Kapitel 15

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Verblüfft sah Mar sich um. Weder Chloe, Ava, Hailey noch Adam waren irgendwo zu sehen. Nicht mal Adam‘ s Mitbewohner Lauren ließ sich blicken. Achselzuckend tat sie sich Vollkornflakes auf und holte sich ihre morgendliche Tablette im Becher ab. Unauffällig ließ sie diese sofort in ihrer Hosentasche verschwinden. Dann setzte sie sich und aß möglichst langsam ihr Frühstück. Sie wartete auf die anderen. Doch es kam keiner. Gerade als sie abräumen wollte ließ sich Adam neben ihr nieder. „Hast du Hailey gesehen?“, fragte er müde. „Keine Ahnung. Die wollte vorhin noch zu Chloe und Ava.“ Adam schüttelte den Kopf. „Ich wollte ihr noch Lauren vorstellen vor dem Training.“ Mar wackelte mit den Augenbrauen. „Ach, ist das jetzt sowas wie ein erstes Heranführen der Freundin?“ Adam grinste. „Bist du etwa verknallt?“ Er ging nicht auf ihre Sticheleien ein. So kannte er schließlich seine beste Freundin. „Ich geh schon mal vor!“, kündigte Mar an und stand auf. Adam nickte und biss von seinem Brot ab. Mar stellte ihr Besteck auf den Spülwagen und schlenderte in ihr Zimmer. Und wie in letzter Zeit so häufig, wenn sie alleine war, überkamen sie die düsteren Gedanken. Die Gedanken an ihren kleinen Bruder. An George. Und wieder fragte sie sich was mit ihm geschehen war. Müsste es nicht theoretisch eine Kopie von den Akten geben? Zur Sicherheit? Prüfend schaute sie auf die Uhr an ihrem schmalen Handgelenk. Sie hätte noch eine halbe Stunde Zeit, bis alle in die Trainingshalle strömen würden. Entschlossen schlüpfte sie in ihre Sportsachen und machte sich auf den Weg. Draußen war es noch kälter geworden und die Wärme schlug ihr entgegen, als sie die Tür zur Halle öffnete. Quer hindurch joggte sie zum Trainingsraum. Die Kiste stand immer noch an der selben Stelle und sie hatte Mühe sie zur Seite zu schieben. Sie warf nochmal einen Blick über die Schulter. Zwanzig Minuten. Flink sprang sie die dunkle Treppe herab und stellte den Lichtschalter an. Im Schnellschritt suchte sie wieder die Tür und sie fand sie. Zu ihrem Ärgernis bewegte sie sich kein Stück, als sie die Klinke herab drückte. Doch Mar wollte nicht aufgeben. Sie brauchte Gewissheit. Obwohl sie nicht im Entferntesten an Erfolg glaubte, öffnete sie ihre roten Locken und stocherte mit einer Haarnadel im Schloss herum. Zehn Minuten. Mit zittrigen Fingern spürte sie plötzlich ein Klicken. Leise triumphierend öffnete sie die Tür und vor ihr taten sich wieder die Schränke auf. Schnell hatte sie den Gesuchten gefunden und wühlte darin herum. Doch sie fand keine Kopien, nur ihre Originalakte und die herausgerissene Seite. Verdammt. Ihr Atem ging schneller. Wütend knallte sie die Schranktür wieder zu und sah sich um. Ihr Blick blieb an einem Schrank hängen, an den ein Aufkleber mit der Aufschrift „Protokolle“ befestigt war. Lag sie Recht mit ihrer Annahme? Wenn diese Idioten wirklich alles dokumentierten, müsste doch auch unter anderem der Vorfall mit der Folterkammer aufgezeichnet sein. Wieder suchte sie ihre Akte. Und sie fand sie. Vorne befanden sich einige unnötige Dokumente und sie blätterte weiter, bis sie schließlich fand was sie suchte. „ ‚Übergriff am 24.10.. Maryann wird nach Auffälligkeiten im Verhalten und Eingreifen in das medizinische Geschehen um ihre Zimmerpartnerin (Hailey Rose) betäubt und Teile ihres Gedächtnisses werden ausgelöscht.‘“, las sie vor. „Pah, von wegen Gedächtnis ausgelöscht. Das habt ihr nicht hingekriegt ihr Aschlöcher!“, wisperte sie. Plötzlich hörte sie ein leises, undeutbares Geräusch und noch ehe sie sich umdrehen konnte spürte sie etwas Hartes auf ihrem Hinterkopf und dann die nässende Schwärze ihres Bewusstseins.

Als Mar wieder zu sich kam lag sie flach auf dem Rücken. „Maryann? Kannst du mich hören?“ Eine Krankenschwester war über sie gebeugt. Rechts daneben hockte Morgan. Er musterte sie besorgt. Mar‘ s Kopf schmerzte. Sie versuchte sich zu erinnern. Was war Geschehen? Bei dem Gedanken daran durchzuckte sie etwas wie ein Blitz und sie krümmte sich. Leise stöhnte sie auf. „Was ist passiert?“, murmelte sie. „Du bist gestürzt und mit dem Kopf gegen eine Hantelbank geschlagen. Wir bringen dich jetzt nach drüben!“, informierte sie die Schwester. Mar nickte schwach. Sie hatte keinerlei Rückblick. Keine Ahnung was passiert war. Sie wusste es nicht mehr. Das mit der Hantelbank schien ihr plausibel. Morgan hob sie hoch und sie stöhnte leise auf. Ihr Haar fühlte sich nass an. Blutete sie? „Alles ist gut, Babe!“, murmelte Morgan und küsste sie sanft auf die Stirn. Und bevor sie darüber nachdenken konnte, warum sie um Himmels Willen so früh im Trainingsraum gewesen war spürte sie wieder, wie sie abglitt.

Die SoldatinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt