18.) schmerzhafte Lehre

210 3 2
                                    

Renesmees Sicht

Selbst in meinen unruhigen Träumen spürte ich die Schmerzen. Ich wollte am liebsten weinen und schreien und strampeln, aber ich konnte mich nicht bewegen. Irgendjemanden wollte ich um Hilfe bitten, doch ich wusste nicht einmal mehr, ob ich einen Mund hatte.
Immer wieder sah ich nur eine ganze bestimmte Szene in meinen Träumen, wie in einer Endlosschleife. Ich, wie ich mich auf Jake, auf meinen geliebten Jake, stürzte und ihm das Blut aussaugte. Dann, wie ich durch den Wald flog und dann spürte ich die Schmerzen, immer wieder Schmerzen.

Ich wusste nicht, wieviel Zeit vergangen war, bis ich endlich wieder Stimmen hörte.
Ich erkannte Jake und ... wer war da noch? Carlisle?
„Nessie, hörst du mich?", fragte Jake besorgt.
Ich versuchte mühsam, meine Augen zu öffnen. Die Schmerzen wurden immer schlimmer und ich hörte ein leises Wimmern und realisierte erst etwas später, dass es von mir kam. Dann endlich konnte ich die Augen öffnen. Irgendwie erwartete ich den Wald um mich herum, aber als ich meinen Kopf etwas drehte, sah ich Jacob und mein Zimmer in Hintergrund.
„Nessie!", rief er und drückte meine Hand.

Verwirrt sah ich ihm in die Augen und versuchte mich etwas aufzurichten.
„Jake, es tut mir so-", ich stockte, denn der Schmerz in meinem linken Arm war einfach unerträglich. Ich verzog das Gesicht und sah dann Carlisle, der mich vorsichtig wieder nach unten drückte.
„Renesmee, du musst unbedingt liegen bleiben.", sagte er ernst und fühlte meinen Puls am rechten Handgelenk.
„Was ... was ist denn los?", fragte ich verwirrt und wollte mich wieder aufsetzen. Diesmal war es Jake, der mich behutsam wieder hinlegte.
„Du hast schwere Verletzungen, Renesmee. Du warst drei Tage bewusstlos, die Schmerzen wären zu stark gewesen für dich.", erklärte Carlisle.
„Was?!", flüsterte ich entsetzt und konnte erst einmal gar nicht verarbeiten, was sie mir da sagten.
„Weißt du, wo du bist und was passiert ist?", fragte er und leuchtete mir mit einem kleinen Lämpchen in die Augen.
„J-ja ...", sagte ich und senkte schuldbewusst meinen Blick.
„Mach dir keine Vorwürfe, Nessie, es war doch meine Idee. Es tut mir so leid, es war wirklich dumm von mir.", sagte Jake, als er meinen Blick sah und streichelte über meinen Kopf.
„Aber ich habe dich gebissen ...", murmelte ich und Tränen schossen in meine Augen.
„Was? Nein du hast mich nicht gebissen, Kleine.", sagte er überrascht und ich sah zu ihm auf.
„Nicht?"
„Nein."
„Huh.", machte ich nur und fühlte mich etwas besser, doch das schien auch zum großen Teil der Verdienst der Flüssigkeit aus dem Tropf neben mir zu sein, dessen Zufluss Carlisle jetzt noch etwas höher drehte. Zwar hatte ich Jake immer noch angegriffen und es tat mir immer noch furchtbar leid, aber zumindest hatte ich ihn nicht gebissen.

„Wie siehts aus Doc?", fragte Jake Carlisle und ich sah meinen Opa an.
„Ich denke, den Gips um ihre Beine können wir wieder abnehmen. Der Rest wird wohl noch dauern.", erklärte er und ich stutzte.
Der Rest?
„Was habe ich denn überhaupt?", fragte ich verwirrt und versuchte, durch die Decke, die über mir lag, etwas zu erkennen. Leider schien mein Körper ein einziger großer Klumpen zu sein, sodass ich nicht genau ausmachen konnte, was mir fehlte.
„Du hast dir beide Beine mehrmals gebrochen, acht Rippen, das Brustbein, das Schlüsselbein, die linke Schulter und mehrere Trümmerbrüche im linken Arm.", sagte Carlisle ruhig und mir wurde schwindelig.
Ich versuchte, das alles erst einmal zu verarbeiten als mich plötzlich wieder die Panik durchfuhr.
„Meine Beine! Was ist mit meinen Beinen?!!", rief ich panisch und versuchte trotz der Schmerzen, mich wenigstens etwas aufzustützen.
„Du hast dir die Wirbelsäule gebrochen, deshalb konntest du sie nicht fühlen. Inzwischen müsste das meiste verheilt sein, aber bitte bewege dich trotzdem noch nicht.", erklärte Carlisle ruhig und drückte mich wieder auf mein Bett. Fassungslos starrte ich ihn an, denn ich hatte inzwischen genug Biologieunterricht erhalten, um zu wissen, was das bedeuten könnte.

„Nessie bleib liegen, bitte.", sagte Jake neben mir und sah mich flehend an.
Ich ließ mich langsam wieder zurücksinken und verzog vor Schmerz das Gesicht.
„Ich werde dir gleich noch etwas gegen die Schmerzen geben.", murmelte mein Opa Carlisle und ging dann leise aus dem Raum.
Kurz herrschte Stille und ich sah schweigend an die Decke, bis ich endlich dazu in der Lage war, Jakes Blick zu erwidern.
„Jake, es tut mir so leid. Ich-"
„Du musst dich nicht entschuldigen! Es war meine Schuld, ich habe dich doch praktisch dazu gezwungen, mich anzugreifen. Ich bin derjenige, der sich entschuldigen muss, weil ich dich so ... zugerichtet habe." Gegen Ende des Satzes wurde er immer leiser und man konnte die Reue in seinen Worten schon fast körperlich fühlen.
Er senkte den Blick und schloss dann die Augen. Dann legte er sein Gesicht in die Hände.
„Jacob ...", flüsterte ich und versuchte, irgendwie an ihn heranzukommen, was durch den Gips, der irgendwie meinen ganzen Körper einzuhüllen schien, nicht sehr einfach war.
Schließlich schaffte ich es doch, wenigstens meinen rechten Arm etwas zu heben und streichelte unbeholfen sein Haar.
Als ich ihn berührte erschrak er und nahm meine Hand so vorsichtig in seine, als wäre sie ein rohes Ei.

Biss - die nächste GenerationWo Geschichten leben. Entdecke jetzt