- Kapitel 90 -

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Als wir zu Hause ankamen versorgte meine Mom mich sofort und ich kam mir wieder wie ein kleines Kind vor. Ich schwieg beinahe die ganze Zeit und verzog keine Miene. Auch nicht, als sie meine Wunden mit Desinfektionsmittel reinigte. Ich war, wie in Trance - Nicht wirklich hier aber auch an keinem bestimmten Ort.

"Schatz..ich..hast du die Wahrheit gesagt?" fragte sie mich irgendwann und ich bewegte nur meinen Blick zu ihr. Ich konnte es ihr nicht sagen, denn dann würde sie schneller wieder bei den Winchesters vor der Tür stehen als ich schauen konnte. "Ja Mom. Es war wirklich nur ein Unfall." Antwortete ich ihr ausdruckslos und lief bereits aus dem Zimmer um mich umzuziehen. Sie sah mir skeptisch hinterher und auch Dad musterte mich mitleidig. Ich lief langsam die Stufen hinauf und schloss sachte meine Zimmertür an der ich langsam hinunterglitt. Ich unterdrückte aufsteigende Tränen und legte meinen Kopf auf die Knie. Es tat höllisch weh, doch ich ignorierte den Schmerz. Ich wollte nicht mehr hier sein! Ich wollte zurück nach Acadia! Zurück zu meinen Freunden! Ich musste noch vier Tage hier aushalten erst dann konnte ich endlich wieder zurück. Seuftzend hob ich meinen Blick wieder. Er war verschwommen und ich konnte nur die Umrisse meines Bettes erkennen. Ich fasste an den Funker in meinem Ohr und schaltete ihn zum ersten Mal seit ich hier war ein. Ich musste einfach mit jemandem darüber sprechen! Jemanden fragen, ob es wirklich die richtige Entscheidung gewesen war zu lügen!
Es rauschte für einen Moment und ich stellte ihn so ein, das nur Tory mich hören konnte. Ich versuchte sie zu erreichen, sagte mehrfach ihren Namen, schrie ihn sogar am Ende, doch sie antwortete nicht. Wütend schmiss ich ihn aufs Bett und krabbelte hinüber an den Schreibtisch auf dem meine Tasche lag. Ich kramte mein Handy heraus und wählte mit verschwommener Sicht Torys Nummer. Sie war sogut, wie immer am Handy also musste sie einfach ran gehen.

Es wählte und ich wartete darauf, das sie abhob. Es kam mir wie eine Ewigkeit vor bis ich ihre Stimme hörte. "Hey Cas!" rief sie freudig ins Telefon. "Naaa konntest es doch nicht so lange aushalten ohne mich, was?" Fügte sie lachend hinzu, doch mir war momentan überhaupt nicht zum Lachen zumute. "Tory.." krächzte ich, da ich mir noch immer die Tränen verkneifen musste. "Cassia?" fragte sie besorgt und ihr Lachen verstummte augenblicklich. "Was ist denn los?" fragte sie weiter und ich schniefte nur. "Ich muss dir was erzählen.." Antwortete ich ihr, als ich mich für einen kurzen Moment beruhigt hatte. Und so berichtete ich ihr von dem beschissenen Abendessen und dieser beschissenen Familie. Sie hörte mir aufmerksam zu und schnaubte immer wieder wütend, doch beherrschte sich mich nicht zu unterbrechen. Als ich ihr dann von der Umarmung am Ende erzählte konnte sie sich allerdings nicht mehr zurückhalten.

"Dieses verdammte Arschloch! Wie kann er es wagen! Ich schwöre dir ich packe die Anderen ein un-" wetterte sie wütend, doch ich unterbrach sie. "Und dann was? Wollt ihr ihn umbringen?" fragte ich aufgebracht. Sie verstummte und auch ich atmete tief ein und aus. "Tory..Abrin ist unantastbar! Das war er schon immer und wird es immer sein..Selbst wenn ich die Wahrheit gesagt hätte, was hätte das geändert? Meine Eltern müssten sich noch immer mit diesen Wichsern hier in der Stadt rumschlagen und Abrin wäre trotzallem noch immer ein Engel für alle!" schrie ich schon fast und bremste mich etwas, da ich nicht wollte, das meine Eltern etwas von diesem Gespräch mitbekamen. Tory seufzte und suchte nach Worten. "Cas..ich finde das wirklich ehrenhaft, das du das Alles für deine Eltern tust aber findest du nicht..das du dir damit zu viel aufbürdest?" fragte sie mich niedergeschlagen und ich musste ihr zustimmen. Klar war das zu viel für mich! Aber was sollte ich denn tun? Es waren meine Eltern..

"Ja..aber das spielt doch keine Rolle, oder? In ein paar Tagen bin ich wieder für 2 Monate in Acadia aber meine Eltern..sie sind immer noch hier." entgegnete ich ihr ruhiger. "Es ist dein Leben Cas, ich will dir da nicht reinreden. Wenn du sagst du bist stark genug um das durchzustehen dann glaub ich dir das und steh auch voll hinter dir." Sagte sie und ich musste schmunzeln. Sie wusste irgendwie immer, was man in solchen Situationen sagen musste auch wenn sie eigentlich ein ruppiger Mensch war. "Tut es denn sehr weh?" Fragte sie mich nach einer kurzen Zeit und ich erinnerte mich wieder an meine Schmerzen. "Es sind nur Kratzer und vermutlich ne kleine Platzwunde..das wird schon wieder." schniefte ich und wischte mir die Tränen aus den Augen. "Ich verspreche dir damit wird er nicht einfach so davonkommen." meinte sie dann nur und ich runzelte meine Stirn etwas. "Wie meinst du das?" fragte ich sie verwundert und hörte sie nur kichern. "Lass das mal meine Sorge sein. Sieh du erst mal zu, das du wieder fit wirst. Nach den Ferien beginnt dein Kampfunterricht mit Roy und dafür wirst du deine Kraft brauchen." lachte sie und ich seufzte ergeben. "Ohman, den hab ich ja fast vergessen.." murmelte ich und hörte Tory lachen. "Ohja, das wird lustig. Zumindest für uns." fügte sie hinzu und ich musste lachen.

Wir sprachen noch ein wenig über die letzten Tage und was die Jungs so anstellten. Es stellte sich heraus, das der Funker wohl eine zu kleine Reichweite hatte, als das er hier funktionieren konnte - Zum Glück hatten wir unsere Nummern ausgetauscht. Ich erzählte ihr von meiner neuen Jacke, die ich kaufte und sie lobte meinen Geschmack. Sie meinte es wäre nicht so witzig zu Hause und das ich fehlen würde, was mich wehmütig stimmte.
"Ich vermisse euch alle auch wahnsinnig! Vor allem nach diesem Abend.." seufzte ich. "Glaub mir wenn ich da gewesen wäre dann.." fluchte sie wieder und ich grinste. "Schon gut Rambo komm wieder runter." sagte ich lachend. "Weiß Soma eigentlich schon davon?" fragte sie mich neugierig und ich seufzte. "Nein..ich hab es nur dir erzählt..ich weiß nicht wieso ich es ihm sagen sollte. Er meinte zwar, das wenn etwas sein sollte..aber was könnte er denn schon ändern wenn er es wüsste?" Fragte ich traurig und erwartete schon gar keine richtige Antwort mehr. "Glaub mir er könnte ne Menge dagegen tun..genau wie der Rest von uns." meinte sie und ich konnte förmlich hören, wie sie teuflisch grinste. "Tory..das ist lieb gemeint aber.." begann ich, doch sie unterbrach mich. "Pass auf, er hat gesagt du sollst ihm Bescheid geben wenn etwas passiert also tu's einfach." maulte sie und ich ergab mich. "Na schön, ich werd ihn gleich anrufen, okay?" meinte ich und sie stimmte mir nur zu. "Cas? Ich bin echt stolz auf dich. Du hast dich so gut geschlagen und was du für deine Eltern tust ist wirklich unglaublich." sagte sie und ich musste lächeln. "Danke Tory.." meinte ich bevor wir auflegten.

Eine Weile blieb es still und ich sah auf die Uhr. Es war schon nach Mitternacht und ich fragte mich, ob Soma überhaupt noch wach war. Tory hatte recht. Er hatte mir gesagt ich sollte ihn anrufen wenn etwas passierte also wieso nicht? Ich wählte seine Nummer und es piepte. Nervös biss ich mir auf die Unterlippe und mein Puls erhöhte sich schlagartig. Als ich schon wieder auflegen wollte hörte ich plötzlich einen verschlafenen Soma am anderen Ende der Leitung.

"Hallo?.." meldete er sich und für einen kurzen Moment war mein Kopf, wie leer gefegt. "H-hey.." sagte ich nervös stammelnd und schlug mir gedanklich an den Kopf. Konnte ich nicht mal ein Wort deutlich herausbringen wenn ich mit ihm sprach?

"Cassia?" Fragte Soma irrietiert und mein Herz schmolz bei der Art und Weise, wie er meinen Namen sagte dahin. "Ja..ich bin's." Antwortete ich ihm schüchtern. "Ist was passiert?" fragte er mich besorgt und klang plötzlich hellwach. "Ich..naja.." druckste ich herum und hörte ihn seuftzen. "Beruhig dich erstmal Kleine." sagte er ruhig und ich atmete tief durch. Ich erzählte ihm, was passiert war und das ich auch schon mit Tory darüber gesprochen hatte. Ich brauchte immer wieder eine Pause um nicht völlig aufgelöst weiter zu sprechen, doch Soma ließ mir die Zeit. Ich war ihm unendlich dankbar dafür, das er mir überhaupt zuhörte.

"Dieser verdammte Hurensohn." meinte er am Ende wütend und ich schniefte nur wieder. "Ich sagte doch er ist ein Arsch." Antwortete ich ihm niedergeschlagen. "Keine Sorge. Tory hat recht. Er wird nicht ungesatraft davon kommen, das versprech ich dir Kleine." Ich runzelte wieder meine Stirn. "Was meinst du damit? Ihr seid doch so weit weg..wie wollt ihr da was ausrichten?" fragte ich ihn geistesabwesend, da ich mir wünschte in meinem Zimmer der Bolt Manor zu sein - neben Tory und neben Soma. "Das wirst du noch sehen. Ich muss nicht zwangsweise bei dir sein um dich zu beschützen, auch wenn mir das lieber wäre." Meinte er und ich spürte, wie mein Herz mir in die Hose sank. Er war so unglaublich süß, obwohl er immer so eisig wirkte.

"Soma..ich.." begann ich, doch er unterbrach mich. "Nein Cassia. Wenn dich jemand verletzt und sei es nur ein einziger Kratzer dann bekommt er es mit uns allen zutun. Du gehörst zu uns und wir beschützen uns." Ich musste Lächeln bei seinen Worten, da es sich so wahnsinnig gut anfühlte sie zu hören. Ich gehörte zu ihnen..das hatte ich mir so lange gewünscht! Dazu zu gehören..
"Versuch ein bisschen zu schlafen Kleine. Ich ruf dich morgen noch mal an. Du brauchst jetzt Ruhe, okay?" meinte er und ich stimmte widerwillig zu, da ich nicht aufhören wollte mit ihm zu reden. Doch er ließ keine Widerworte zu und verabschiedete sich von mir bevor wir auflegten.

Mit einem besseren Gefühl kroch ich unter meine Bettdecke und versuchte Somas Rat zu befolgen und trotz der höllischen Kopfschmerzen einzuschlafen.

-Cassia-Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt