Die drei Mädchen fuhren schon eine Weile und es war immer noch finsterste Nacht, als Ava langsam müde wurde und immer wieder blinzeln musste. Ihre dichten Wimpern legten sich immer wieder ungewollt und in kürzeren Abständen schützend über ihre Sicht. Das Gelände des Resistentia-Ordens hatten sie schon längst hinter sich gelassen und nun fuhren sie durch unberührte Landschaften, lediglich die schmale Straße zeigte, dass hier Menschen irgendwo in der Nähe waren. Gerade als sie den Transporter über eine große Grünfläche führte, hörte sie entfernt das Rauschen einer Autobahn. Aus der Dunkelheit manifestierte sich langsam eine Auffahrt und ein großes Schild. Die Scheinwerfer beleuchteten nur spärlich, doch man konnte auf blauem Untergrund in weiß geschrieben das „M25“ lesen. Ava presste reflexartig beide Hände vor den Mund und quiekte laut auf. Hailey und Chloe, die eingeschlafen waren, schreckten hoch. Die Latina ergriff wieder das Lenkrad und holperte mit dem Wagen an den rechten Rand der Straße. Ruckartig drückte sie auf die Bremse und Hailey wurde unbequem nach vorne gegen die Amatur geworfen.
„Spinnst du?“, beschwerte sie sich müde und rieb sich die angeschlagene Stirn.
„Das ist unglaublich, einfach unglaublich“, wisperte Ava, die Anschuldigung gegen sie völlig ignorierend. Chloe kniff mehrmals die Augen zusammen und betrachtete nun auch das Schild vor sich.
„Ist es das, was ich denke, dass es das ist?“, kam es nun auch ehrfürchtig von ihr. Ein breites Grinsen übermannte ihre Züge.
„Oh ja, das ist die M25.“
„Hey, dann weiß ich wo wir lang müssen“, freute sich nun auch Hailey, erntete dafür aber einen unbeeindruckten Blick ihrer Freundinnen.
„Jeder weiß, wie wir jetzt fahren müssen. Das Ding ist eine verdammte Ringbahn, Hailey. Wir können wochenlang auf ihr fahren und würden uns keinen Zentimeter von London entfernen. Wir müssen nur einen Weg ins Zentrum finden“, erklärte Chloe und lachte laut auf.
„Wir kommen nach Hause“, flüsterte Hailey mit Tränen in den Augen und Ava, die ihre Müdigkeit nun vollends vergessen hatte, fuhr wieder an und passierte den Weg in die Heimat. Die vier Spuren waren vollständig verlassen, nirgendwo war auch nur ein Auto zu sehen. Das Rauschen musste vom heftigen Wind kommen, der über den Asphalt fegte. Ava beschleunigte den Transporter und sie fuhren gen Sonnenaufgang, der sich noch im dunkelblauen Horizont versteckte.
„Ich hasse dich für deine beschissene Hilfsbereitschaft, Morgan. Die hätten locker laufen können, sind doch alle so sportlich. Jetzt mal ernsthaft, wir hätten so leicht mit dem Auto wieder rein gekonnt“, murrte Lauren und stapfte weiter hinter Morgan und Adam her. Sie mussten sich beeilen, in ein paar Stunden brach der Morgen ein und Morgan wusste, dass beim Erwachen der Sonne neue Sicherheitsmaßnahmen eingeführt würden. Das bedeutete Kontrollen. Kontrollen bedeuteten Fragen. Fragen waren in ihrer Lage ganz schlecht.
„Wie lange sollen wir jetzt noch hier lang latschen? Es gibt ihr keine Schwachstelle, verdammte Scheiße“, meckerte der Jüngste weiter. Abrupt hielt Morgan an und drehte sich um. Er stoppte somit die kleine trostlose Gruppe mit einem Mal.
„Wenn du einen Vorschlag hast, dann raus damit, Lauren!“
„Wieso versuchen wir nicht einfach rauf zu klettern? So schwer kann das doch nicht sein“, entgegnete Lauren mindestens genau so genervt. Adam schüttelte nur übermüdet den Kopf und verschränkte die Arme vor der Brust.
„Wie willst du da rauf kommen? Da gibt es keine einzige Spalte, kein verdammter Schlitz, an dem man sich festhalten könnte.“
„Wir könnten jemanden hochwerfen“, schlug Lauren als nächstes vor.
„Super Plan, Lauren, richtig bombe“, verdrehte Adam die Augen.
„Ich mein' s ernst, was kann uns denn schon passieren?“
Adam grinste und machte eine ausladende Handbewegung.
„Ladies first“, schmunzelte Morgan und ging leicht in die Knie. Adam stellte sich ihm gegenüber und die beiden bildeten einen quadratischen Knoten mit ihren Unterarmen. Lauren blickte noch einmal die Mauer hoch, atmete tief ein und trat dann an die beiden heran. Mit Schwung ging er auf das Angebot von Morgan und Adam ein und stand nun auf der menschlichen Feder.
„Bist du bereit?“
„Jap.“
„Sicher?“
„Jetzt macht schon, ihr Penner.“
„Okay, eins-zwei-drei!“
Bei drei quiekte Lauren laut auf, wie ein gestochenes Meerschweinchen und brach mit den Knien ein. Rückwärts viel er von den Händen seiner Freunde, die in großes Gelächter ausbrachen.
„Als ob wir dich an die Wand geworfen hätten“, prustete Adam und lehnte sich gegen die Steinmauer, um nicht umzukippen.
„Das ist nicht lustig“, knurrte der beleidigte Lauren.
„Doch, ist es.“
„Ach, halt doch dein Maul, Morgan. Sei mal lieber kreativ!“, schnauzte Lauren ihn an.
„Ich weiß, was wir machen. Wird aber keinem von uns sonderlich Spaß machen“, warf Adam ein. Er stellte sich wieder gerade hin und fasste sich.
„Wir kapern einen weiteren Transporter.“
„Und riskieren damit von einem Krieger angegriffen zu werden?“, schüttelte Morgan den Kopf.
„Naja, genau genommen wäre das ja Notwehr von ihm“, stellte Lauren nun fest und zog die Augenbrauen hoch.
„Ich kenne aber jemanden, dem 'ne Kugel in der Brust nichts ausmacht“, grinste Adam und sofort verstanden sie. Morgan stöhnte höchst erfreut auf.
„Herzlichen Glückwunsch, du darfst dich ab sofort als unsere Rettung bezeichnen.“
Die beiden klopften ihrem Coach auf die Schulter und schlugen den Weg zurück zum Tor ein, vor dem sie auf die nächste Gelegenheit nach drinnen warten würden.

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Die Soldatin
FantasíaMisstrauisch blickte Mar aus dem Fenster. Ihr Atem schlug an das kalte Glas. Ruckartig zog sie die Vorhänge zu. „Okay, pass auf. Ich erzähle es dir einmal und dann nie wieder, verstanden?“ Hailey nickte. „Wir wurden her gebracht um zu kämpfen.“ Verw...