-Kapitel 16-

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Ich machte mich bereit für den harten Aufprall und schloss schon einmal meine Augen, doch ich landete nie auf dem Boden. Verwundert öffnete ich zunächst eines meiner Augen um zu erkennen, dass mich jemand festhielt. Überrascht öffnete ich nun beide Augen und sah mir die Person, gegen die ich prallte an. Bei dem Anblick desjenigen klappte mir der Mund auf. Es war natürlich niemand anderes als Soma, der mich nicht sonderlich begeistert ansah. Es vergingen noch weitere Sekunden in denen ich ihn einfach nur anstarrte, bevor er mich auf die Beine zog.

„Sagte ich nicht du sollst mir aus dem Weg gehen?" hörte ich ihn mit einem abweisenden Tonfall sagen. Unsicher schluckte ich und überlegte, was ich antworten könnte. Doch die Augenblicke in denen ich schwieg zogen sich in die Länge. Soma verdrehte genervt die Augen und ließ mich schließlich los. Er murmelte noch etwas unverständliches, als er auch schon an mir vorbei lief. Hastig drehte ich mich um „Soma warte!" rief ich ihm zu und musste all meinen Mut dafür aufbringen. Ein Wunder, dass die Worte überhaupt ihren Weg fanden. Er blieb abrupt stehen und drehte nur seinen Kopf leicht in meine Richtung. „Was denn noch?" seufzte er genervt. Nervös spielte ich mit meinen Fingern, wie es Tia noch heute Nachmittag bei mir tat. „Ich..ehh..Dankeschön" stotterte ich unsicher und wagte es nicht ihn anzusehen. Verwundert drehte er sich nun komplett um und sah mich irritiert an. Skeptisch beäugte er mich und zog seine Augenbrauen zusammen. „Naja für's..festhalten eben.." versuchte ich ihm auf die Sprünge zu helfen. Er setzte wieder sein ausdrucksloses Gesicht auf und drehte sich wieder um „Gern geschehen" murmelte er desinteressiert über seine Schulter hinweg und hob dabei seinen Arm etwas an, um sein Desinteresse noch zu unterstreichen.

Ich sah ihm noch eine Weile hinterher, bis er um die nächste Ecke bog und schließlich völlig aus meinem Blickfeld verschwand. Mit einem komischen Gefühl in meinem Bauch lief auch ich nun zurück in mein Zimmer. Schnell verkroch ich mich in meinem Bett und drehte mich mit dem Rücken zu Tia um. Ich wollte heute wirklich nur noch schlafen. Der Tag war fürchterlich anstrengend. Es graute mir insgeheim schon vor den nächsten drei Jahren, denn die würden ganz genau so ablaufen mit dem Nachteil, das ich auch noch den Unterricht über mich ergehen lassen musste. Unruhig wälzte ich mich hin und her, doch ich fand einfach keine gute Position zum Einschlafen. Naja, die Position war eigentlich nicht schuld daran, dass ich schlaflos blieb. Es war eher Soma, der mich wach hielt. Er kreiste ununterbrochen in meinen Gedanken umher. Wie er mich vorhin vor dem harten Aufprall bewahrte indem er im letzten Moment meinen Arm packte, mit seinen perfekt gestylten blonden Haaren, seinen Rosefarbenen Lippen und seinen grauen Augen. Dieser eindringliche Blick, der mir eine Gänsehaut bereitete und die Art, wie er keine Miene verzog waren in gewisser Weise atemberaubend. Ich könnte mich selbst Ohrfeigen. Schon wieder kamen solch seltsame Gefühle in mir hoch, wie zuvor bei Abrin..als er mich küsste. Es war keine Schwärmerei und garantiert auch keine Liebe – in keinem von beiden Fällen. Ich fühlte mich lediglich ein wenig hingezogen zu Abrin und nun eben zu Soma.

Mit samt meinem Gedankenchaos und mit der dominierenden Frage, wieso er mich überhaupt gerettet hatte driftete ich langsam in den Schlaf und hätte Tia am liebsten dafür umgebracht, das sie mich am nächsten Morgen bereits um fünf Uhr weckte. „Tut mir leid aber wir dürfen nicht zu spät kommen." Gähnte sie verschlafen als Antwort auf meinen wahrscheinlich tödlichen Blick. Ich fühlte mich schrecklich. Viel Schlaf hatte ich ja in der letzten Nacht nicht bekommen und auch das kleine bisschen war wirklich nicht erholsam. Im Halbschlaf raffte ich mich auf und streckte mich zunächst einmal während Tia bereits ins Bad verschwunden war. Müde stand ich auf und suchte mein Zeug zusammen. Ich bürstete mir schon mal die Haare, da meine Haarbürste noch auf meinem Schreibtisch lag und wartete ungeduldig darauf, das Tia endlich aus dem Bad kam.

Gefühlte zwei Stunden später öffnete sich die Tür und heißer Dampf kam mir entgegen. Sie hatte anscheinend geduscht. Genervt beschloss ich mich einfach im Zimmer umzuziehen während Tia sich noch die Haare föhnte. Schnell huschte ich hinein um die Uniform zu holen, als ich auch schon wieder raus rannte. Eilig zog ich mir die schwarze Bluse und den dunkelgrünen Rock an. Dazu die Strumpfhosen, die mir Tia freundlicherweise auslieh und meine schwarzen Converse. Ich besaß leider keine Ballerinas oder ähnliches, da ich es gewohnt war in Vans und Converse herumzulaufen. Außerdem hatten Tia und ich nicht dieselbe Schuhgröße also konnte sie mir keine von ihren Schuhen leihen. So schlimm war es nun auch nicht, denn sie versicherte mir, das sobald meine Uniform ankommen würde, alles dabei sein würde. Von der passenden Strumpfhose bis zu den Ballerinas.

Als Tia endlich fertig war im Bad ging ich erst mal Zähne putzen, denn ich hasste den Geschmack am Morgen. Ich mied jeden Blick in den Spiegel, da ich wusste, ich sah scheußlich aus. Fertig mit meiner morgendlichen Routine kam ich nach etwa einer viertel Stunde wieder raus und setzte mich an den Schreibtisch. „So dann machen wir dich mal bereit fürs Frühstück" Grinste sie breit. Anscheinend war sie bereits hellwach, was man von mir sicherlich nicht behaupten konnte. Mithilfe von ein paar Handgriffen zauberte sie mir erneut einen perfekten Dutt und schminkte mich wieder dezent. Ein Blick in den Spiegel verriet mir, das ich gar nicht mehr so müde aussah und ich mich tatsächlich in diesem Zustand unter Leute trauen konnte.

Fertig gerichtet schlossen wir die Tür hinter uns und begaben uns in Richtung Treppenhaus. Wir waren vertieft in ein Gespräch über den heutigen Tag, als ich Soma ein Stückchen vor uns entdeckte. Sofort hörte ich Tia nur noch halbherzig zu und konnte den Blick nicht mehr von ihm lassen. Leider blieb Tia das nicht verborgen und so kam es, das sie mir schließlich vor dem Gesicht herumfuchtelte. „Hallo? Cassia!" sagte sie etwas lauter, um meine Aufmerksamkeit zurück zu bekommen. „Wo starrst du denn hin?" fragte sie mich skeptisch und versuchte zu erkennen worauf ich mein Augenmerk legte. „Ach nirgends! Ich bin nur immer noch wahnsinnig beeindruckt von der Schule. Sie ist so -anders- als meine alte." Und das war auch überhaupt nicht gelogen, nur eben nicht das, was mir momentan wirklich meine Aufmerksamkeit raubte.

-Cassia-Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt