-Kapitel 17-

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Ich folgte Tia den restlichen Tag über und schaute mir den Unterricht an. Ich lernte auch noch weitere Absolventen kennen -Tias Freunde. Sie waren allesamt wirklich nett und hatten mich sofort positiv aufgenommen. Es war fast schon schade, dass sie bald von der Schule gehen würden. Ich saß also nun in einem der unzähligen Klassenzimmer und hörte gespannt dem Lehrer zu. Dahlia, eine von Tias Freundinnen die links von mir saß, klärte mich erneut darüber auf dass man die Lehrer hier nicht -Lehrer- nannte sondern -Magister-

-Wieso? Keine Ahnung aber anscheinend waren die Titel, die man hier trug im Allgemeinen merkwürdig und sonderbar. Ich lauschte also Magister Raven, wie er uns gerade erklärte was ein Betriebsabrechnungsbogen sei. Wirklich viel verstand ich davon nicht, doch Tia schmunzelte nur darüber. „Du kommst ja auch erst in dein sechstes Schuljahr hier" Verwirrt zog ich die Augenbrauen zusammen -sechstes Schuljar?- Soweit ich wusste hatte ich das bereits hinter mir. Dahlia kicherte „Das Schulsystem ist hier nunja, sagen wir mal -anders-„ Ich sah zu ihr hinüber und schenkte ihr einen verwirrten Blick, denn das es hier anders ablief war mir nicht entgangen. „Die Zählweise der Schuljahre ist ebenfalls eine Besonderheit der Bolt Manor." Fügte sie erklärend hinzu. Genervt schüttelte ich meinen Kopf „Also langsam komme ich mir vor, wie in einer anderen Welt." Seufzte ich, was mir ein synchrones lachen der anderen einbrachte. „Keine Sorge, du wirst-„ fing Dahlia an, doch ich wusste bereits was sie sagen wollte. „Jaja, ich werde mich schon noch dran gewöhnen hmm?" fiel ich ihr ins Wort. Etwas überrascht schaute sie mich zunächst nur an bevor sie erneut in leises Gelächter verfiel.

Augenverdrehend wandte ich mich zurück zu Magister Raven, der von unserem Gespräch glücklicherweise nichts mitbekam. Tia und ihre Freundinnen saßen nämlich prinzipiell relativ weit hinten, was absolutes Neuland für mich war. Auf der Delta Chambers suchte ich mir immer einen Platz ganz vorne, um keines der nervenden Gesichter sehen zu müssen. Und schon wieder spukte mir meine Vergangenheit in den Gedanken herum. Ich hatte gestern Nacht eigentlich beschlossen, das Alles hinter mir zu lassen und zu versuchen alles anders zu machen. Das war eine einmalige Chance, mein Leben in den Griff zu bekommen und die würde ich mir sicherlich nicht selbst verbauen! Soma würde ich einfach aus dem Weg gehen, so wie er es mir auch vorschlug. Dann würde er auch nicht mehr meine Gedanken beherrschen. Wenn ich mich wieder so darauf einschießen würde, würde das hier nur wieder genau so enden, wie die Sache mit Abrin -Nämlich mit ständiger Flucht.

Ich musste dieses Schüchterne Verhalten unbedingt ablegen, denn eigentlich war ich überhaupt nicht so. Klar, ich war kein aufgeschlossener und offener Mensch gewesen aber ich war zumindest nicht auf den Mund gefallen -also eigentlich. Als kleines Kind war ich recht Kontaktfreudig und fröhlich. Ich hatte eine gute Kindheit. Naja, bis zu dem Zeitpunkt an dem ich in die Grundschule kam. Da fing der Terror mit Abrin an. Er vergraulte mir meinen einzigen Freund, den ich noch aus dem Kindergarten hatte und breitete es auf alle Schüler der Klassen aus. Ab da fing ich an mich zurückzuziehen, mich abzukapseln. Oft versuchte ich noch etwas dagegen zu unternehmen und mir meine Meinungen und Empfindungen nicht verbieten zu lassen, doch Abrin wusste über sein Handwerk schon in Kindertagen genauestens Bescheid -ganz zu meinem Nachteil.

Aber hier würde das anders laufen! Der Anfang würde vielleicht schwer werden, doch einen Versuch war es allemal wert. Die seltsam melodisch klingende Schulglocke riss mich aus meinen Zukunftsplänen und ich merkte, wie Tia und Dahlia ihre Sachen zusammenpackten. Es war die letzte Stunde des Tages und somit hatten wir ab jetzt Freizeit. „Hey Cassia, ich wollte dich fragen ob du dich hier in Acadia bereits etwas umsehen konntest?" ertönte es von Dahlia neben mir. Hastig packte ich ebenfalls mein Zeug ein „Nein, um ehrlich zu sein nicht wirklich. Mr. Porter hatte mich vom Flughafen abgeholt und mich direkt hier her gefahren." Gab ich dumpf zurück, da ich soeben meinen Block in meinen Rucksack stopfte. „Okay Super!" rief sie und klatschte freudig in die Hände. Verwirrt schauten Tia und ich uns an bevor wir unseren Blick auf Dahlia legten. „Inwiefern ist das bitte Super?" fragten wir nahezu gleichzeitig. „Na weil Tia heute wieder mal mit exzessivem Lernen beschäftigt sein wird und ich noch in die Stadt muss." Seufzte sie als wäre es das Logischste der Welt. Ich begriff so langsam worauf sie hinaus wollte. „Also willst du mich stattdessen mitschleppen. Hab ich das richtig verstanden?" grinste ich. „Ganz genau." Schmunzelte sie und schob ihren Stuhl an den Tisch. „Ich halte das für eine gute Idee." Hörte ich Tia sagen „So lernst du die Umgebung ein bisschen kennen, etwas das ich dir leider nicht hätte zeigen können, da ich ja mit -exzessivem Lernen- beschäftigt bin und die Prüfungen nicht auf die leichte Schulter nehme." Lachte sie. „Spitze! Also abgemacht. Ich hol dich dann in einer halben Stunde ab, ja?" fragte Dahlia mich, als sie in einen Nebengang abbog. „Alles klar, bis später." Meinte ich lächelnd. Ich freute mich wirklich auf den kleinen Ausflug. Es würde sicherlich nicht schaden mich hier bereits etwas auszukennen bevor das Schuljahr losging.

Kurze Zeit später stand Dahlia auch schon vor unserer Tür und war leger gekleidet. Anscheinend mussten die Absolventen außerhalb der Schule ihre Uniformen überhaupt nicht mehr tragen. Ich hingegen schon, da wir Rekruten die Bolt Manor auch außerhalb präsentierten und unsere Zugehörigkeit stolz zeigen mussten. „Schließlich wird es nicht jedem erlaubt hier unterrichtet zu werden." Sagte Tia, als sie mich wenige Minuten vor Dahlias erscheinen aufklärte über die Regeln des -Freigangs- wie sie es liebevoll nannte.

Dahlia und ich machten uns auf den Weg zur nicht weit entfernten Bushaltestelle. Dort fuhr in etwa jede halbe Stunde ein Bus hinunter in die Stadt. Ich zupfte nervös an meinem Rock herum, da ich normalerweise nicht so herumlief und nun, da Dahlia auch keine Uniform mehr trug fühlte ich mich nur noch unwohler. Sie schien mein Unbehagen zu bemerken und stupste mich leicht in die Seite. „Hey nun schau doch nicht so! Freu dich doch endlich mal dieses Gefängnis verlassen zu können." Scherzte sie.

-Cassia-Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt