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Taehyung

Erleichtert schmiss ich meine Tasche in die nächstbeste Ecke meines Zimmers, das ich zum ersten Mal seit einem Jahr wieder betreten hatte. Natürlich hatte sich nichts verändert, allerdings mussten meine Eltern mir auch versprechen, dass sie keinen Fuß hier hineintraten, während ich weg war. Und sie hatten es scheinbar gehalten.

Seufzend warf ich mich auf mein Bett und starrte an die Decke, als eine Erinnerung aufkam, die ich am liebsten verdrängen würde. An meinem letzten Tag saß ich mit Jungkook hier, auf genau diesem Bett, während wir einen Film schauten. Ich hatte mir diese Neuigkeit für ihn bis zum Schluss aufgehoben und verriet ihm hier, dass ich für ein Jahr nach Amerika gehen würde.

Er sah meine Freude. Er sah sie deutlich, aber trotzdem konnte er sich nicht freuen. Ich wusste noch, wie ihm die Tränen in die Augen stiegen und er mich anflehte, ihn nicht zu verlassen. Er war bereits einige Tage zuvor komisch gewesen, hatte aber nie erzählt, woran das lag. Ich wollte nicht aufdringlich sein, also ließ ich es darauf beruhen.

Zischend richtete ich mich auf und schlug mir einmal gegen den Kopf, um demonstrativ die Erinnerung daraus zu verbannen. Jungkook hatte sich verändert, das wusste ich dank Namjoon. Aber auch ich war nicht mehr derselbe aufgeweckte Junge, der Südkorea damals mit Träumen verließ. Amerika hatte mich verändert und das leider nicht zum Positiven.

»Tae, Schatz komm runter, es gibt Essen!«

Grummelnd schwang ich meine Beine aus dem Bett und stand auf, nur um beim Hinausgehen ein Bild auf meinem Schreibtisch zu erhaschen. Meine Eltern waren doch in meinem Zimmer gewesen, denn dieses Bild hatte ich ihnen mal geschickt. Es kam mir vor, als wäre es schon ewig her, seit das Bild aufgenommen wurde und erneut zischte ich einmal, ehe ich den Rahmen einfach umklappte. Ich ertrug das nicht. Ich ertrug meine Fröhlichkeit darauf nicht, denn so war ich nicht mehr.

Unglaublich langsam ging ich nach unten in das Esszimmer, wo meine Eltern bereits erwartungsvoll saßen und mich anlächelten. Doch ich erwiderte es nicht, setzte mich stumm und begann ebenso still zu essen.

»Freust du dich auf deine alte Schule?«, versuchte meine Mutter gespielt fröhlich die erdrückende Stimmung zu überspielen, was ihr aber nicht gelang. Ich schnaubte einmal verächtlich und legte die Stäbchen auf den Teller. »Natürlich«, erwiderte ich sarkastisch und funkelte die beiden an. »Es gibt doch nichts schöneres als Schule.«

»Tae, willst du mit uns über die Sache reden?«

Direkt als mein Vater das erwähnte sprang ich auf, sodass der Stuhl hinten umkippte und mit einem Scheppern auf dem Boden aufkam. »Ich werde mit niemandem darüber reden! Und es wird auch nie wieder erwähnt!«, rief ich aufgebracht und wirbelte herum, um das Esszimmer zu verlassen.

Die besorgten und gleichzeitig verwirrten Blicke meiner Eltern ignorierte ich und ging schnurstracks in mein Zimmer zurück, wo ich die Tür mit einem lauten Knallen ins Schloss krachen ließ.

𝐂𝐚𝐦𝐛𝐨𝐲│ᴛᴀᴇɢɢᴜᴋ ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt