Jungkook
»Bist du aufgeregt?«, fragte ich meinen Freund besorgt und griff nach seiner Hand, sodass wir unsere Finger miteinander verschränken konnten.
»Ich...«, begann er, aber brach ab, weil er nicht die richtigen Worte zu finden schien. Wir standen schon eine Weile regungslos vor dem Tor des Friedhofs und auch wenn die Erschöpfung wegen des Fluges mich drohte zu übermannen, riss ich mich zusammen. Ich musste stark für Taehyung sein, diese Sache hier verlangte ihm sicher viel ab und deshalb durfte ich nicht schwach werden.
»Wollen wir lieber morgen herkommen?«, versuchte ich einen Kompromiss zu finden, doch der Ältere schüttelte den Kopf. Er warf mir noch einen Blick zu und versuchte leicht zu lächeln, doch die Tränen in seinen Augen verrieten, wie er sich wirklich fühlte. Behutsam legte ich meine freie Hand an seine Wange und strich die erste Träne fort, bevor er auch diese Hand in seine nahm und einen Kuss in die Innenfläche hauchte.
»Lass es uns hinter uns bringen«, meinte er mit kratziger Stimme und schob nun das verrostete Metalltor auf.
Schweigend gingen wir durch die Reihen der vielen Gräber, bis wir schließlich vor einem stehen blieben. Ich sah vorher noch einmal zu Tae und beobachtete, wie er sich auf die Lippe biss und sich dazu zwang, nicht wegzusehen. Als er mir von seinem Vorhaben erzählt hatte, hielt ich es für keine gute Idee, denn immerhin würden seine ganzen Erinnerungen erneut hochkommen. Aber er meinte, dass er nur so richtig damit abschließen und ohne Sorgen an eine Zukunft mit mir denken konnte, wenn er wenigstens einmal in seinem Leben dieses Grab besucht hatte.
Nun wandte ich auch meinen Blick ab und betrachtete den massiven Marmorstein, in den der Name des Jungen eingraviert war, der immer nur Verständnis für Taehyung gezeigt hatte.
Es war Jakes Grab, an dem wir hier standen, an seinem zweiten Todestag.
Taehyung ließ meine Hand los und wühlte in der Innentasche seiner Jacke herum, aus der er mit zitternden Fingern ein zerknittertes Stück Papier holte. Ich wusste, was es war, immerhin saß ich neben ihm, als er die Worte geschrieben hatte. Es war ein Brief, adressiert an Jake und sollte als Antwort auf dessen Brief gelten.
Nachdem Taehyung das Blatt auseinander gefaltet hatte, ergriff er wieder meine Hand und drückte sie fest, was ich ebenso stark erwiderte. Nur so konnte ich ihm gerade zeigen, dass ich an seiner Seite war und ihn niemals allein lassen würde.
»Jake«, begann er schließlich und seine tiefe Stimme brach schon jetzt. Sie war voller Trauer und Hass auf sich selbst, bis heute konnte ich ihm diesen Gedanken nicht austreiben, auch wenn es langsam aber sich besser wurde. Dieser Moment würde ihm hoffentlich dazu verhelfen, dieses Schicksal zu akzeptieren und vor allem, dass er keinesfalls die Schuld daran trug.
»Ich stehe heute hier mit Jungkook, an deinem zweiten Todestag und möchte dir hiermit auf deinen Brief antworten.
Ob du es glaubst oder nicht, aber ich respektiere deine Entscheidung mittlerweile. Natürlich war ich zuerst verletzt und verstand die Welt nicht mehr, aber ich kannte dich besser als jeder andere. Wie könnte ich dann deine Entscheidung nicht respektieren? Es ist das, was du wolltest und wenn du nur so glücklich werden könntest, dann sollte es halt so sein.«
Tae schluchzte einmal auf und biss sich leicht auf die Hand, da die Tränen ihn gerade übermannten. Auch ich weinte bereits, stellte mich aber trotzdem näher an ihn und strich beruhigend über seinen Rücken. Als er sich wieder einigermaßen beruhigt hatte, nahm er seine Hand wieder herunter, damit er weiterlesen konnte.
»Im Endeffekt hattest du Recht und es tut mir leid, dir das so sagen zu müssen, aber für mich würde immer Jungkook zählen. Er ist das Wichtigste in meinem Leben und ich bin mir sicher, ihr hättet euch gemocht.«
Er warf mir ein kleines Lächeln zu, dass ich erwiderte.
»Dir ist sicher klar, dass ich mir die Schuld dafür gebe, denn wenn ich dich richtig hätte lieben können, wäre es vielleicht nie soweit gekommen. Natürlich weiß ich das nicht mit Gewissheit, aber der Gedanke daran, dass es eine Möglichkeit wäre, verletzt mich unglaublich. Aber weißt du was? Dank Jungkook geht es mir deutlich besser damit und ohne ihn würde ich wahrscheinlich immer noch alle Menschen meiden.
Dass du die Nachrichten an Jungkook liest, wollte ich nie und ich bin dir keinesfalls böse, dass du sie gelesen hast. Mir war damals die Bedeutung dieser Nachrichten nicht klar, aber du hast zwischen den Zeilen gelesen. Du wusstest schon immer, dass ich ihn liebe, nur habe ich es beinahe zu spät bemerkt.
Ich werde dich niemals vergessen, Jake, du wirst immer in meinem Herzen sein und ich werde immer Liebe für dich empfinden. Ich hoffe, du hörst meine Worte, da wo du bist und ich hoffe auch, dass es dir nun besser geht.
Bitte, pass auf dich auf.
Taehyung.«
Nun weinte Tae so richtig los und fiel schluchzend auf die Knie, wobei ich ihm direkt folgte und meine Arme um seinen Körper schlang. Er klammerte sich an mich als würde er ertrinken, doch dass er nun all seine Gefühle herausließ, war nötig. Nur so konnte er das Geschehen richtig verarbeiten und dass ich derjenige war, der ihm dabei half, stimmte mich irgendwie stolz.
»Ich liebe dich so sehr«, meinte Taehyung an mich gewandt, nachdem wir den Friedhof nach unzähligen Minuten des Weinens wieder verlassen hatten.
Ich lächelte ihm zu und wischte die letzte Träne von seiner Wange, bevor ich mich vorbeugte und ihm einen Kuss auf die Lippen gab.
»Ich dich auch, Taehyung. Für immer«, gab ich zurück und freute mich über sein breites Lächeln, als er meine Hand ergriff und mit mir die Richtung ansteuerte, in der unser Hotel lag.
Alles in allem war es eine ziemlich verrückte Zeit gewesen, seitdem Taehyung wieder in mein Leben getreten war, doch so absurd es auch klang, nichts davon würde ich ändern wollen. All unsere Erlebnisse hatten uns unglaublich zusammengeschweißt und ich war mir sicher, dass wir auch alle weiteren Hindernisse gemeinsam meistern würden.
Denn unsere Liebe zueinander war stark und ich übertrieb nicht, wenn ich sagte, sie könnte für immer halten.
__Ende__
Lest bitte wie gesagt noch mein Dankeskapitel. 💕
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𝐂𝐚𝐦𝐛𝐨𝐲│ᴛᴀᴇɢɢᴜᴋ ✓
Fanfiction»Menschen ändern sich, Jungkook. Das sieht man nicht nur an mir, sondern auch an dir.« Gerade als Taehyung und Jungkook Freunde werden, geht Taehyung für ein Jahr nach Amerika. Er denkt, alles ist gut zwischen den beiden, doch er hat keine Ahnung, w...