-Kapitel 20-

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Ich dachte an dem Abend noch viel über Soma und die neuen Rekruten nach. Ich wurde zunehmend nervös, da ich ein wenig Angst vor der neuen Zimmeraufteilung hatte. Würde ich ein Mädchen bekommen, so wie ich es wollte oder einen Jungen? Und würde dieser Junge dann nett sein oder so wie..-Abrin. Unwillkürlich dachte ich an unseren Kuss. Unseren ersten Kuss meinte ich. Er war so selbstsicher und fordernd gleich zu Beginn an. Und, wie seine Hand meinen Rücken hinunter glitt und er in meinen Po kniff..das Alles erschien mir im Nachhinein so geplant und organisiert -Natürlich, er hatte es ja auch genau darauf angelegt. Doch dann erinnerte ich mich an unseren zweiten Kuss hinter unserer Hecke. Dieser Kuss war so anders, so vorsichtig und beinahe schon, naja -unschuldig. Wie er zaghaft näher kam um sicher zu gehen, dass ich das auch wirklich wollte, wie er dann ganz langsam anfing seine Lippen gegen meine zu bewegen.. Je mehr ich darüber nachdachte, desto mehr verwirrte es mich, denn ich wurde einfach nicht schlau daraus. Einerseits war er so unausstehlich und fordernd aber andererseits war er so sanft und zögernd gewesen.

Ich wälzte mich genervt im Bett umher. Es war erst neun Uhr abends, doch ich wollte einfach nur noch schlafen auch wenn ich noch gar nicht müde war. Seufzend stieß ich die Bettdecke von mir. Ich ging an meinen Schreibtisch und setzte mich. Das riesige Fenster gleich vor mir ließ den Mond den Raum erhellen und ich sah hinauf zu den Sternen. –Was denkt sich Gott nur dabei?- schoss es mir durch den Kopf. Wieso mussten ein paar Menschen so viel mehr ertragen als andere? Hatte das überhaupt einen Sinn?

Ich wurde gläubig erzogen, doch bisher zweifelte ich immer insgeheim daran. Wenn es so etwas wie einen Gott gab, wieso ließ er das alles zu, was mir passierte? Ich fand noch keine Antwort darauf. Vielleicht würde ich auch nie eine bekommen. Fakt war nur, das mein Leben so wie es bisher ablief alles andere als fair und schön war. Sicher, ich hatte eine intakte Familie, liebende Eltern die sich um mich sorgten und kümmerten. Doch wenn ich mir die anderen ansah wurde ich wütend. So jemand wie Abrin hatte ebenfalls liebende Eltern, die dazu noch sehr wohlhabend waren. Er hatte einfach –alles-
Schon früher bekam er alles was er wollte. Spielzeug, Kleidung, ein Motorrad und nun sogar ein Auto. Hinzu kommt, das er der beliebteste Junge der Schule war und ihm die Mädchen scharenweise hinterher rannten. Er konnte sich alles erlauben. Genau wie Melanie. Sie war sozusagen der weibliche Abklatsch von Abrin. Sie hatte ebenfalls viel Geld und Ansehen in der Schule. Sie würdigte mich keines Blickes solange Abrin nicht dabei war, doch sobald er in ihrer Nähe war nutzte sie die Gelegenheit und machte mir das Leben schwer, um seine Aufmerksamkeit zu gewinnen -mit Erfolg. Ich hörte, das sie einige Male ausgingen und sogar schon mehr gelaufen sein sollte als nur –rummachen-

Wütend schlug ich mit der Faust auf den Tisch. Nun war ich schon Meilenweit entfernt von diesen Idioten und trotzdem, geisterten sie noch immer in meinen Gedanken umher. Zähneknirschend starrte ich auf die Tischplatte und ignorierte das Pochen in meiner Hand. Meine Gedanken wurden jeher unterbrochen, durch ein leises Klopfen an der Tür. Hektisch schoss mein Kopf in die Richtung aus der es kam und ich schaute einige Sekunden zur Türe. -Hatte sich da jemand an der Tür geirrt?- dachte ich verwundert und stand auf. Ich öffnete langsam die Tür und Mrs. Blackwell stand vor mir. Aber sie war nicht allein. Sie hatte ein Mädchen etwa in meinem Alter bei sich. Ich schaute zwischen den beiden hin und her und sah den Koffer den sie dabei hatte. Mein Blick blieb einen Moment an ihr hängen. Sie hatte langes schwarzes Haar und tief braune Augen. Außerdem war sie nahezu komplett in schwarz gekleidet und an ihrem Arm hingen einige Lederarmbänder. Eines war schwarz und aus Gummi. Auf ihm stand eine -7- in weißen Buchstaben -anscheinend gehörte sie ebenfalls zu diesem Gebäudeteil. Verwirrt sah ich wieder zu Mrs. Blackwell und zog die Augenbrauen hoch.

„Guten Abend Miss Peers. Verzeihen sie bitte die späte Störung, doch ich bin hier um ihnen ihre neue Mitbewohnerin vorzustellen. Das ist Tory Ferris und sie ist schon seit dem fünften Schuljahr bei uns also hat sie lediglich ein Jahr Vorsprung ihnen gegenüber." Sagte sie zwinkernd. „Sie wurde ausgelost ihre Zimmerpartner zu tauschen, um ihnen nun ein wenig zur Seite zu stehen. Ich hoffe sie beide werden sich gut verstehen und sich schon bald zurechtfinden." Fuhr sie fort. Perplex starrte ich sie einfach nur an und nickte. „Miss Ferris, das ist Cassia Peers und sie ist neu hier. Ich möchte das sie ihr ein wenig dabei helfen hier klar zu kommen und soziale Kontakte zu knüpfen." Richtete sie sich an Tory, welche nur desinteressiert ihre Nase rümpfte. Tory stieß die Tür nun komplett auf und schritt missbilligend an mir vorbei. „Sehr schön. Also ich werde nun wieder gehen und ihnen Zeit geben sich richtig kennenzulernen. Ich wünsche eine angenehme Nacht." Verabschiedete sich Mrs. Blackwell und ging davon. Ich schaute ihr noch kurz hinterher bevor ich die Tür wieder schloss. Ich sah, wie Tory ihren Koffer bereits auf ihre Seite des Zimmers stellte und sich aufs Bett schmiss -anscheinend war sie müde. Ich lief unbeholfen wieder zurück und setzte mich auf mein Bett. -Sollte ich vielleicht zuerst etwas sagen?- fragte ich mich und überlegte. Ich wollte auf keinen Fall den ersten Eindruck ruinieren. Während ich grübelte schaute Tory nur abfällig in meine Richtung.

„Hey!" Erschrocken blickte ich auf. "Also, wie es aussieht werden wir uns nun dieses Zimmer wohl teilen müssen und ich will gleich mal zu Anfang ein paar Dinge klarstellen." Fing sie an -Na super, die scheint ja nicht sonderlich freundlich drauf zu sein. Ich schluckte unsicher und wartete darauf, dass sie fortfuhr. „Meinen Namen kennst du ja bereits also können wir gleich zu den wichtigen Themen kommen. Ich habe nur ein paar Regeln. Erstens, wir werden nicht sowas wie -Freundinnen- das brauche ich nämlich nicht. Zweitens, wir sind lediglich Zimmerpartner also will ich im Unterricht nicht neben dir sitzen, in den Pausen nicht mit dir essen und in meiner Freizeit auch nichts mit dir unternehmen." Ich starrte sie mit offenem Mund an und wusste ehrlich gesagt nicht, was ich darauf antworten sollte. Ich hatte so sehr gehofft eine Mitbewohnerin zu bekommen mit der ich mich gut verstand und mit der ich mich anfreunden konnte, doch wie so oft meinte es das Schicksal nicht gut mit mir, wie es schien.

„Hey, hast du mich verstanden?" fragte sie mich herrisch. Ich brachte kein Ton heraus. Sie schüchterte mich innerhalb weniger Sekunden ein. Ich nickte nur langsam und schaute zu Boden. „Gut, dann wär das ja geklärt." Entgegnete sie eisig und drehte sich auf die andere Seite.

-Cassia-Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt