Gelangweilt saß ich im Matheunterricht und versuchte mit Mr. Barones Tempo mitzuhalten. Ich musste zugeben, dass ich nicht sonderlich schlecht in der Schule war.
Nun, wie sollte das auch möglich sein. Wenn ich doch meine komplette Freizeit aufs lernen fokussieren konnte, aufgrund mangelnder Freunde, nicht wahr?
Tja, was das anging passte die Beleidigung -Streber- wohl zu mir.Hastig schrieb ich die Aufgabe ab und konzentrierte mich völlig auf das derzeitige Thema, denn das war mein einziger Ausweg aus dieser furchtbaren Situation - Schule.
Ich hörte immer wieder Getuschel hinter mir, da ich in der ersten Reihe saß. Meistens war es dummes Gerede über irgendwelche Outfits, Parties oder Jungs. Und auch dieses Mal sollte ich Recht behalten, denn Thea erzählte Chloe und Mia gerade von irgendeinem neuen Nagellack, den sie sich am Wochenende gekauft hatte.
Desinteressiert wandte ich mich wieder dem Unterricht zu, doch Mr. Barone erklärte nun frontal einige Rechenschritte. Also ließ ich gelangweilt meinen Blick im Klassenzimmer umher schweifen. Ich achtete darauf, dass das niemand mitbekam. Ich war mir sicher, die Pause in ein paar Minuten würde ich nur mit Glück unbeschadet überstehen. Ich wollte meine Klassenkameraden nicht noch mehr provozieren.Zu meinem Glück hatte ich während der Unterrichtsstunden meistens meine Ruhe, denn die anderen mieden mich dank Abrin nur. Was ich selbstverständlich auch nicht als toll empfand, aber es war allemal besser, als das sie mich ebenfalls so niedermachen würden, wie Abrin.
Wenn man vom Teufel spricht -Abrin.
Er war eine Klasse über mir, aber das hielt ihn leider nicht davon ab mir in den Pausen das Leben schwer zu machen. Ich war ja manchmal sogar gespannt darauf, was er sich einfallen ließ.
Einmal hatte er sich getraut ins Mädchenklo zu kommen und sich in die Kabine neben mir hineinzuschleichen. Anschließend kletterte er auf die Kloschüssel und machte Fotos von mir, wie ich mich anzog.
Ein anderes Mal saß ich bereits in der Mensa und aß zu Mittag, als Abrin von hinten mit seinen Jungs ankam. Er packte meinen Joghurt und fuchtelte damit in der Gegend herum. Er fragte sogar spielerisch immer wieder, ob er ihn über mich drüber kippen sollte – die Antwort der anderen war jedes Mal ja.
Ihr könnt euch denken, wie das Ganze wohl ausgegangen ist.
Nun, wie man sieht blieb ihm nicht mehr viel Auswahl an Dingen, die er mir antun könnte. Trotzdem hatte ich jeden Tag ein ungutes Gefühl, wenn ich die Schule betrat. Er hatte ja schon einige kleine Tabus überschritten, und ich musste zugeben, dass mich das Alles wirklich hart traf. Viele verheulte Nachmittage und viele nasse Kissenbezüge waren auch noch dabei. Wovor ich allerdings wirklich Angst hatte war, dass er eines Tages doch auf die Idee kam ein großes Tabu zu brechen.Die Schulglocke riss mich aus meinen Sorgen und Gedanken. Ich packte schnell meine Sachen ein und murmelte nur ein -Auf Wiedersehen- in Mr. Barones Richtung. Die Lehrer wussten über meine Probleme mit Abrin bescheid, doch sie hielten sich größtenteils heraus. Was meiner Meinung nach auch besser war. Es hätte das Ganze nur noch weiter verschlimmert.
Also rannte ich aus dem Klassenraum heraus und drängelte mich an den anderen vorbei. Kurz musste ich überlegen, welches Fach ich als nächstes hatte und betete dafür, das notwendige Buch bereits eingesteckt zu haben. Doch, wie ich mein Glück kannte hatte ich jetzt Erdkunde und das Buch befand sich leider noch in meinem Spint. An sich wäre es kein Problem das Buch zu holen, denn die Pause war lang genug, doch ich wollte um jeden Preis verhindern Abrin über den Weg zu laufen. Früher oder später würde er mich doch erwischen und ich wollte den unfreiwilligen Kontakt so kurz wie möglich halten. Doch ich wusste ebenfalls, dass Mrs. Henderson mir den Kopf abreißen würde, sollte ich ohne meine Arbeitsmaterialien im Unterricht aufkreuzen.
Seufzend machte ich mich also auf den Weg zu den Spinten und achtete dabei immer darauf so -unsichtbar- wie möglich durch die Gänge zu schleichen. Darin war ich richtig gut geworden. Nun, das musste ich oder? Es war schließlich meine Überlebensstrategie.
Ich hatte nur noch eine Ecke vor mir und ich war angekommen. Jetzt musste Abrin nur noch am besten am anderen Ende der Schule sein und ich würde ungestört an mein Erdkundebuch kommen.Vorsichtig spähte ich um die besagte Ecke, doch ich hatte, wie immer, kein Glück. Abrin lehnte zusammen mit ein paar seiner Jungs an der Wand gegenüber der Spints und so war es für mich unmöglich ungesehen und vor allem -ungeschoren- an ihm vorbei zu kommen. Nervös atmete ich aus. Ich musste nachdenken. -Sollte ich es in Kauf nehmen einfach ohne das Buch in den Unterricht zu gehen?- oder -sollte ich es wagen?- Vielleicht standen sie ja nur zufälligerweise in dem Gang in dem sich auch mein Spint befand. Genervt schlug ich mir die Hand gegen die Stirn –Wieso musste ich auch so eine vorbildliche Schülerin sein?!-
Ich lief auf leisen Sohlen und ohne den Jungs auch nur einen Blick zuzuwerfen an meinen Spint. Mit zitternden Händen versuchte ich die Zahlenkombination einzugeben. Als sich die Spint Tür endlich öffnete und bis jetzt noch nichts geschehen war, atmete ich erleichtert aus und wischte unbemerkt meine schweißnassen Hände an meiner Hose ab. Leises Kichern und Gemurmel ertönte hinter mir, doch ich konnte mir nicht erklären weshalb.
–Hatten sie das mit meinen Händen etwa gesehen?-
Verwirrt schaute ich in meinen Spint um zu sehen, ob er mir mal wieder einen Streich gespielt hatte, wie schon einmal. Da fand ich nämlich meine Bücher und Ordner mit sechs Monate abgelaufenem Pudding übergossen. Das Zeug hatte so fürchterlich gestunken, dass der Hausmeister sogar im Ganzkörperoverall ankam.Erneutes Gekicher unterbrach meine Gedanken und holte mich zurück in die bittere Realität.
-Was in Gottes Namen war denn bitte so witzig?- fragte ich mich selbst und schaute an mir herab. Ich hatte meine waldgrünen Converse an, eine schwarze skinny Jeans und einen normalen dunkelgrünen Pulli. Meine Haare waren ebenfalls frisch gewaschen und das Deo hatte ich heute Morgen auch nicht vergessen. Es musste einfach etwas anderes der Grund für ihr Gelächter sein, als ich.

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-Cassia-
Teen Fiction„Manche Sätze brennen sich in dein Gedächtnis und du bekommst sie dort nicht mehr raus, egal was du tust." -Unkonwn Cassia - Ein 15 jähriges Mädchen, dass auf den ersten Blick völlig normal erscheint. Doch sieht man genauer hin, kann man tiefe Traue...