Kapitel 35

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„Da ist ja mein entflogener Engel!", begrüßte mich mein Vater.

Ich wischte mir die Tränen fort und erwiderte nichts.

„Setz dich doch, bitte!"

Ich rührte mich nicht vom Fleck.

„Ich habe ein Geschenk für dich!", sagte er ruhig.

Es interessierte mich nicht. Aus einem Schmuckkästchen zog er ein paar Ohrringe und kam mit diesen zu mir. Ich rührte mich nicht und starrte mit leeren Augen gerade aus.

„Das ist eine Spezialanfertigung, nur für dich, mein Engel.", erklärte er mir mit einem bösartigen Lächeln auf den Lippen. „Sie können nur von mir entfernt werden. Schön nicht war!" Er nahm mir meine einfachen silbernen Ohrringe heraus und steckte mir die neuen ins Ohr. Ich wehrte mich nicht, da es eh nichts bringen würde. Es waren silberne Kreolen und mein Erzeuger raubte mir den Rest meiner Freiheit.

„Wenn ich die richtige Zahlenkombination hier eingebe, öffnet sich der Verschluss der Ohrringe. So kann ich dich immer orten und du nicht mehr weglaufen, Engelchen.", sagte er bösartig und zeigte mir ein Taschenrechner ähnliches Ding. Danach gab er mir eine schallende Ohrfeige, sodass mein Kopf zur Seite flog und dann noch eine Zweite. Ich ertrug sie schweigend und reagierte nicht darauf. Meine Wangen schmerzte von den Schlägen. Er entließ mich und vertraute mich Alexander wieder an.

„Du lässt sie nicht mehr aus den Augen, verstanden!", bellte mein Erzeuger Alexander an, der nur nickte. „Falls noch irgendetwas passieren sollte, bis du den Job schneller los, als das du bis drei zählen kannst."

Schweigend schleppte ich mich in mein Zimmer, mein Bodyguard folgte mir auf Schritt und Tritt. Scheiß Leben! Ich hasse alles hier, ich muss hier wieder raus. Aber wie? Ich muss diese verdammten Ohrringe loswerden. Zuerst einmal lief ich in mein Badezimmer und schloss mich ein. Ich klatschte mir kaltes Wasser ins Gesicht, um nicht mehr so fertig auszusehen und verließ es anschließend. Alexander saß auf einem hingestellten Feldbett an der Wand und ließ mich nicht aus den Augen. Jetzt schläft der Kerl auch noch in meinem Zimmer, dass wird ja immer besser. Fehlt nur noch, dass mich mein Erzeuger nachts ans Bett fesseln lässt, damit ich nicht unbemerkt weglaufe. Ich schnaubte wütend und begann meine Hausaufgaben zu machen und anschließend zu lernen. Danach legte ich mich in mein Bett und ging an mein Handy. Antonia und Adam hatten mir geschrieben.

WhatsApp Chatverlauf mit Antonia:

Toni: Hey, Ava. Wo bist du? Melde dich doch bitte schnell zurück!

Ich: Hey, Alex hat mich „nach Hause" gebracht. Von meinem Erzeuger habe ich eine Art Halsband nur in Ohrringform bekommen und ich bin jetzt schon todesunglücklich.

Ich wechselte zum WhatsApp Chatverlauf von mir und Adam:

Adam: Hey, Schönheit. Desmond hat mich angerufen und erzählt, dass du fliehen musstest und dass dich so ein Typ verfolgt hat. Was war denn da los? Wo bist du und geht es dir gut? Kann ich dir irgendwie helfen? Ich vermisse dich!

Ich: Hey, bin von meinem Bodyguard eingefangen worden und in die Hölle zurückgebracht worden. Mir kann keiner mehr helfen, aber danke.

Adam: Warum kann dir keiner mehr helfen? Ich doch ganz bestimmt. ;)

Ich: Mein Vater hat mir Ohrringe angelegt, die ich nicht abnehmen kann und mit denen er mich orten kann.

Adam: Einfach nur krank! Ich habe einen Freund, der die Scheißteile knackt. Verlass dich darauf, die wirst du noch los.

Ich: Danke für alles! Wir sehen uns morgen.

Adam: Immer doch. Bis morgen ;)

Ich fühlte mich wie ein eingesperrter Vogel. Ein Vogel in einem goldenen Käfig Ich sah die Freiheit, wurde aber nicht in sie entlassen. Scheiß Leben! Mein Handy legte ich auf den Nachttisch neben meinem Bett und sah dabei Alexander in die Augen. Starr saß er da und behielt mich genauestens im Auge. Gruselig! Ich schloss die Augen und machte ein Mittagsschläfchen. Von einem lauten Klopfen wurde ich geweckt. „Herein!", sagte ich laut und Katrin kam mit einem Tablett voll mit leckerem Essen ins Zimmer. „Hey, meine Kleine. Ich habe dir etwas Leckeres zu Essen mitgebracht.", erklärte sie mir und lächelte mich freundlich an. Ich erwiderte müde ihr Lächeln und klopfte neben mich. Sie setzte sich zu mir und übergab mir das Tablett. „Alles gut mit dir? Was sind das für hübsche neue Ohrringe?", fragte sie mich freundlich. „Mir geht's den Umständen entsprechend und die Ohrringe habe ich von meinem Erzeuger bekommen.", antwortete ich ihr und begann mein Essen zu verspeisen. „Das ist doch ein schönes Geschenk von deinem Vater.", erwiderte sie. Ich schnaubte vor Belustigung und erklärte ihr: „Ich kann diese verdammten Ohrringe nicht mehr rausnehmen, weil diese Drecksdinger sich nur mit einer Zahlenkombination öffnen lassen. Er kann mich jetzt jeder Zeit mit den Ohrringen Orten." Sie sah entsetzt und geschockt zu mir und schwieg. Ich aß mein Essen auf und stellte das Tablett weg. „Ich räum deine Reisetasche mal für dich aus.", sagte Katrin und räumte meine Tasche aus. Ich ließ mich auf mein Bett fallen und starrte die Decke an.

Mein Tag war ziemlich öde, ich las, sah fernsehen, packte meine Schultasche und ging früh schlafen. Ich konnte nicht gleich einschlafen und wälzte mich einige Male unruhig, bis ich in einen traumlosen Schlaf fiel. Mein letzter Gedanke galt meiner misslichen Lage und ich überlegte mir Pläne, wie ich hier wieder raus komme. Alles schien sinnlos und halsbrecherisch, aber ich wollte mich nicht so von meinem Erzeuger einsperren und schlecht Behandeln lassen. Ich musste mich ihm wiedersetzen und irgendwo anders einen Neuanfang starten, aber mit meinen 16 Jahren konnte ich das wohl knicken. Wiederum - noch 2 Jahre warten wollte ich auch nicht.
Ein verdammter Teufelskreis!

The bad Boy wants MeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt