Der Tag der Abreise war nun gekommen und meine Reisetasche stand fertig gepackt in meinem bald -ehemaligen- Zimmer. Zum letzten Mal schaute ich mich um, um zu checken ob ich etwas vergessen hatte. Doch eigentlich blieb nicht viel übrig an Dingen, die ich mitnehmen wollte. Alles hier erinnerte mich an mein beschissenes Leben, also fiel es mir nicht sonderlich schwer nur das Nötigste einzupacken. Ich schleppte meine Tasche die Treppen hinunter und griff mir im vorbei gehen noch meine Jacke.
„Na bist du bereit?" fragte Dad mich lachend, während er das Auto startklar machte. Er würde mich noch zum Flughafen fahren, den Rest der Strecke würde ich mit dem Flugzeug zurücklegen. Es waren schließlich nahezu 2500 Meilen, also umgerechnet 38 Stunden Autofahrt. Gespielt setzte ich ein glückliches Lächeln auf „Natürlich Dad!" entgegnete ich ihm zuckersüß. Es triefte schon vor Ironie, was ihm natürlich nicht entging. Mit den Augen rollend verfrachtete er noch meine Tasche in den Kofferraum unseres Wagens. „So schlimm wird es nicht werden glaub mir. Und Hey, sieh es positiv Schatz. Du musst Abrin nicht mehr über den Weg laufen" zwinkerte er mir zu. Nun war ich es, die die Augen verdrehte.
„Also hast du alles?" fragte er mich noch einmal bevor wir schließlich einstiegen und losfuhren. Die gesamte Fahrt über sprachen wir nicht sonderlich viel. Dad hatte sich extra den halben Tag heute frei genommen, um mich zum Flughafen der nächst größeren Stadt fahren zu können, da wir so einen Luxus leider nicht besaßen hier in Delta. Von Mom hatte ich mich bereits gestern Abend verabschiedet, da sie so kurzfristig leider nicht frei bekam. Ich stöpselte meine Kopfhörer in meinen Ipod, da ich mein Handy ja gegen die Wand pfefferte -ihr erinnert euch? Während leise Fall out Boy durch die Stecker summte driftete ich in einen leichten Schlaf. Als Dad mich weckte, um mir zu sagen dass wir angekommen waren erinnerte ich mich daran einen seltsamen Traum gehabt zu haben -zum Glück wusste ich nichts mehr genaues, denn Abrin kam vor. „Also du weißt, wie du das mit dem Boarding hinbekommst?" fragte er mich eindringlich, da er es mir gestern gefühlte fünf Stunden erklärte. „Ja Dad, ich bin noch nicht dement." Seufzte ich. „Ist ja gut, hätte ja sein können, dass ich es dir noch mal erklären soll" lachte er.
Dad begleitete mich noch in den Eingangsbereich und verabschiedete sich dann von mir. „Cassia, ich bin nicht so gut mit Worten..aber das weißt du ja bereits." Nervös fuhr er sich durch die Haare. „Aber deine Mutter und ich wünschen dir wirklich einen tollen Start und eine wundervolle Zeit in Acadia. Ich weiß dein Leben verlief bisher nicht so, wie du und wir es uns gewünscht hatten, aber das wird sich garantiert ändern!" Strahlte er mich an. -Ja Dad, garantiert. Dachte ich mir frustriert, denn der Gedanke an das Video und das Bild wollte einfach nicht aus meinem Kopf verschwinden. Es war immer noch präsent im Netz. Immer abrufbar. Für jeden Menschen auf der Welt der meinen Namen in die Suchleiste eingab. Meinem Dad zuliebe zwang ich mir ein Lächeln ab. „Ja Dad, ich hoffe du hast Recht." Seufzte ich und fuhr mir müde über mein Gesicht. Ein zaghaftes Lächeln bildete sich auf seinen Lippen und er zog mich liebevoll in eine Umarmung, bevor ich auch schon durch die Sicherheitskontrollen ging. Flughäfen ätzten mich an. Alles war so kompliziert und umständlich organisiert -Taschenkontrollen, Personenkontrollen und, und, und. Als man uns endlich in die Maschine einsteigen ließ setzte ich mich genervt auf meinen Platz. Ich hatte leider einen direkt am Gang erwischt -wie ich Fliegen hasste. Am Gang bekam man alles mit. Jeder, der auf dem Weg aufs Klo war oder jeder, der sich die Beine vertreten wollte musste an einem vorbei.
Während des Fluges schaffte ich es, welch Wunder, wirklich nicht zu schlafen -Woran das wohl gelegen hat. Stattdessen versuchte ich mich mit ein paar Filmen abzulenken, die die Fluggesellschaft anzubieten hatte. Einige hatte ich bereits gesehen und andere kannte ich davor noch nicht, doch spätestens nachdem ich sie ansah wusste ich wieso ich sie nicht kannte -sie waren echt schlecht. Mein Flug war ein Direktflug und dauerte in etwa zwei ein halb Stunden. Immerhin musste ich nicht endlos lang in diesem Flieger sitzen. Ich scrollte gerade durch die Filmauswahl, als ich hörte, wie eine der Stewardessen eine Ansage machte.
„Liebe Passagiere! Wir werden in wenigen Minuten den Flughafen von Maine erreichen. Die gesamte Crew möchte sie darum bitten das Flugzeug bei der Landung ruhig und geordnet zu verlassen und sich zur Gepäckausgabe zu bewegen. Außerdem wünschen wir ihnen eine angenehme weiterreise und einen angenehmen Aufenthalt in Maine!"
Ich schaute auf und starrte auf das kleine Display, welches unsere Route und die restliche Flugzeit anzeigte. Leider befand sich besagtes Display ganz vorne am Gang. -11 Minuten- konnte ich schwach erkennen, da ich meine Brille natürlich im Rucksack ließ. Eigentlich fand ich sie gar nicht hässlich oder peinlich, doch Abrin hatte vor zwei Jahren damit angefangen mich mit ihr aufzuziehen. Also beschloss ich Kontaktlinsen zu tragen. Ich wollte sie aber nicht auf solch einer Reise tragen, also trug ich einfach gar nichts. So blind war ich nun doch nicht, das ich es so nötig hätte. Ich war Kurzsichtig, also sah ich schlecht in die Ferne alles andere war klar erkennbar. Die Passagiere um mich herum wurden langsam nervös und fingen an ihre Habseligkeiten wieder in ihre Taschen zu packen. Auch ich fing an meinen Ipod und den restlichen kram der auf meinem kleinen Klapptisch lag zurück in meine Tasche zu packen.
Mom sagte mir noch, dass am Flughafen jemand vom Internat auf mich warten würde um mich sicher hinzubringen. Ich sollte also Ausschau halten nach jemandem mit so einem dämlichen Schildchen auf dem mein Name drauf stand. Als ich aus den ganzen Schleusen und den erneuten Kontrollen heraus kam suchte ich nach besagter Person mit Schildchen. Ich war leider nicht besonders groß und die Menschenmassen vor mir machten es mir auch nicht gerade leichter etwas zu erkennen. Als sich die Massen etwas verteilten und sich ein paar Lücken bildeten konnte ich immer mehr Personen erkennen, die solch ein Schild hochhielten. Angestrengt versuchte ich zu lesen, was auf den weißen Pappstücken stand -vielleicht hätte ich doch meine Brille aufsetzen sollen bevor ich ausstieg. Nun war es eben so und ich kämpfte mich in die ersten Reihen, um besser lesen zu können. Schließlich sah ich einen etwas älteren Herren ganz in schwarz gekleidet mit einer Hornbrille rechts von mir stehen.
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-Cassia-
Fiksi Remaja„Manche Sätze brennen sich in dein Gedächtnis und du bekommst sie dort nicht mehr raus, egal was du tust." -Unkonwn Cassia - Ein 15 jähriges Mädchen, dass auf den ersten Blick völlig normal erscheint. Doch sieht man genauer hin, kann man tiefe Traue...