- Kapitel 89 -

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Abrin stand weiterhin nur vor mir und starrte mich an. Ich sah, wie sein Blick auf und ab glitt und fühlte mich irgendwie unwohl dabei. Mit ihm zu reden war mir wesentlich lieber, als mich begaffen zu lassen. "Immer noch so überzeugt von dir?" fragte ich ausdruckslos und sah ihn dabei nicht an. Er stieß die Luft aus und verdrehte dabei höchstwahrscheinlich sein Augen. "Immer noch so eine Looserin?" stellte er spottend die Gegenfrage, welche ich mit einem herzhaften Lachen quittierte. Er sah mich verwundert an, doch fing sich schnell wieder. "Weißt du, da wir sowieso diesen Abend hier zusammen verbringen müssen, wie wärs mit einem Spiel?" Fragte ich ihn zuckersüß lächelnd. Dieses Spiel hatte Tory mir gezeigt und wir spielten es in der Hütte beinahe jedes Mal. Es brauchte also auch niemanden wundern, das ich ziemlich gut darin war.

"Pff, wieso sollte ich mit dir ein Spiel spielen? Ich könnte dich genau so gut hier sitzen lassen und mich an meine Playstation ransetzen." Fragte er hämisch lachend. Ich zuckte nur mit den Schultern und seufzte. "Ja, das könntest du..aber ich frage mich, wie deine Mom wohl darauf reagieren wird wenn ich ihr das erzähle?" Stellte ich ihm die Gegenfrage und sah ihn wartend an. Sein Ausdruck verdunkelte sich wieder und er ließ seine Arme sacken. "Du kleines hinterhältiges..-" begann er mich zu beleidigen, doch ich unterbrach ihn. "Na-a-a, wer wird hier denn gleich wieder ausfallend." grinste ich und erhob mich von der Bank. "Wer denkst du eigentlich wer du bist huh?! Denkst du ehrlich ich würde mich von dir erpressen lassen?" schrie er mich an, doch ich verschränkte nur meine Arme vor der Brust. "Ach, aber als du das mit mir abgezogen hast war das Okay, huh?" Schrie ich ebenfalls. Es war das aller erste Mal das ich ihn anschrie, das ich mich überhaupt so sehr gegen ihn wehrte und spürte, wie meine Hände zitterten. Er sah wütend aus und ich hatte trotz meines neu gewonnen Selbstvertrauens noch immer Angst vor ihm. Ich beherrschte mich enorm und dachte an Soma, wie er mich vor unserem letzten Auftrag beruhigte. Ich dachte an seine Worte.. Wie kommst du nur auf die Idee, das du es nicht schaffen könntest?

Er hatte recht! Ich konnte diesen Abend hier überleben, da hätte Abrin alles versuchen können, was er wollte, doch ich ließ mich nicht mehr einschüchtern. Wütend ballte ich meine Hände zu Fäusten und sah ihn zornig an.
"Weißt du was, vergiss es! Ich hab echt versucht mit dir zu reden aber anscheinend hasst du mich tatsächlich so sehr, das du nicht einmal für ein paar Stunden aufhören kannst dich wie ein kompletter Wichser zu verhalten!" Schrie ich wütend und drehte mich bereits um. "I'm out of here." Murmelte ich und ließ ihn dort einfach stehen. Ich war bereits einige Schritte gelaufen, als ich hinter mir ein wütendes stampfen wahrnahm, doch das war mir egal - Ich lief unbeirrt weiter. Plötzlich wurde ich an der Schulter gepackt und herumgeschleudert. Abrin sah mich zornig an und sein Blick hatte etwas verrücktes an sich, das mir wirklich Angst bereitete. "Ich lasse mich doch von dir nicht erpressen!" Schrie er auf mich ein und drückte mich immer weiter an den Rand des Weges. Die Büsche kamen immer näher und ich versuchte mich mit aller Gewalt gegen ihn zu stemmen, doch er war einfach zu stark. "Und schon gar nicht als Wichser beleidigen! Nein! Nicht von dir du Miststück!" schrie er weiter und drückte noch fester gegen meine Schultern. Ich spürte, wie ich langsam das Gleichgewicht verlor, das der Wegrand bereits unter meinen Schuhen endete und ich in den hohen Hacken sowieso nicht so standhaft war. Er verpasste mir einen ordentlichen Schubser und ich merkte, wie ich fiel. Leider war der Wegrand nicht eben mit der Böschung und so kam es, das ich mit meinem Fuß einen kleinen Abhang hinunter rutschte bevor ich letztlich zu Boden fiel. Für einen Moment drehte sich die Welt für mich und meine Sicht war verschwommen, da ich mit dem Gesicht voraus nach unten gefallen war - Anscheinend hatte ich mich während des Falls irgendwie gedreht. Mit zittrigen Händen versuchte ich mich aufzuraffen, doch fasste dabei in unzählige Dornen. Meine Hände waren übersäht mit Kratzern aus denen auch etwas Blut strömte. Ich versuchte das Brennen zu ignorieren und mich aufzuraffen, doch auf einmal begannen fürchterliche Kopfschmerzen und ich fasste mir an den Kopf. Ich spürte etwas warmes und dickflüssiges meine Stirn entlanglaufen und wunderte mich ob ich auf eine Nacktschnecke gefallen wäre und diese zerdrückt hätte, doch als ich meine Hand ansah erkannte ich, das es Blut war - Mein Blut.

"Fuck!" entkam es Abrin und sprang ebenfalls über den Wegrand. Er bahnte sich den Weg hindurch zu mir und packte mich unter den Schultern. Er zog mich auf die Beine und hob mich über den kleinen Abstand hinweg auf den gepflasterten Weg. Für einen kurzen Augenblick sah ich ihn doppelt vor mir und schwankte, da er mich los ließ um selbst wieder auf den Weg zu steigen. Anschließend stützte er mich wieder und fragte mich, ob ich laufen konnte. Ich hörte seine Stimme nur dumpf und hielt mir wieder den Kopf. Er fackelte nicht lange und hob mich hoch. Mit mir auf seinen Armen lief er wieder ins Haus und direkt in die Küche, wo er mir ein Kühlpack gegen die Stirn drückte. Die Bediensteten sahen uns seltsam an, doch ihn schien das nicht zu interessieren. Er murmelte nur ein "Kein Wort zu meinen Eltern." und widmete sich wieder mir. Langsam klärte sich meine Sicht, doch meine Kopfschmerzen verschlimmerten sich. Ich fragte mich auf was ich eigentlich gefallen war und schlug seine Arme von mir.

"Alles in ordnung?" fragte er mich wieder panisch und ich sah ihn nur entgeistert an. "Fuck!..Du bist auf einen dieser dummen Dekosteine gefallen und ich.." begann er, doch ich hob nur meine Hand und senkte den Blick. Er verstummte und sah mich mit einem undefinierbaren Blick an. Da sich meine Sicht bereits wieder normalisiert hatte versuchte ich aufzustehen, doch schwankte noch etwas, weshalb Abrin mich wieder stützte. Ich schlug seine Arme erneut weg und legte das Kühlpack auf die riesen Kücheninsel in der Mitte des Raumes. Anschließend atmete ich tief durch und lief so gut es ging zum Ausgang. Abrin stand wie fest gewurzelt da und sah mir nach, während ich bereits auf das Esszimmer zusteuerte. Er befreite sich zu lansgam aus seiner Starre und ich stand bereits neben meiner Mutter, als er zerstreut in den Raum kam.

"Ich..ich kann das erklähren!" stammelte er unbeholfen und alle sahen ihn verwundert an. "Schon gut mein Junge. Cassia war gerade dabei zu erzählen, was passiert ist." winkte sein Vater locker ab und er verkrampfte sich augenblicklich. "Aber-" setzte er zu einem neuen Versuch an, doch sein Vater warf ihm nur einen mahnenden Blick zu bis er wieder wartend zu mir sah. Meine Gedanken rasten chaotisch durch meinen Kopf und ich realisierte, das ich nun die Kontrolle hatte. Ich konnte ihn schamlos auffliegen lassen und erzählen, was er mir mal wieder angetan hatte. Ich konnte ihn erledigen! Das einzige wovor er anscheinend einen Funken Respekt besaß waren seine Eltern also hatte ich ihn somit in der Hand. Doch..sollte dieser Abend eigentlich nicht anders ablaufen? Wollte ich nicht oberflächlich Frieden mit dieser verdammten Familie schließen? Ich vergass völlig für wen ich diese Qualen eigentlich durchstand! Sollte ich mich nun wieder einmal mit Abrin zerstreiten hatte dieses Abendessen keinen Sinn. Meine Eltern würden kochen vor Wut und sie würden noch immer im Klinsch mit den Winchesters liegen.

Meine Eltern sahen mich besorgt an und auch Abrins Mutter sah ehrlich bestürtzt aus. Ich seuftzte und schloss meine Augen. Es war die richtige Entscheidung sagte ich mir, wie ein Mantra auf bevor ich anfing zu sprechen "Es ist mir etwas peinlich muss ich gestehen..der Likör..er war wohl zu stark für mich gewesen und ich...ich stolperte über eine Unebenheit als Abrin mir den Rosengarten zeigte." Begann ich und sah, wie meine Eltern erleichtert ausatmeten. "Abrin war so nett und hat mich aus meiner misslichen Lage befreit. Er hatte mich in die Küche gebracht und mir ein Kühlpack gereicht." Fügte ich hinzu und sah nun auch bei seinen Eltern Erleichterung in den Gesichtern. Abrin war der Einzige, der kreidebleich und völlig perplex im Türrahmen stand und nicht wusste wohin mit sich.

"Ach Schätzchen..zeig mal her." murmelte Mom und begutachtete meine Hände. "Cassi.." Seufzte sie besorgt und Dad erhob sich ebenfalls. "Ich schätze wir beenden diesen Abend." Sagte mein Vater und kam zu mir rüber. "Natürlich! Die Gesundheit ihrer Tochter geht vor." Sagte Mr. Winchester und ließ nach unseren Jacken schicken. In der Eingangshalle verabschiedeten sich die beiden von uns und wünschten mir eine gute Besserung. Sie zogen sich bereits zurück und nur Abrin stand noch vor uns. Er reichte meinen Eltern die Hand und verabschiedete sich ebenfalls, doch nicht ohne darum zu bitten noch einmal einen Moment mit mir sprechen zu dürfen. Meine Eltern sahen sich verwundert an und schüttelten schon den Kopf, als ich zustimmte. "Das geht schon klar. Macht euch keine Sorgen." Meinte ich und schickte sie schon einmal vor.

Abrin sah mich irritiert an und ich wartete auf eine Reaktion seinerseits.

"Denk nicht, nur weil du mich gerade gedeckt hast wäre ich in Zukunft anders zu dir." Sagte er leise und kam dabei bedrohlich einen Schritt auf mich zu und tat so als würde er mich sanft umarmen. Ich ließ es zu um den Schein zu wahren, doch nicht ohne ihm zu antworten. "Denk nicht ich hätte das für dich getan." raunte ich ihm eisig zu und entfernte mich von ihm. Er sah mir perplex hinterher, als ich mich umdrehte und ging.

Erst als ich schon kurz vor unserem Auto ankam atmete ich die Luft aus, die ich scheinbar den ganzen Weg hierher angehalten hatte.

-Cassia-Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt