Die Sehne spannte sich, alles war ruhig. Jeder einzelne Soldat konzentrierte sich auf sein Ziel. Bei Morgans lautem Befehl ließen sie den Pfeil durch die Luft schnellen. Ausnahmslos jeder von ihnen fand die Scheibe und landete in den inneren Sektoren. Erleichtert schloss Scarlett die Augen. Dafür hatten sie einen ganzen Tag verschwendet. Sicher, bei normalen Kindern hätten sie noch länger gebraucht, weil diese körperlich nicht halb so fit waren, wie diese Soldaten, aber dieser Vergleich brachte rein gar nichts. Sie hatten nur noch wenige Tage, bis alles bereit sein musste und ja, es war ihre eigene Schuld, dass sie jetzt so hart anziehen mussten, weil sie zuvor getrödelt hatten und ohne Waffen trainiert hatten. Umso mehr freute es alle Beteiligten, dass die Übungen gefruchtet hatten. Es war zwar schon später Nachmittag und sie hatten nur noch wenige Stunden bis zum Abendessen, aber dennoch fingen sie an mit den Dolchen. Dafür brauchten sie allerdings bewegliche Ziele und daher zogen sie sich schützende Anzüge über. Einige stöhnten erst genervt auf, waren dann aber angenehm überrascht. Der Schutz war kaum zu spüren, so leicht war er.
„Die tragt ihr später unter euren Uniformen“, informierte Morgan sie und half Billie in das feingliedrige silbrige Netz, das wie ein Ganzkörperstrampler aussah. Das trug jetzt nun wirklich nicht zur Begeisterung bei. Der feste stoffartige Anzug war in einem dunklen Schwarz gehalten und wirkte auf den ersten Blick etwas dünn. Doch als Morgan begann die verschiedenen Techniken zu Hieben und Stichen zu erläutern, erkannten sie den wohl größten Vorteil an der Sache: Man spürte nichts, absolut nichts. Selbst schnelle und ruckartige Bewegungen machte der Schutz mit, ohne das man ihn auf der Haut spürte oder spannte und nicht einmal gab er unter der scharfen Klinge nach. Ja, man konnte mit Fug und Recht behaupten, dass sie damit unbesiegbar sein würden. Scarlett war stolz auf ihre Schüler, keiner war unterdurchschnittlich gut. Sie trainierten noch bis zum späten Nachmittag und weil alle Schüler die letzten Tage kontinuierlich gearbeitet hatten, wurde die letzte viertel Stunde zu einer Fragerunde umgeformt. Sachen kamen zur Sprache, über die sich jeder Gedanken machte. Einiges konnte Morgan nicht beantworten und anderes durfte er nicht. Im Endeffekt durfte er nur ankündigen, dass die Soldaten später unter dem Kommando von Offizieren stehen würden und nicht mehr unter denen der Ausbilder.
„Sind es viele?“ Morgan verstand die Frage nicht ganz, Scarlett sofort.
„Wir wissen es nicht. Wir werden auf jeden Fall zahlenmäßig überlegen sein.“ Und ein seltsames Gefühl in ihrer Magengrube zeigte ihr, dass sie darüber in naher Zukunft alles andere als erfreut sein würde. Als alle die Turnhalle schließlich verließen, strömten sie gleich in den Speisesaal. Es war keine Zeit mehr geblieben, sich noch umzuziehen und so reihten sie sich alle in die Schlange ein. Zunächst wunderte Scarlett sich nicht über die heute besonders reichhaltige Portion Fleisch mit sogar einigen Kartoffeln und er zwar etwas versalzenen, aber immerhin nicht faden Soße. Erst als sie Adam und Lauren von ihrem Platz aus beobachtete, die genau das selbe Menü abstaubten, zog sie die Augenbrauen zusammen. Neben ihr ließ sich jemand nieder und sie war sich eigentlich sicher, dass es Morgan sein würde, daher kaute sie auf ihrem Steak herum und beachtete den Nachbarn nicht. Erst als der vermeintlich neben ihr Sitzende neben Adam Platz nahm, drehte sie sich zur Seite und stellte fest, dass es Alec war und nicht ihr Co-Trainer. Zunächst wollte sie etwas sagen, schluckte es dann aber mit dem Glas Wasser runter. Sie kannte ihn ja nicht wirklich. Obwohl es sie sehr interessiert hätte, warum alle so gut essen durften heute. Hin und wieder fiel ihr eine Locke ins Gesicht und sie musste sie sich hinters Ohr stecken. Diese seltsame Laune der Natur hatte sie schon längst aufgegeben zu verstehen. Als sie fertig war, räumte sie alles zusammen und stand auf. Sie hatte Alec schon den Rücken zugewandt, als dieser den einzigen Satz dieser schweigenden Unterhaltung sagte.
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Die Soldatin
FantasyMisstrauisch blickte Mar aus dem Fenster. Ihr Atem schlug an das kalte Glas. Ruckartig zog sie die Vorhänge zu. „Okay, pass auf. Ich erzähle es dir einmal und dann nie wieder, verstanden?“ Hailey nickte. „Wir wurden her gebracht um zu kämpfen.“ Verw...