11.) Liebe mit Hindernissen

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Renesmees Sicht

Noch in der Küche hatte ich zu Jake gesagt, wir würden den Kuss, den er mir geben wollte, auf später verschieben, da ich keine Zuhörer wollte.
Leider war mir nicht bewusst, dass es kein „später" geben würde. Jedenfalls nicht in dem Sinne, dass wir etwas Privatsphäre hatten.
Kaum hatten wir aufgegessen und wollten ein, zwei Stunden allein in meinem Zimmer verbringen, kam meine Tante Alice mit anderen Plänen zum Vorschein. Sie bettelte so lange, bis ich mit ihr auf Shoppingtour ging. Nun, eigentlich war das nicht ganz richtig, denn sie wusste ganz genau, dass ich an keiner Boutique vorbeigehen konnte und so musste sie nicht wirklich lange betteln. Allerdings hatte sie mir versprochen, es würde nur eine Stunde dauern.
Letztendlich verbrachten wir den halben Tag im Einkaufszentrum.
Als wir am späten Nachmittag wiederkamen und ich Jake suchte, erfuhr ich, dass er gerade mit Onkel Emmett in der Garage verschwunden war. Ich seufzte als ich an Emmetts schimmerndes neues Auto dachte, um das die beiden bestimmt ewig herumstehen und mit Fachbegriffen um sich werfen würden. Er würde nicht vor Einbruch der Dunkelheit wiederkommen.

Nach einem verspäteten Mittagessen schloss ich mich in meinem Badezimmer ein und beschäftigte mich ausgiebig mit meinem Beautyprogramm. Als ich mit nassen Haaren und nur einem kurzen Handtuch bekleidet aus der Dusche stapfte, hörte ich plötzlich Schritte auf dem Flur. Ich stellte mich näher an die Tür und hielt das Ohr daran, lauschte regelrecht.
Dann hörte ich das Tuten des Telefons und kurz darauf Jakes Stimme, als er an der Tür vorbeiging.
„Hey Seth, hör mal ich-"
Weiter ließ ich ihn nicht sprechen. Ich öffnete die Tür so schnell ich konnte und zog ihn ins Zimmer. In der gleichen Bewegung nahm ich ihm das Telefon aus der Hand und beendete das Gespräch mit einem gezielten Druck auf den roten Knopf.
„Sssshh.", machte ich nur, als er etwas sagen wollte, und stellte mich auf die Zehenspitzen, um meine Lippen auf seine zu legen. Dann schlang ich meine Arme um seinen Hals und hörte durch das scheinbar ohrenbetäubende Hämmern meines Herzens ein leises Rascheln, doch darauf achtete ich nicht.

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Jakes Sicht

Es war wirklich wie verhext. Kaum hatten wir mal ein bisschen Zeit zu zweit, störte uns auch schon wieder irgendwer. Als Alice Nessie auf eine Shoppingtour entführte, war ich mir schon sicher, dass von ihrem versprechen, das ganze würde nur eine Stunde dauern, nicht viel zu halten war.
Nachdem ich volle drei Stunden gewartet hatte, ging ich in die Küche und aß erstmal zu Mittag. Dann legte ich mich auf das Sofa im Wohnzimmer und sah etwas fern. Mit Edward, der mit seinem Laptop auf dem Schoss Kochrezepte googelte, sprach ich kaum mehr als ein paar Worte. Immer wieder huschte mein Blick zur Uhr unter dem Fernseher und ich musste feststellen, dass jedes Mal kaum mehr als ein paar Minuten vergangen waren.
Dann kam Emmett von seinem Jagdausflug zurück und ich ging mit ihm in die Garage, um seinen alten Jeep wieder Fahrtüchtig zu bekommen. Er hatte zwar mittlerweile einen neuen, aber wer würde nicht an einer solchen Kiste hängen? Wir diskutierten und bastelten zusammen mit Rosalie Stundenlang, bis er endlich wieder ansprang. Als ich gegen Abend wieder nach Hause kam, war Nessie immer noch nicht zurück. Ich seufzte und beschloss, mich mal wieder bei Billy und den Jungs zu melden. Als erstes wollte ich Seth anrufen.
Es klingelte und klingelte und niemand nahm ab. Auf den Weg in mein Zimmer versuchte ich es ein weiteres Mal und dann hatte ich ihn auch in der Leitung.
„Hey Seth, hör mal ich-", konnte ich gerade noch sagen, bevor ich am Kragen meines T-Shirts ins Badezimmer gezogen wurde, an dem ich vorbeilief.

Als ich sah, wer mich da aus der Bahn geworfen hatte, wurde mir nicht nur vom Wasserdampf warm, der im ganzen Raum hing. Ich konnte mich kaum noch beherrschen beim Anblick ihres nassen Haares, das sich langsam wieder lockte, und dem kurzen Handtuch, das geradeso bis zu ihrem Knie reichte.
Ich wollte etwas sagen, doch ich wurde mit einem stürmischen Kuss zum Schweigen gebracht. Sofort schlang ich meine Arme um sie und erwiderte den Kuss. Die kleine Stimme in meinem Hinterkopf wunderte sich über etwas, aber ich achtete nicht darauf, was es war. Alles, woran ich jetzt denken konnte, war Nessie.
Für einen kurzen Augenblick löste ich meine Lippen von ihr und sah in ihr lächelndes Gesicht. Dann glitt mein Blick unbewusst etwas tiefer und mir blieb der Mund offen stehen.
Sie war meinem Blick wohl gefolgt denn kurz darauf ertönte ein schockiertes Kreischen und sie hob ihr Handtuch vom Boden auf. Dann lief sie puterrot an, als sie es sich wieder umwickelte.
Ich räusperte mich. „Wieso hast du das denn nicht gemerkt?", fragte ich. Es sollte scherzhaft klingen, aber es gelang mir nicht wirklich.
„I-ich weiß nicht .... ich ..... d-das Handtuch ...", stotterte sie.
Ich streckte eine Hand nach ihr aus und wollte etwas sagen, doch es klopfte an der Tür.
„Schatz, ist alles in Ordnung? Kann ich reinkommen?", klang Bellas besorgte Stimme von draußen.
Wir erstarrten beide zu Salzsäulen. Dann legte mir Nessie so schnell eine Hand auf die Wange, dass es schon einem Schlag glich, und teilte mir ihre Gedanken mit:
>>Sie wird dich riechen! Los, unter die Dusche!<<, kommandierte sie und schob mich voran.
So schnell ich konnte, drehte ich den Hahn auf und Nessie schloss den Vorhang vor uns.
„Nessie?", rief Bella fragend vor der Tür.
„Ja, kannst reinkommen!", rief sie zurück und steckte ihren Kopf durch den Vorhang.
„Ist alles in Ordnung, du hast geschrieen ...", sagte Bella.
„Ja, alles okay, ich bin nur ausgerutscht.", kicherte Nessie nervös und ich konnte trotz meiner Panik kaum anders, als ihren zarten Rücken zu beobachten.
„Ach so. Sei bitte vorsichtiger, ja?", wies Bella an, doch sie schien nicht sauer zu sein.
„Okay, ich werd das nächste Mal besser aufpassen.", versprach Nessie mit einem weiteren nervösen Kichern.
Dann hörte ich, wie die Tür geöffnet und wieder geschlossen wurde und entspannte mich. Jedoch nur für eine Sekunde, denn kaum hatte Nessie sich wieder zu mir gedreht, wurde die Tür erneut geöffnet.
„Ach, weißt du zufällig, wo Jake ist? Emmett fragt nach ihm, es gibt ein Problem mit dem Wagen.", fragte Bella.
Sie warf mir einen panischen Blick zu. „Nein, keine Ahnung.", log sie dann einfach und ich konnte nicht verhindern, dass ich grinste, denn sie war einfach zu süß, wenn sie mich mit so großen Augen anblickte.
„Oh, okay.", erwiderte Bella einfach und verschwand dann wieder.
Wir warteten stumm, bis wir wieder das Klicken der Tür hörten, dann atmeten wir beide tief durch. Kurz darauf lehnte Nessie ihren Kopf an meine Schulter und legte mir eine Hand an den Hals.
>>Da war der schlimmste Moment meines Lebens.<<, dachte sie. Ich lachte leise und hauchte ihr einen Kuss auf die Stirn.

„Vielleicht wird ja noch ein schöner Moment daraus ...", murmelte ich und küsste sie leidenschaftlich. Der Gedanke daran, dass sie außer diesem Handtuch nichts trug, machte mich einfach Wahnsinnig. Gierig zog ich sie enger an mich und knabberte an ihrem Ohrläppchen.
Als ich vorsichtig an der weichen Haut ihres Halses sog, bemerkte ich ihren rasenden Puls. Langsam strich ich mit der Zunge über ihr Schlüsselbein und wurde mit einem leisen Seufzer von ihr belohnt. Ein Grinsen breitete sich auf meinem Gesicht aus; sie brachte mich wirklich um den Verstand.
Ich küsste sie wieder und schob ihre Arme, die sie um meinen Hals gelegt hatte, herunter, dass ihre Hände auf meiner Brust lagen. Es fühlte sich einfach unbeschreiblich an.
Ein lustvolles Stöhnen von ihr verursachte mir eine Gänsehaut am ganzen Körper. Dann schob sie mich jedoch mit einem Ruck von sich.
Ich sah sie verwirrt an und zuckte zusammen. Kurz bevor sie ihre Augen schloss, sah ich, dass sie förmlich glühten. Als ich einen Schritt auf sie zu machte, streckte sie die Hand aus und heilt mich so auf Abstand. Ich wartete verwirrt und beobachtete, wie ihr Atem langsam wieder regelmäßiger wurde, während sie konzentriert die Augen geschlossen hielt.
Als sie mich endlich wieder ansah, war das Glühen in ihren Augen verschwunden und ich fragte mich, ob ich es mir nur eingebildet hatte.
„Alles okay?", fragte ich vorsichtig.
„Ja ...", keuchte sie und legte mir eine Hand auf die Wange.
>>Ich kann das einfach noch nicht, es tut mir leid.<<, dachte sie betrübt.
„Du musst dich nicht entschuldigen. Ich bin schließlich zu weit gegangen.", murmelte ich dann und strich über ihre Hand.
>>Lass uns hier raus ...<<, flüsterte sie in Gedanken und ich nickte.
Völlig durchnässt trat ich aus der Dusche und sah Nessie, die hinter mir her tapste, fragend an.
„Sag mal ....", begann ich und sie sah mich an.
„Wie komme ich hier wieder raus? Ich meine, ich triefe wie ein begossener Pudel.", sagte ich und sah, wie ihr Mundwinkel zuckte, bei diesem Vergleich.
„Oh, das ist kein Problem, die Tür dort führt direkt in mein Zimmer. Wir hängen deine Sachen einfach hier auf und warten, bis sie trocken sind.", antwortete Nessie, verzog dann aber das Gesicht und schüttelte den Kopf, als wolle sie eine schlechte Erinnerung anschütteln.
Ich dachte kurz darüber nach. Es war schon eine komische Vorstellung, halbnackt in ihrem Zimmer zu sitzen.
„Ich geh mich lieber umziehen. Ich spring einfach vom Balkon aus in den Wald. Dann kann ich durch die Vordertür wieder rein und wenn jemand fragt, lass ich mir einfach irgendwas einfallen.", sagte ich und zog schon mal mein Shirt aus.
„Ich komm dann auch wieder, versprochen.", bat sie und sah schon beinahe flehend aus. Sie war so wundervoll, als könnte ich je ertragen, sie allein zu lassen
„Okay ... Ich .... ähm ... Ich geh schon mal vor.", murmelte sie und verschwand kurz darauf durch die Tür, die ich nicht auf Anhieb als solche erkannt hätte. Über dem Rahmen hingen mindestens fünf verschiedene Bademäntel. Wozu brauchte ein einzelner Mensch so viele?
Während ich darüber nachdachte, warf ich mir mein Shirt über die Schulter und wartete etwas. Schließlich wollte ich nicht gerade reinplatzen, wenn sie sich umzog.
Nach einigen Minuten betrat ich leise ihr Zimmer und sah mich um. Sie war nirgends zu sehen.
„Nessie?", flüsterte ich fragend, Sie würde es schon hören.
„Hier! Ich zieh mich nur schnell um.", kam es aus ihrem Kleiderschrank.
Ich sah etwas verwundert auf die großen, dunkel lackierten Schiebetüren und fragte mich, wie viel Platz da drin wohl war. Da ich wusste, dass Alice das ganze entwickelt hatte, bestimmt mehr als genug, um ein Auto darin zu parken. Ich schüttelte lächelnd den Kopf über meine etwas durchgeknallte Schwägerin.
„Ich werd dann mal gehen okay?", fragte ich und wollte sie zwar lieber noch einmal sehen, doch sicher wäre das keine gute Idee.
„Okay!", rief sie und winkte kurz durch die offene Tür. Ich lächelte wieder und sprang dann mit einem großen Satz vom Balkon hinunter, landete Mitten im Wald. Von dort aus lief ich in einem weiten Bogen zum Haus zurück.

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„Jake! Mein Gott wie siehst du denn aus?!", fragte Bella, kaum, dass ich durch die Tür war.
„Ach, ich war noch ein bisschen draußen und da bin ich bestolpert.", log ich.
Bella sah mich mit hochgezogenen Augenbrauen an und Edward, der immer noch auf dem Sofa Rezepte googelte, drehte sich zu mir um. Ich gab mir alle Mühe, meine wirklichen Gedanken vor ihm zu verbergen und das merkte er.
„Ist Nessie schon wieder da?", fragte ich so beiläufig wie möglich, während ich langsam zur Treppe ging.
„Ja.", antworteten beide wie aus einem Mund und sahen mich skeptisch an.
Ich beeilte mich, in mein Zimmer zu kommen, denn lange würde ich die Gedanken an Nessie vor Edward nicht mehr geheim halten können. Und ich wollte wirklich nicht wissen, was er tun würde, wenn er das rausbekam.

Biss - die nächste GenerationWo Geschichten leben. Entdecke jetzt