morgan neben sie und Adam stellte sich auf die andere Seite. „Sorg dafür, dass sie nicht schreit.“, flüsterte Morgan. Adam nickte und legte seine Hand auf den Mund des Mädchens. Geschickt ergriff Morgan die Nadel in ihrem Arm und zog sie ruckartig heraus. Blitzartig riss das Mädchen die Augen auf und man hörte sie unter Adam‘ s Hand laut aufschreien. Tränen strömten ihre Wange herab und ihre Brust hob und senkte sich schnell. „Hailey, wir sind es. Wir holen dich hier raus!“, flüsterte Adam ihr zu und das Mädchen beruhigte sich langsam. Sie hieß also Hailey. Morgan drückte eine Mullbinde auf die blutende Wunde. Adam nahm seine Hand von Hailey‘ s Mund und küsste sie kurz. „Wir bringen dich hier weg.“ Sie schienen ein Paar zu sein. Vorsichtig hob Adam sie aus dem Bett. Als er sich zur Tür drehte begegnete er dem fassungslosen Blick von Scarlett Silverstone. „Scarlett, ich erkläre dir das später. Bitte, du musst uns jetzt vertrauen.“ Die Goldene rührte sich nicht und als Morgan das sah, ergriff er ihre Hand und zog sie zur Tür, die er kurz darauf für Adam und Hailey öffnete. Adam blieb allerdings abrupt stehen, als er in das Gesicht eines fetten Hamsters, eines monotonen Kittelträgers und einer hageren Krankenschwester sah. „Verdammt.“

Die SoldatinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt