- Kapitel 94 -

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Freudig sprang ich aus dem Auto und rannte zum Kofferraum um mein Gepäck raus zu holen. Mit meinem Koffer in der Hand lief ich eilig aufs Schultor zu. Mr. Porter kam kaum hinterher, da hatte es sich bereits vollständig geöffnet. Schnell und erleichtert lief ich über den Campus und blieb vor der schweren schwarzen Holztüre stehen. Die Tür knarrte etwas, als ich sie aufstieß und die edlen Hallen betrat. Ich hatte die dunkelgrünen Vorhänge und die Anthrazitfarbenen Steinfließen so vermisst!

Ich verabschiedete mich höflich bei Mr. Porter, der mir völlig aus der Puste gerade so hinterher kam. Ich reichte ihm dankend die Hand bevor ich auch schon auf die eindrucksvollen Treppen zulief. Er erwiderte nur ein "Selbstverständlich, Miss Peers. Willkommen zurück." doch ich ließ ihn nicht ganz ausreden, da war ich schon davon geeilt. Ich ging die Stufen hinauf in richtung meines Gebäudeteils und fasste aufgeregt an die Türklinke. Ich öffnete schwungvoll die Tür und sah mich in unserem Zimmer um. Tory lag nicht, wie gewohnt auf ihrem Bett also dachte ich sie sei im Badezimmer. Ich stellte zunächst meinen Koffer ab und lief anschließend aufs Bad zu, doch die Tür stand sperrangelweit offen und von Tory war keine Spur. Verwirrt lief ich wieder zurück und sah nach ob ihre Tasche bereits im Zimmer stand. Vielleicht war ich vor ihr hier? Vielleicht war sie noch bei sich zu Hause?

Dachte ich mir und ließ mir meine gute Laune nicht nehmen. Sie würde schon auftauchen. Ich packte meinen Koffer aus und räumte die Sachen ordentlich in den Schrank. Mom hatte mir zum Glück gestern noch alles durchgewaschen, sodass ich mich um nichts mehr kümmern musste. Stolz hing ich meine neu gewonnene Jacke in den Schrank und schloss meinen Koffer, da ich bereits fertig mit auspacken war. Wieder krabbelte ich auf den Fuß meines Bettes und versuchte den Koffer so weit, wie möglich nach hinten auf den Schrank zu schieben und nach dem dritten Versuch gelang es mir tatsächlich. Er lag ein wenig schief, doch das störte mich nicht weiter. Vielleicht würde Soma das regeln, das nächste mal wenn er vorbei kam. Soma..mein Herz schlug schneller und ich atmete verträumt die Luft ein und aus. Da ich ja nun wieder hier war sollte auch mein Funker wieder funktionieren, da kam mir die Idee den Rest der Gang einfach mal anzufunken. "Hey Leute! Ich bin seit ner halben Stunde wieder hier und..naja..Caster ist nicht im Zimmer, da dachte ich sie ist vielleicht bei euch?" ein Rauschen ertönte bis ich Ares Stimme hörte. "Hey! Ja sie ist mit uns unterwegs. Wir..sind aber grade mitten in einem Auftrag also...ist der Zeitpunkt grade etwas scheiße.." teilte er mir mit und mein Lächeln verschwand langsam. Sie führten einen Auftrag aus? Ohne mich? Doch ich vertrieb diese Gedanken schnell wieder. Schließlich musste das Geschäft weitergehen, das stand außer Frage. Was kümmerte es Clyde ob ich dabei war oder nicht. Er wollte sein Geld und so schlimm war es im Nachhinein betrachtete ja auch nicht. "Oh..gut..okay..dann warte ich einfach im Zimmer auf sie." Antwortete ich etwas niedergeschlagener als zuvor. "Ich sag's ihr, bis dann." Entgegnete er mir knapp und ich hörte, wie er mich ausklinkte. So hatte ich mir meine Rückkehr nicht vorgestellt..doch was war denn schon dabei? Tory würde später kommen, na und? Ich konnte mich schließlich auch hier beschäftigen bis sie wieder da war.

Ich schmiss mich mit meinen Jeans und meinem Hoodie auf mein Bett und kramte mein aktuelles Buch hervor. Ich hatte zu Hause in Delta gar keine Zeit gehabt um mich meinen Büchern zu widmen. Ich genoß es immer in sie einzutauchen, alles um mich herum zu vergessen und jemand völlig anderes zu sein. Das ging aber nur wenn ich wirklich meine Ruhe hatte - Also der perfekte Zeitpunkt.

Nach mehreren Stunden fragte ich mich allmählich wann Tory und Soma endlich zurück kamen, denn auch durch den Funker empfing ich keine Nachrichten. Ich stutze ernsthaft und lief nervös ins Bad. Ich checkte mein Make- up und warf einen Blick auf meine verheilende Platzwunde, die nur noch wenig schmerzte. Solange ich sie nicht berührte vergaß ich sogar, das ich sie hatte. Vorsichtig zupfte ich ein paar Krustenteile, die bereits abstanden weg und verzog dabei schmerzhaft das Gesicht. Als ich wieder ins Zimmer lief und mich meinem Buch weiter widmen wollte rauschte es plötzlich in meinem Funker. "Archer? Bist du noch im Zimmer?" hörte ich Tory fragen und freute mich sehr endlich etwas von ihr zu hören. "Ja klar, wo auch sonst?" Fragte ich sie belustigt, doch sie stimmte nicht mit ein. "Komm zur Basis, so schnell du kannst." meinte sie locker und ich begann mir Sorgen zu machen. Sie klang zwar entspannt, doch sie benahm sich irgendwie seltsam. "Ehm..okay..bis gleich." meinte ich und lief zu meinen Schuhen rüber. Ich malte mir bereits die schlimmsten Dinge aus und hastete zur Bushaltestelle. Zum Glück kam in wenigen Minuten schon ein Bus in die Stadt. Ein kühler Wind wehte über die Straßen und ich zog den Reisverschluss meiner Jacke zu.  Meine Vans hielten meine Füße erstaunlich warm, dennoch war ich froh, als ich den Bus heranfahren sah. Schnell stieg ich ein und suchte mir einen gemütlichen Platz weiter hinten aus. Die Fahrt dauerte nur zehn Minuten, da der Bus außerhalb der Schulzeit nicht an jeder Haltestelle anhielt. Mit einem mulmigen Gefühl stieg ich aus und der graue Himmel trug nicht sonderlich dazu bei meine gute Laune zu behalten. Besorgt lief ich die Straßen entlang hin zur Ferrendale Street. Am Gartentor angekommen öffnete ich es und sah mich dabei automatisch um, doch konnte nichts merkwürdiges erkennen, dennoch wurde ich dieses ungute Gefühl nicht los, das hier etwas nicht stimmte. Skeptisch ging ich die Stufen der alten Veranda nach oben und griff zur Türklinke. Ich trat in völlige Dunkelheit und wundert mich für einen Moment wieso denn das Licht ausgeschaltet war und lief blind ein Stück nach links zum Lichtschalter. Ich knipste ihn an und erschrack gleich danach zu Tode. Plötzlich sprangen alle aus den unterschiedlichsten Ecken der Hütte heraus und riefen gemeinsam "Überraschung!" doch ich achtete für's erste nicht darauf, da ich mein Herz wieder beruhigen musste, sonst hörte es vermutlich noch auf zu schlagen. Verwirrt sah ich mich um und erkannte eine wunderschöne Partydekoration. Auf dem Tisch standen ein paar Snacks zusammen mit unmenegen an Alkohol. Unzählige rote Becher waren direkt neben den Flaschen aufgestapelt und es war aufgeräumt. Von einem Pfosten zum anderen war eine Schnur gespannt auf der eine weiße Plane hing. Auf dieser Plane stand "Wilkommen zurück" mit einem großen schwarzen Herz am Ende. Ich kam aus dem Staunen gar nicht mehr heraus und wusste nicht wo ich zuerst hinsehen sollte. Tory kam auf mich zu gerannt und fiel mir stürmisch um den Hals. "Wir haben dich so vermisst!" nuschelte sie mir in meine Halsbeuge und langsam kam ich wieder in der Realität an. "Ich..euch auch.." stammelte ich noch immer überwältigt und löste mich langsam von ihr. Ares, Ren und Elija kamen gleichzeitig auf mich zu und drückten mich ganz fest. "Endlich bist du wieder da." sagte Ares und boxte mir spielerisch gegen die Schulter. Soma stand an einen der Stützpfosten gelehnt und sah mich einfach nur lächelnd an. Als sich alle etwas beruhigt hatten kam auch er auf mich zu und nahm vorsichtig meine Hände in seine. Mit der einen Hand schloss er mich in eine sanfte Umarmung, während die andere Hand meine hielt. "Schön das du wieder da bist." Flüsterte er mir ins Ohr bevor er sich wieder von mir löste.

"Aber..ihr..wart doch gar nicht hier?! Ihr..hattet doch..und Clyde.." versuchte ich zu begreifen wann sie das eigentlich alles geplant und auf die Beine gestellt hatten. "Wir haben das nur als Ausrede benutzt" lachte Tory und hob entschuldigend die Arme. "Ihr habt was?" Fragte ich überrascht und schüttelte nur den Kopf. "Ohne witz, das war echt glaubhaft." musste ich Tory und Ares zugestehen, welche sich nur selbstgefällig angrinsten. "Na los kommt, jetzt wird gefeiert. Der Alkohol trinkt sich nicht von selbst leer." Meinte Ares und rieb sich bereits die Hände. Die anderen stimmten ihm freudig zu und machten sich über die Plastikbecher und die Flaschen her. Auch ich bequemte mich nach drüben zum Tisch und nahm mir einen Becher, den Soma mir wieder aus der Hand nahm. "Maximal fünf Becher." meinte er trocken und ich hob überrumpelt die Augenbrauen. "Was?" entkam es mir und er sah mich nur warnend an. "Du hast schon verstanden, fünf Becher." widerholte er sich und sah mich ernst an. "Aber..aber wieso denn?" Fragte ich gespielt beleidigt. "Weil ich nicht will, das du dich im Suff noch mehr verletzt." Erklärte er mir, als wäre ich ein kleines Kind. Schmollend sah ich ihn an. "Das ist unfair! Ihr dürft trinken so viel ihr wollt und ich soll das nicht dürfen? Obwohl ich der eigentliche Grund für das Alles hier bin?" konterte ich noch immer beleidigt. Er sah sich im Raum um und schien nachzudenken. "Komm schon...du bist doch die ganze Zeit dabei." Bettelte ich weiter und er verdrehte nur die Augen. "Ich weich dir nicht von der Seite verstanden?" Antwortete er mir und wenn mein Herz nicht in meiner Brust verankert wäre, wäre es spätestens jetzt herausgesprungen. "Verstanden." Sagte ich und schmunzelte - Als würde ich das freiwillig ausschlagen.

-Cassia-Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt