Kapitel 26

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Präzise rührte die Summerin die zähflüssige Paste an und sah dann noch einmal zu der Löwin. „Ein Jammer, meine Kleine. Deine schönen Haare. Eine echte Verschwendung. So rot wirst du sie eine ganze Weile nicht mehr sehen. Und eine Dauerglättung müssen wir auch noch hinkriegen. Mal sehen was ich da finde.“ Kopfschüttelnd seufzte sie, stellte die kleine Schale ab und trat zu Mar. Um ihre Taille befestigte sie einen Gurt, damit sie nicht hinunter rutschen konnte und aus dem Tisch machte sie per Knopfdruck einen Stuhl. Das letzte Stück der Lehne klappte sie ab und die langen roten Locken fielen wie ein feuriger Wasserfall herab und blieben in der Luft stehen. „So, dann nur noch mein Wundermittelchen!“, murmelte die Summerin und kramte in einem der sterilen Schränke herum. „Wo habe ich sie denn?“, fragte sie laut. „Dann sind sie wohl alle!“ Sie zuckte mit den Achseln und ging zu einem Schränkchen neben der Tür, in dem ein kleines Telefon verstaut war. Sie drückte eine Taste und nach einem Tuten nahm eine weibliche Stimme ab. „Ginger, was brauchen Sie?“ Die Summerin lächelte stumm. „Ich brauche Glättungssekret.“ Am anderen Ende der Leitung raschelte es kurz. „Wie viel?“ Die Summerin ging zu Mar und wickelte sich eine ihrer Strähnen um den Finger. „Sehr viel.“ Es musste schließlich eine Weile halten, damit das neue Mädchen nicht irgendwann stutzig wurde, wenn man ihr andauernd die Haare mit einem stinkenden Zeug einrieb. „Dann kümmern wir uns erst mal um deinen Schmuck.“, lächelte die Summerin, schnallte Mar wieder ab, klappte die Lehne wieder herab und zog dem Mädchen das weiße Kleid aus. „Du bist so schön. Wirklich eine Verschwendung!“, bemerkte die Summerin und machte sich daran die Tattoos der Löwin mit einem Desinfektionsmittel einzureiben. „Mal sehen wie lange es unsichtbar bleibt. Aber naja, wenn du erst mal deinen neuen Charakter hast, wirst du vor Angst schon zu mir – deiner Vertrauensperson – kommen wenn du plötzlich schwarze dünne Striemen auf deiner schönen Haut findest. Da bin ich mir sicher!“, lachte sie und zog unter dem Folterstuhl einen großen Stift hervor. „Dann mal los!“, lächelte sie noch einmal und setzte sich eine Schutzbrille auf. „Du wirst nicht eine einzige Narbe davon tragen, mein Kind!“ Und dann begann sie wieder zu summen und drückte auf einen kleinen Knopf des Stiftes, aus dem vorne ein Licht heraus strahlte. Zischend drückte sie diesen Lichtstrahl mitsamt der vorderen Kuppe auf Mar‘ s Haut und malte mit einer grausamen Melodie in der Kehle die Schnörkel nach, bis sie schließlich langsam im Strahlen des Pegels verblassten.

Langsam fuhr die Summerin durch die langen braunen Haare des neuen Mädchen‘ s. Jeglicher rote Schimmer war aus ihren Strähnen war versteckt und auch die Sommersprossen hatte sie größtenteils mit ihrem Stift fortgezaubert. Sie war immer noch wunderschön, doch davor war sie einzigartig gewesen. Ein Phänomen. Nun war sie eine unter vielen, doch genau das war ja auch ihr Plan gewesen. Sanft strich sie über die blasse Wange der Brünetten und öffnete dann wieder ihr Lid. „Dann machen wir uns mal an den letzten Schritt, meine Schönheit!“ Mit langen Schritten trat sie an die Schränke heran und kramte in der Schublade herum. „Da sind sie ja.“ Ein kleines, lüsternes Lächeln umspielte ihre Lippen. Auf einem kleinen Fläschchen mit dem Etikett „Hellbraun“ stellte sie ihren Fokus. „Wenigstens das Licht in deinen Augen soll bleiben. Das wird wohl das einzig besondere an dir sein, Engelchen!“, grinste sie und öffnete nochmals die Augen der schlafenden. Bestimmt träufelte sie drei Perlen der klaren Flüssigkeit auf die Iris des Mädchens. „Viel hilft viel!“, murmelte sie und zuckte mit den Achseln und gab noch zwei dazu. „Oh verdammt! Wohl doch etwas überdosiert.“, fluchte sie, als sich das Blau erst in ein haselnussfarbenes Braun und dann in ein dunkles Gelb wandelte. „Naja, besonders ist das auf jeden Fall!“, grinste sie und gab die selbe Menge in das andere Auge. „Dann bist du jetzt bereit für unsere Psychodocs!“, sprach sie zu der Schönen und wählte noch einmal eine Nummer mit dem Telefon. „Jetzt!“

„Und was machen Sie jetzt mit ihr?“, fragte die Summerin den jungen Arzt. „Ich gebe ihr ein Mittel, dass zu einer starken Veränderung ihres Bewusstseins und einer teilweisen Amnesie führen wird. Wir werden Amelia einen vorgefertigten Lebenslauf der neuen Maryann geben und sie wird sich darum kümmern, dass unsere Schönheit ihr anderes Leben kennenlernt.“ Die Summerin nickte. „Weiß Amelia von…“ Sie wies auf die Schlafende. „Nein. Das wäre zu riskant. Sie hatte eine Bindung zu Maryann, wenn auch eine etwas komplizierte, aber sie würde niemals akzeptieren, was wir getan haben.“ Er schwieg kurz, dann nahm er eine Spritze vom Tisch mit den Instrumenten und setzte sie an ihren Hals. Eine mehrere Millimeter dicke Nadel bohrte sich in Maryann‘ s Fleisch und durchflutete ihre Nerven mit einer verhängnisvollen Lüge. Langsam zog er sie wieder heraus und legte sie zurück. „Und jetzt?“, fragte die Summerin und strich über die Wange des Mädchens. „Jetzt werden wir ihr Herz wieder zum Schlagen bringen!“ Das erste Mal lächelte der Arzt und legte wieder die bekannten metallischen Armbänder um die Handgelenke der Kleinen. Ruckartig schossen die Nadeln durch die geschmeidige Haut und injizierten das giftige Leben. Angestrengt lauschten die Summerin und der Kittler. Minuten schienen zu vergehen, doch dann wummerte etwas wie ein kräftiger Bass durch den schlanken Körper. Das Herz des neuen Mädchens hämmerte wieder. „Wie wird sie heißen?“, fragte die Summerin. „Scarlett.“, murmelte der Arzt und verschränkte die Arme hinter seinem Rücken. „Scarlett.“

Die SoldatinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt