Ich dachte eine ganze Weile über seine Worte nach. Er schuldete es mir? Er schuldete mir so einiges, doch das störte ihn bislang auch nicht, was hatte sich also verändert? Ich entschied das später zu klären, da Abrin leider meine einzige Chance war meinen Dad zu finden. Seit ich nicht mehr hier in Delta wohnte wusste ich über sogut wie nichts mehr Bescheid. Bei einer Sache musste ich Abrin recht geben - Es war eine kleine Stadt und man bekam eben alles mit.
Wir liefen durch die kühle Nacht und wenn ich nicht so unglaublich aufgbracht gewesen wäre hätte mich diese Situation dermaßen aus der Bahn geworfen, das ich meinen gesamten Fortschritt der letzten Monate hinterfragt hätte, doch es war nunmal so wie es war. Da Abrin erst 17 war durfte er noch nicht ohne Begleitung eines Erwachsenen Auto fahren also mussten wir die Strecke zu Fuß zurücklegen. Er lief ohne Jacke und nur mit einem Pullie neben mir her. Ich wusste nicht was in seinem Kopf vorging, doch ich hatte auch keine Zeit gehabt um mir darüber Gedanken zu machen. Das Einzige was ich wollte war meinen Vater zu sehen. Er musste mir das Erklähren! Denn ich hatte innerhalb eines Tages, eines Abends, einer Nacht nahezu meinen kompletten Halt verloren, dafür musste es eine Erklährung geben. Vielleicht waren das Alles nur Gerüchte, wie Abrin sagte. Vielleicht stimmte das Alles mit der Affäre meiner Mom nicht und es gab einen geheimen Grund, einen Grund den niemand außer ihnen kannte? Doch selbst wenn wollte ich ihn sicherlich nicht von ihr hören. Ich konnte ihr einfach nicht in die Augen sehen..es tat zu weh. Ich wurde oft genug in meinem Leben verraten, hintergangen und fertig gemacht aber das hier, das war ein völlig neues Level.
"Was willst du ihm sagen?" Fragte Abrin mich nach einer Weile. "Ich will eine Erklährung. Ich will wissen, was passiert ist..was wirklich passiert ist." Entgegnete ich ihm und er nickte nur stumm. "Was, wenn es die Wahrheit ist?" Hielt er das Gespräch weiter am laufen. "Dann habe ich ab dem Moment in dem er mir diese Version der Geschichte bestätigt keine Mutter mehr." Meinte ich eisig und steckte meine Hände in die Jackentaschen. "Was hat sie denn dazu gesagt?" Fragte er mich wieder. "Verdammt Abrin! Wieso denkst du, das ich mit dir darüber sprechen will?! Mein Leben liegt momentan in Trümmern! Und zum ersten Mal bist du nicht der Grund dafür aber, das macht dass was du mir angetan hast nicht ungeschehen. Also hilf mir einfach meinen Dad zu finden oder geh wieder nach Hause!" blaffte ich ihn wütend an, da ich seine Fragerei satt hatte. Ich wusste doch selbst nicht was hier vor sich ging, was wollte er denn von mir hören?!
"Cassia..es tut mir leid, wirklich. Ich meine das mit deinen Eltern.."Begann er. "Ach und all das was du mir angetan hast nicht?" Fiel ich ihm empört ins Wort. Er schwieg und das war mir Antwort genug. Schweigen war in letzter Zeit eine Antwort, die mir öfters begegnete und so langsam begann ich die Bedeutung zu verstehen. Man schwieg lieber, als sich selbst und dem anderen die Wahrheit einzugestehen. Man schämte sich dafür, was man tat. Doch das Schweigen machte die Taten nicht weniger feige! Ich machte mir allerdings nicht die Mühe ihm das zu erklähren - Als würde er das verstehen.
Als wir im südlichen Stadtteil ankamen durchstöberten wir jedes einzelne Klingelschild nach dem Namen Peers, doch wir suchten schon seit mehr als einer Stunde und fanden noch immer nichts brauchbares. "Das ist doch dämlich! Ruf ihn doch morgen einfach an!" Maulte Abrin rum. "Mein Handy ist im Haus und da werde ich sicherlich nie wieder einen Fuß rein setzen." Zischte ich wütend weshalb er nur seufzte. "Weißt du denn die Nummer deines Vaters auswendig? Dann können wir meins benutzen" Ich sah ihn genervt an. "Nein weiß ich nicht." Murmelte ich und lief weiter zur nächsten Tür. Ich blieb stehen und versuchte den Namen auf dem Klingelschild zu erkennen, doch es war einfach zu dunkel. Abrin kam seuftzend näher und leuchtete mit seinem Handy auf's Klingelschild und meine Augen weiteten sich.
Peers
Stand in fett gedruckten Buchstaben auf dem Schild und ich sah Abrin nervös an. "Na endlich. Klingel schon! Es is arschkalt hier." Drängelte er und ich berührte mit zittrigen Fingern das Klingelschild. Doch bevor ich endlich drückte ließ ich die Hand noch einmal sinken. Seufztend drehte ich mich zu Abrin, der mich verwundert ansah. "Abrin ich..ich weiß nicht wieso du das gemacht hast aber..danke..für alles was du heute Nacht getan hast." Sagte ich an ihn gewandt aber konnte ihm dabei nicht in die Augen sehen. Erst als ich meinen Satz beendete sah ich zu ihm auf. Er stand vor mir mit den Händen in den Hosentaschen und sah mich mit seinen Ozeanblauen Augen an. Ich sah, wie er nach Worten suchte, wahrscheinlich um sich zu erklähren. "Du musst es mir nicht sagen. Ich werde dir das nicht vergessen. Obwohl ich so zu dir war hast du dich zusammen gerissen..ich dachte nicht das du das könntest aber ich danke dir dafür." Unterbrach ich ihn und er schloss langsam seinen Mund. Ein kleines Lächeln bildete sich auf seinen Lippen, welches ich schwach erwiderte. "Ich sagte doch ich schulde dir was. Du hast mich damlas nicht verraten und das habe ich dir nicht vergessen. Sieh es als Dankeschön an." Meinte er bevor er sich umdrehte und langsam davon ging. Mir fiel ein, das ich noch immer seine Jacke anhatte und er nun wieder nach Hause laufen musste bei der Kälte. "Abrin warte! Deine Jacke!" Rief ich ihm nach, doch er drehte sich nur lachend um. "Die kannst du behalten. Du denkst doch nicht das ich die jemals wieder anziehen werde nachdem du sie getragen hast?!" Rief er mir zu und ich schüttelte nur augenverdrehend den Kopf - Dieser Typ! Er würde sich nie ändern.
Ich hörte die Klingel von innen und trat nervös auf der Stelle umher. Das Licht schaltete sich an und ich hörte Schritte. Mein Dad öffnete mir völlig fertig und kreidebleich die Tür. Er sah mich schockiert und entrüstet an. "Cassia?! Was machst du hier?" Fragte er mich, doch bevor ich antworten konnte hatte er mich schon im Arm. "Ich hab dich gesucht Dad." Murmelte ich in die Umarmung hinein und konnte meine Tränen nicht mehr zurück halten. Auch sein Körper bebte und so standen wir eine ganze Weile im Hauseingang und hielten uns im Arm. Irgendwann lösten wir uns voneinander und liefen hinein. Es stellte sich heraus, das er in ein Mehrfamilienhaus gezogen ist und eine zwei Etagen Wohnung bezog. Wir setzten uns auf die Couch und ich sah, das einige der Möbel noch nicht ausgepackt waren. Viele Kisten und Tüten standen herum und auch Dads Kleidung lag überall verstreut. Er setzte sich mir gegenüber auf den Sessel und ließ sich hängen.
"Dad..was ist passiert?" Fragte ich vorsichtig und sah ihn mitleidig an. "Deine Mutter und ich wir..haben uns getrennt.." Meinte er, doch das reichte mir nicht. "Ich weiß..sie hatte soetwas erwähnt." Murmelte ich niedergeschlagen. "Aber wieso?" Entkam es mir und ich sah, wie er mit sich kämpfte. "Stimmen die Gerüchte? Stimmt es, was man sich erzählt?" Stellte ich nun ganz direkt die Frage, die mir auf der Seele brannte. Er sah schockiert auf und ich runzelte meine Stirn. "Stimmt es, das Mom eine Affäre hat?" Vertiefte ich die Frage, da ich die Antwort einfach wissen musste. Ich sah, wie sich Tränen in Dads Augen sammelten und wie er mehrere Schluchzer unterdrückte. Ich hatte ihn noch nie so gesehen. Er war immer der Starke, der Harte Kerl den nichts erschüttern konnte. Ihn nun so zu sehen brach mir das Herz in tausend Teile.
"Du hast davon gehört?" Fragte er mit rauer Stimme und ich nickte stumm. "Dann muss ich dir nichts mehr verheimlichen. Du kennst die Wahrheit bereits. Ja sie hat mich betrogen.." Gestand er seufzend und ich spürte, wie sich mein Magen zusammenzog. Ich wollte es nicht wahr haben! Ich hatte so sehr gehofft, das Abrin sich irrte! Das diese Gerüchte nur Gerüchte waren und nicht die Wahrheit, doch ich täuschte mich. Meine komplette Welt zerbrach in diesem Moment und ich merkte, das es nicht nur meine Welt war, die zerbrach. Auch die meines Vaters lag in Scherben vor ihm..das würde ich ihr niemals verzeihen. Sie hatte unsere Familie zerstört! Sie hatte Alles zerstört was mir wichtig war! Meinen einzigen Halt im Leben auf den ich immer zurückgreifen konnte! Ich hatte einfach Alles verloren.

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-Cassia-
Fiksi Remaja„Manche Sätze brennen sich in dein Gedächtnis und du bekommst sie dort nicht mehr raus, egal was du tust." -Unkonwn Cassia - Ein 15 jähriges Mädchen, dass auf den ersten Blick völlig normal erscheint. Doch sieht man genauer hin, kann man tiefe Traue...