27.) Überraschung

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(Renesmees Sicht)

Ich wurde unsanft durch das schrille Klingeln meines Weckers aus dem Schlaf gerissen. Schlagartig bereute ich meine Idee, in dieser Woche früh aufstehen zu wollen. Da wir in wenigen Tagen schon in die Schule mussten, hatte ich Jake vorgeschlagen, den Wecker jeden Tag etwas eher einzustellen, um uns schon einmal an das frühe Aufstehen zu gewöhnen.
Er hatte freudig zugestimmt doch jetzt murrte auch er und warf den kleinen Metallkasten von meinem Nachtschrank.
Leider half das nicht und es klingelte weiter.

Träge drehte ich mich in seinen Armen und hauchte ihm einen Kuss auf die Brust. Dann setzte ich mich auf und legte mich über ihn, um den Wecker auszuheben und auszuschalten.
„Hmmm, so könnte ich jeden Morgen geweckt werden.", murmelte Jake glücklich und drückte mich an sich, wobei er sicher darauf anspielte, dass ich zum Schlafen nur ein leichtes Top trug, ohne BH natürlich.
„Am besten nackt nicht wahr?", neckte ich ihn und küsste seine lächelnden Lippen.
Er nickte nur und seufzte, wenig später folgte ein leises Schnarchen.
„Hey, Jake! Wir müssen jetzt aufstehen!", rief ich und hielt ihm die Nase zu.
Erst einmal ließ er sich nichts anmerken, doch dann musste er doch nach Luft schnappen und setzte sich müde auf.
„Na los doch, hoch mit dir.", sagte ich sanft und stand dann auf, wobei ich ihm gleich die Bettdecke wegzog. Das war aber eigentlich nicht wirksam, denn Jake hatte eine so hohe Körpertemperatur, dass ihn das gar nicht störte.

Als ich ins Badezimmer ging lauschte ich erst, ob er auch wirklich aus dem Bett stieg, bevor ich mich unter die Dusche stellte. Danach zog ich mich schnell an und ging zu meiner Familie ins Erdgeschoss.
Es überraschte mich etwas, jedoch positiv, dass wirklich alle versammelt waren. Ich hatte mich schon sehr daran gewöhnt, dass immer nur zwei oder drei meiner Lieben anwesend waren.

Mein Magen knurrte, als ich die Spiegeleier in der Pfanne braten sah, die mein Vater für uns zubereitete, doch ich ging noch nicht zu ihm.
Ich stellte mich in den Türrahmen der Hintertür und Carlisle, der schon auf mich gewartet hatte, Maß meine Größe. Das taten wir jede Woche, seit ich stehen konnte und hatten dafür auch eine Platte an der Küchentür angebracht, die wir jetzt wieder genau dort angebracht hatten.
Früher hatten wir bis zu vier Mal täglich gemessen, doch jetzt hatte sich mein Wachstum so sehr verlangsamt, dass es nur noch ein Mal in der Woche notwendig war.
„Und?", fragte ich erwartungsvoll, als Carlisle nichts sagte, nur weiterhin über meinen Kopf sah. Noch einmal legte er das Lineal auf meinen Kopf und überprüfte wohl die Ergebnisse, als ich noch einmal nachhakte.
Da er weiterhin nicht antwortete, drehte ich mich um und sah selbst auf das Maßband. Und mich traf fast der Schlag.

„Aber, das ...", stammelte ich, als ich auf das Holz starrte und meine Augen langsam immer größer wurden.
„Ja.", antwortete Carlisle knapp und lächelte mich dann stolz an.
„Das würde ja heißen ...", murmelte ich entgeistert und konnte kaum glauben, dass das wirklich kein Traum war.
„Ja.", erwiderte Carlisle nur schmunzelnd und streichelte mir über den Kopf, bevor er das Lineal wieder beiseite legte.
Ich wusste nicht, ob mir nach Lachen oder Weinen zu mute war, doch ich entschied mich nach einer Minute der Stille für Lachen. Dann rannte ich los und blieb stolpernd vor Freude bei der Treppe zum oberen Geschoss stehen.
„Mom! Jake!!", rief ich und sofort stürmte meine halbe Familie in die Küche.

„Was?!", fragte Jake, als er die Treppe hinunter gepoltert kam und noch die Zahnbürste im Mundwinkel hängen hatte.
Der Blick meiner Mutter huschte zu Carlisle und dem Maßband, welches er immer noch in der Hand hielt und ihr blieb der Mund offen stehen. Auch die anderen kombinierten schnell wie immer und ich konnte nicht einmal im Worte fassen, wie glücklich ich war.
„Ich bin NICHT gewachsen!", verkündete ich stolz und Jake fiel seine Zahnbürste mit einem leisen Klicken auf den Küchenboden.

Nur für einen Moment war es gespenstisch Still in unserem großen Haus. Dann kam Alice auf mich zugesprungen und umarmte mich.
„Alles Gute zum - ", schrie sie und hielt dann inne. Sie überlegte eine Sekunde, dann begann sie von neuem.
„Alles Gute zum ausgewachsen-sein!!", rief sie und wir alle lachten über ihr Wortkonstrukt.

Dann nahmen mich Rose, Esme und mein Vater in den Arm. Nur meine Mutter sah noch etwas schockiert aus und Jake hatte seine Zahnbürste auch noch nicht aufgehoben.
Ich sah zu meinem Dad und er seufzte, als er ihrer beider Gedanken lauschte.
„Freut ihr euch denn nicht?", fragte ich leise und beide sahen mich an.

„Natürlich freue ich mich für dich. Es ist nur etwas komisch, wenn die eigene Tochter mit gerade einmal sechs Jahren kaum jünger aussieht, als man selbst.", erklärte meine Mutter und nahm mich lächelnd in den Arm.
Ich drückte sie lange an mich, dann ließ ich von ihr ab und sah zu Jake, der immer noch wie angewurzelt da stand. Unsere Blicke trafen sich und er lächelte.
Sein Lächelnd erwidernd, ging ich auf ihn zu und nahm ihn in die Arme.
„Dann wird in diesem Haus also niemand mehr älter außer Bryan.", sagte er fröhlich und ich lachte.

„Wer ist Bryan?", fragte meine Mutter neugierig.
„Na der kleine Wolf. Sein Name ist Bryan.", erklärte ich und sah aus dem Augenwinkel, wie meine Oma Esme gerade mit ihm in die Küche kam. Ich nahm ihn ihr ab und sie küsste mich auf die Stirn.
„Ich freu mich so für dich, meine Kleine.", sagte sie aufrichtig und lächelte, als ich stolz zu ihr aufsah.

„Das müssen wir ausgiebig Feiern!", rief Alice vergnügt, als ich mich an den Esstisch setzte. Ich sah Jake kurz hinterher, der wieder nach oben verschwand und fütterte dann erst einmal Bryan, auch, wenn ich selbst riesigen Hunger hatte.
„So, wie ich dich kenne, Alice, wirst du das gleich in eine Einweihungsparty des Hauses verwandeln und die halbe Stadt einladen.", murmelte ich und beobachtete aus dem Augenwinkel, wie sich ein Grinsen auf ihrem Gesicht abzeichnete.
„Wir müssen uns doch in der Nachbarschaft vorstellen und so etwas geht am besten mit einer ordentlichen Party.", trällerte sie und zog Esme aus dem Raum.
„Los, wir haben noch viel Arbeit vor uns. Ich sehe, die Party wird der Hammer werden!!", verkündete sie dabei und ich ahnte, dass es das wirklich werden würde, denn wenn die halbe Stadt käme, konnte es kaum anders sein.

Nachdem sie noch etwas bei uns geblieben war, wandten sich die anderen dann wieder ihren jeweiligen Beschäftigungen zu und dann kam Jake auch endlich wieder aus dem Badezimmer, damit wir frühstücken konnten.
„Ah, jetzt ohne Zahnpasta.", lobte ich kichernd, als er mich küsste und Bryan kraulte. Ich wickelte den Kleinen in sein Deckchen und legte ihn auf meinen Schoss, wo er auch bald wieder einschlief. Noch war er so klein, dass er selbst noch nicht genug Wärme produzieren konnte und so entweder immer bei mir oder Jake, oder in seinem Körbchen bleiben musste, in dem sich eine Heizdecke befand.

Als sie durch die Küche kamen, um zur Garage zu gehen verabschiedete ich meinen Dad und Carlisle, die zu unserer neuen Schule fuhren, um uns alle nötigen Papiere abzuholen. Denn noch waren wir nicht vollständig registriert, nur angemeldet und die Formalitäten mussten noch geklärt werden.
„Alice will unbedingt eine Party feiern.", sagte ich, als wir allein in der Küche waren.
„Ich weiß, es war ja kaum zu überhören.", murmelte Jake grinsend und goss sich Milch auf seine Cornflakes.

Dann schwiegen wir beide und ich wusste nicht genau warum, aber die Stille wurde mir unangenehm. Unsere Blicke trafen sich kurz und Jake blickte wieder in seine Schüssel.
„Tja, jetzt bist du also erwachsen.", murmelte er und ich nickte nur lächelnd.
Plötzlich hatte ich das dringende Bedürfnis, ihn zu küssen, doch ich bewegte mich nicht. Stattdessen biss ich mir auf die Lippe und versuchte, das Gefühlschaos in mir zu entwirren.

Mit jedem Tag wollte ich Jake mehr und ich wusste, dass er mich auch wollte. Doch mit meinem Verlangen stieg auch die Angst vor dem Unbekannten, der ich mich früher oder später stellen musste.
Ich spürte deutlich, wie ich rot wurde, als ich an den vergangenen Morgen dachte und räusperte mich leise. Dann hörte ich Jake Seufzten und sah auf.

Sein Gesicht war nur Millimeter von meinem entfernt und als ich in seine dunklen Augen sah, bekam ich eine Gänsehaut. Ein Merkwürdig verlangender Laut entfloh meiner Kehle, kurz bevor sich unsere Lippen berührten.

Biss - die nächste GenerationWo Geschichten leben. Entdecke jetzt