Es war unglaublich. Einfach unglaublich. In der letzten Nacht hatten die jungen Männer und Scarlett so viel erlebt, so viel geschafft und beinahe so viel verloren. Wie viel war ihnen zwar noch nicht, aber dennoch hatten sie es geschafft. Nachdem sie fast am Internatsgebäude angekommen waren, parkten sie den Wagen so weit wie möglich versteckt zwischen den dichten Bäumen und doch nahe genug, um Scarlett so schnell wie möglich ins Haus zu schaffen. Das stellte sich zwar als schwierig heraus, da sie immer wieder massiven Stämmen ausweichen mussten, aber die Transporter waren erstaunlich geländefest und daher erreichten sie irgendwann einen Punkt, wo sie sich halbwegs sicher fühlten. Natürlich, man würde das Auto früher oder später finden, aber das war im Moment belanglos. Mehr kopflos, als planvoll stapften sie durch das Dickicht und Morgan behielt die Bewusstlose ununterbrochen im Arm. Nach einer Weile erreichten sie wohl zufällig die massive Außenwand der Turnhalle.
„Wir müssen unten durch. Es sind vielleicht schon Kontrollen am Eingang aufgestellt“, murmelte Morgan. Adam und Lauren nahmen ihn und Scarlett in die Mitte und schirmten ihn vor potentiell wachenden Augen ab. Lauren, der voran lief bog an der Ecke ab und drückte die Klinke herab. Beinahe hätten sie es geschafft, doch da ertönte ein gellender Ruf hinter ihnen. Adam, der unglücklicherweise für ihn ganz hinten lief, musste nun die Sache in die Hand nehmen und drehte sich möglichst langsam um. Und tatsächlich, an der Tür zum Wohnhaus stand ein Uniformierter und winkte ihn zu sich. Adam ließ erst die Schultern sinken, doch dann fiel ihm ein, dass man hinter ihm noch seine Freunde sehen konnte und fing an wild herum zu hampeln. Als er die Tür zufallen hörte, joggte er zu dem jungen Mann, der ihn irritiert musterte.
„Was machst du hier draußen?“, fragte er ihn.
„Sport, Sir“, antwortete Adam und machte einen represäntativen Hampelmann.
„Draußen“, gab der Seargent trocken von sich.
„Trainiert die Lunge“, improvisierte Adam weiter und hörte nun auf albern zu zappeln.
„Und deine Freunde, die gerade in die Halle reingegangen sind machen Partnertraining oder was?“ Erleichtert atmete Adam aus. Scarlett war unentdeckt geblieben. Trotzdem, nun musste er noch kreativer sein. Oder auf diese Aussage eingehen.
„Freunde? Welche Freunde?“, fragte er und zog die Augenbrauen hoch. Er hatte Glück, dass es noch dunkel war und der Seargent sein Gesicht noch nicht gänzlich sehen konnte. Trotzdem ließ der sich nicht so einfach beirren. Oder doch? Immerhin stand er schon die halbe Nacht hier draußen und starrte ins Nichts und wieder Nichts. Ein Vorfall, wie er ihn sich gerade einbildete würde seine Nacht nur unnötig verlängern. Er müsste schließlich alles melden gehen, den jungen Mann vernehmen und Unmengen an Akten bearbeiten. Und das, obwohl er sich doch noch nicht mal sicher war wirklich jemanden gesehen zu haben. Lohnte sich das wirklich?
„Keine Freunde. Keine.“
Es war schwerer als gedacht mit einem kleinen Boot die Themse herauf zu schippern. Schon das Starten des Motors war eine mittelgroße Herausforderung, doch nach einer Weile schafften sie es. Hailey steuerte, nachdem sie sich halbwegs zurecht gefunden hatten und eisige Nachtluft schlug ihnen ins Gesicht. Hin und wieder trieben sogar zarte Eisschollen an ihnen vorbei. Rechts und links vom Fluss war anfangs nur wie an der Autobahn vom Schnee bedecktes Land zu sehen und nirgendwo kündigte sich die wunderschöne Hauptstadt Londons an. Schilder, die ihnen die Entfernung zum Zentrum sagten gab es nicht und so mussten sie schätzen, wie lange sie noch brauchen würden. Die Themse wurde zunehmend breiter und es war unheimlich, dass sie keine Menschenseele erblickten. Nur kahles und langläufiges Land, hin und wieder kleine verlassene Häuser oder improvisierte Anlegestellen. Sie fuhren mindestens zwei, drei Stunden, bis die Struktur und Dichte der nahenden Gebäude massiver und enger wurde. Stumm fuhren sie vor der Sonne weg. Keiner sprach, sie hatten schlechte Laune. Selbst Chloe hielt die Klappe und legte sich irgendwann die Beine raus baumelnd hin.

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Die Soldatin
FantasyMisstrauisch blickte Mar aus dem Fenster. Ihr Atem schlug an das kalte Glas. Ruckartig zog sie die Vorhänge zu. „Okay, pass auf. Ich erzähle es dir einmal und dann nie wieder, verstanden?“ Hailey nickte. „Wir wurden her gebracht um zu kämpfen.“ Verw...