- Kapitel 106 -

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Die nächsten Wochen erschienen mir surreal. Als hätte ich das Alles nur geträumt, doch leider war es bittere Realität. Jeden Tag wenn ich die Augen aufschlug sah ich ihr Gesicht, wie sie mich verheult und verzweifelt ansah. Ich sah Dad, wie er in seinem Sessel saß und nicht wusste wohin mit sich. Es brach mir das Herz auf solch schmerzhafte Weise, das es keine Worte dafür gab. Es war ein völlig neuer Schmerz, den ich bislang noch nicht kannte. Ich dachte ich hätte das Übel der Welt bereits gesehen, bereits hinter mir - Doch ich lag falsch. Ich fragte mich wieso mein Leben, mein Schicksal, das Universum mich so hasste. Was zum Teufel hatte ich verbrochen um so viel durchmachen zu müssen? Das es gerechtfertigt war? Wieso musste ich so sehr leiden?

Meine Freunde taten ihr Bestes um mich etwas abzulenken. Anfangs ließen sie mich in Ruhe. Sie versuchten damit klar zu kommen und mir meine Zeit zu geben um drüber hinweg zu kommen, doch es stellte sich keine Besserung ein. Immer wieder versuchten sie mit mir zu reden, mich aus meinem Loch zu holen, doch nichts funktionierte. Es war, als wäre ich innerlich abgestumpft. Noch nie hatte mich jemand so hintergangen, so verraten, so im Stich gelassen wie es Miriam tat - Meine eigene Mutter. Dieser Schmerz und die Erkenntis trafen mich hart. So hart, das ich mich merklich veränderte. Ich wurde kühler und ruhiger. Soma war der Einzige, der nicht versuchte mich in eine Richtung zu drängen und dafür war ich ihm dankbar. Er nahm mich so wie ich eben war, genau in diesem Moment. Er war da für mich, obwohl er nichts großartiges oder Weltbewegendes sagte. Er hielt mich Nachts im Arm wenn ich im Schlaf weinte und tröstete mich liebevoll am nächsten Tag. Seine Berührungen taten mir gut und das wusste er.

Bei unseren Aufträgen übernahm ich nun immer mehr meiner Aufgaben und wurde richtig gut darin. Ich wurde schneller, organisierter und berechnender. Ich lernte die Situationen blitzschnell einzuschätzen und langsam kam ich auch mit dem Zeitmanagement immer präziser auf den Punkt. Alles was ich plante funktionierte und das gab mir irgendwie ein Gefühl der Sicherheit. Diese Dinge konnte ich planen, berechenen und kalkulieren. Anders als das reale Leben. Auch was Tory und Ares anging wurde ich realisitscher. Ich sagte meine Meinung diskreter, als zuvor. Ich versuchte keine Hoffnungen zu machen, da ich vorsichtiger mit meinen Worten geworden bin - Es kam schließlich immer anders. Diesen Gedanken hatte ich immer im Hinterkopf, immer present. Die Beiden näherten sich immer mehr an, doch es fehlte immer noch ein großes Stück, das nur die Zeit aufholen konnte. Das sagte ich auch zu Tory, die mich immer wieder um Rat bat. Sie wirkte etwas enttäuscht und betrübt über meine Art und meine Antworten, doch sie sagte es nie. Ich wusste, das meine Veränderung alle in der Gang bedrückte. Sie wussten, wie ich zuvor war und sahen hilflos zu, wie ich mich nun innerlich auffressen ließ. Elija und Ren ertrugen es eines Tages nicht länger und baten mich um ein Gespräch in dem sie mir sagten wie sehr sie sich sorgten. Mein Verhalten beunruhigte sie zunehmend, doch ich machte ihnen klar, das gewisse Ereignisse im Leben einen mehr prägten als andere. Sie gaben es schließlich auf und meinten, das sie immer für mich da wären, sowie der Rest von uns auch. Es brachte mich schwach zum lächeln. Ich war froh solche Freunde, wie sie zu haben. Es bedeutete mir enorm viel gerade jetzt so viel Halt und Unterstützung zu haben.

Ich telefonierte weiterhin jeden Tag mit Dad und erzählte ihm von der Schule und meiner tollen Sportnote. Auch die Noten der restlichen Fächer wurden bekannt gegeben und ich musste mit staunen feststellen, das ich nicht so schlecht abschnitt, wie ich erwartete. Mein Schnitt verschlechterte sich lediglich um drei Zehntel. Nun stand ich auf einer Zwei komma drei, was trotzdem noch gut genug war wenn man sich die Umstände ansah. Dad war wahnsinnig stolz auf mich, was mich schmunzeln ließ. Ich versprach ihm besser zu werden. Ich würde die Beste meines Jahrgangs werden und ihn stolz machen. Ich hatte mein Ziel vor Augen! Mit ihm zusammen zu wohnen hier in Acadia oder sonst wo - Ich würde ihn da raus holen. Er würde nie wieder arbeiten müssen! Das nahm ich mir fest vor und ich wusste ich konnte es schaffen. Eines Tages fragte ich ihn, ob er es wusste. Ob er von der Affäre wusste, doch er verneinte. Es schmerzte mich ihn danach zu fragen, doch ich brauchte Gewissheit. Er erzählte mir alles. Das sie sich kennelernten auf der Arbeit bei irgendeinem ihrer Projekte und viel Zeit zusammen verbringen mussten. Nicht einmal als sie immer öfters Überstunden schob wunderte er sich. Er vertraute ihr zu hundert prozent und sie nutzte das schamlos aus.

Nach diesem Gespräch kniete ich mich noch mehr in meine Arbeit. Die Aufträge wurden mehr und mehr und ich plante jeden einzelnen akribisch vorraus. Soma war stolz auf mich, das spürte ich, doch eines Abends als ich draußen auf dem Fenstersims saß und trübsal bließ stieg er ebenfalls aus dem Fenster und setzte sich zu mir. Er hielt mir wortlos eine Zigarette hin, welche ich dankend annahm.

"Ich weiß, wie schwer das ist." Sagte er als er an seiner Zigarette zog. Ich sah zu ihm rüber und erkannte, das er in die Ferne sah. "Seine Familie zerbrechen zu sehen..es verändert einen." Fügte er hinzu und ich nickte nur stumm. "Weißt du, meine Eltern trennten sich auch. Aber in meinem Fall war es mein Dad, der meine Mom betrogen hatte. Mit tausenden seiner Sekräterinnen.." Erzählte er und ich zog scharf die Luft ein. Es waren gleich mehrere? Ich wollte mir gar nicht vorstellen, wie es ihm erging. Wir hatten wohl mehr gemeinsan, als wir dachten. "Es brach meiner Mutter das Herz und mich zerbrach es sie so zu sehen. Ich hasste ihn! Wollte ihn am liebsten eigenhändig umbringen." Meinte er zornig, doch entspannte sich wieder. "Wie konntest du diesem Drang widerstehen? Ich wünsche ihr nichts anderes als den Tod!" Murmelte ich wütend. "Du wirst irgendwann taub..deine Gefühle verschwinden einfach..du fühlst so viel, das du irgendwann gar nichts mehr fühlst." Entgegnete er mir schulterzuckend. "Einige Jahre ging es mir so.." Fügte er hinzu und ich runzelte die Stirn. "Wann hat es aufgehört?" Fragte ich ihn verzweifelt. "Gar nicht. Aber es wurde erträglicher.." Sagte er und sah dabei zu mir rüber. Ich verzog fragend meinen Mund und konnte mit der Antwort nichts anfangen. "Es wurde erträglicher, als ich dich in mein Leben gelassen hab." Hauchte er plötzlich und meine Augen weiteten sich. "Ich hab Jahre lang niemanden an mich ran gelassen. Sogar die Gang hab ich abgelehnt und zu einem gewissen Teil aus meinem Leben verbannt, doch als du hier her kamst und ich..ich mehr Zeit mit dir verbracht habe konnte ich mich gar nicht mehr dagegen wehren egal wie sehr ich es wollte. Ich hatte mir vorgenommen die Liebe aus meinem Leben zu verbannen, sie niemals zuzulasseen..es brachte nur Schmerz und Unglück, doch..das Herz lässt sich nicht für immer ruhig stellen." Erklährte er lächelnd. Tränen bildeten sich in meinen Augen, da er so ehrlich zu mir war und mir das Alles beichtete.

"Du hast mich gerettet in jeder erdenklichen Weise, wie ein Mensch einen anderen retten kann Cassia. Und ich schwöre dir, das ich dasselbe für dich tun werde. Egal wie ich es anstellen muss und egal wie lange es dauern wird..ich werde immer bei dir sein und dich auffangen." Sagte er und ich konnte mich nicht mehr zurück halten. Ich sprang schon beinahe auf ihn drauf und drückte ihn eng an mich. Meine Tränen liefen ungehindert über meine Wangen und ich merkte, wie Soma mich ebenfalls eng an sich presste. Ich saß auf seinem Schoß und hielt ihn ganz fest, so als würde er jeden Moment verschwinden. Als würde das Leben ihn mir auch nehmen wollen. Es tat so gut zu wissen, das er immer an meiner Seite sein würde egal was geschah. Ich küsste ihn mit so viel Emotion und Trauer, wie noch nie. Ich legte mein Herz in diesen Kuss und spürte, das er es behutsam in seinen Händen hielt und es beschützte. Er war der Einzige, der es davor bewahrte völlig zu Eis zu erstarren.

-Cassia-Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt