- Kapitel 108 -

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Ich schluckte mehrfach und blinzelte einige Male. Principal Welsh hatte mich eben tatsächlich auf die Gang angesprochen! Meine schlimmsten Befürchtungen hatten sich soeben bewahrheitet. Nun würden wir alle, oder zumindest ich, der Schule verwiesen werden dessen war ich mir sicher. Was sollte aus meinen Plänen werden? Ich wollte doch für Dad ein besseres Leben schaffen! Ich wollte so vieles erreichen! Wie konnte ein Mensch nur so viel Pech in seinem Leben haben?! Das war doch langsam wirklich nicht mehr fair!

"Ich werde ganz offen zu ihnen sein, Miss Peers. Ich weiß von den UT's und deren Untergruppe. Einige wenige meiner Rekruten sind Teil der UBW's und ich weiß, das sie ebenfalls eine wichtige Rolle übernommen haben - Die Rolle des Archer's." Begann er ohne Ausschweifungen. "Und wie ich höre machen sie das gerade in letzter Zeit ziemlich gut. Was mir allerdings Grund zum nachdenken verschafft ist, das sie sowohl schulisch auf dem besten Weg sind sowie auch ihre Aufgaben als Archers hervorragend erledigen. Auf den ersten Blick könnte man meinen, das dies doch perfekt sei. Nun, dem will ich nicht widersprechen, doch eine solche Leistungssteigerung ist meist eine Konsequenz von großem Stress. Etwas..traumatisches." Fügte er bedacht hinzu, doch ich konnte noch nicht reagieren, da ich mir noch immer komisch vorkam. Als wäre ich im falschen Film gefangen. Mein Direktor sprach gerade mir mir über höchst illegale Machenschaften und verzog dabei nicht den Hauch einer Miene. Skeptisch versuchte ich mein Gesicht zu wahren und hörte ihm weiterhin zu. "Ich war so frei und habe mir einige Informationen über sie einholen lassen. Ich weiß von ihrer schweren Vergangenheit und auch von der jetzigen Sitaution ihrer Eltern. Es muss hart für sie sein, Miss Peers. Es tut mir aufrichtig leid, was sie alles durchleiden müssen." Meinte er mitfühlend und faltete die Hände zusammen. Ich war rasend vor Wut. Was fiel ihm denn ein einfach so in meinem Leben herum zu wühlen?! Das konnte er doch nicht machen selbst wenn er mein Rektor war!? Das verletzte doch sicherlich ein paar Duzent Gesetze zum Schutz der Privatsphäre!

"Verzeihen sie, Sir, aber ich wüsste nicht was sie dazu berechtigt hat ihre Nase in mein Leben zu stecken." Zischte ich und versuchte mich zusammenzureißen. Er war immer noch mein Rektor! Derjenige, der meine Zukunft in den Händen hielt ich musste mich einfach beherrschen. Er zog nur überrascht die Augenbrauen hoch und hob abwehrend die Hände in die Luft. "Ich bitte um Entschuldigung. Das sollte sie keineswegs kränken. Ich habe nur ein großes Anliegen daran ihre Situation zu verstehen um ihnen bestmöglich zu helfen." Entschuldigte er sich und ich runzelte die Stirn. "Weshalb denn?" Entkam es mir bevor ich mich stoppen konnte. "Ich bin einer der führenden Gangmitglieder der UT's und somit ist es meine Aufgabe mich um meine Leute zu kümmern. Das betrifft natürlich auch die UBW's." Klärte er mich nun endlich auf und mir fiel die Kinnlade ins Bodenlose. "Sie sind..was?!" Hauchte ich schockiert und fasste mir gleich darauf an den Mund. "Ich kam ebenfalls nicht durch eine tolle Erbschaft oder durch die Geburt in eine reiche Familie an die Macht, Miss Peers. Ich habe mir alles erarbeiten müssen, genau wie sie alle auch." Fuhr er gedankenverloren fort und zeichnete mit seinen Fingern kleine Kreise auf den Tisch. "Ich weiß um Miss Ferris und Mister Parkers Vergangenheit. Ebenso um die der anderen Gang Mitglieder. Es ist meine Aufgabe merklich an eurer Ausbildung und Erziehung mitzuwirken." Fügte er hinzu. "Aber sie..die Zimmerkontrollen..und die Verwarnungen an Tory und die..die Handys..das Geld.." Stammelte ich verwirrt. Ich wusste nicht wo mir der Kopf stand. Er hatte sich die ganze Zeit über merkwürdig verhalten, das wusste ich von Anfang an, doch damit hatte ich definitv nicht gerechnet! Clyde sah so..so unglaublich böse aus und man konnte ihm förmlich ansehen kriminell zu sein, doch Principal Welsh..er passte absolut nicht in dieses Raster. Er fing an zu lachen und winkte ab. "Miss Peers, ich sagte doch das ich an eurer Ausbildung beteiligt bin. Dazu gehört es auch euch so zu trainieren, das ihr eure Beweise sorgfälltig vertuscht und euch nicht erwischen lasst." Schmunzelte er und ich lachte verkrampft. Ich war einfach nicht in der Verfassung für solche Spielchen. Ich hatte das Gefühl durchzudrehen. Niemand in meinem Leben war so, wie er es vorgab zu sein. Ich verlor langsam aber sicher den Verstand. Ich zweifelte wirklich an meiner Menschenkenntnis. "Sie waren mir allerdings sofort aufgefallen. Sie waren etwas besonderes! Jemand mit Potenzial. Es war mein Vorschlag sie für die Stelle des Archer's einzusetzen. Ich hatte Clyde schon lange vor Miss Ferris' und Mister Parker's Wissen eingeweiht und ihn darauf angesetzt die Beiden auf sie aufmerksam werden zu lassen. Ihre Auffassungsgabe und ihr gesundes Maß an Misstrauen sind äußerst förderlich für unsere Branche. Sie sind nicht leicht aus der Ruhe zu bringen, besitzen die Fähigkeit zu improvisieren, sind geschickt und clever, unauffällig und nicht so leicht zu manipulieren. Die perfekten Voraussetzungen für die Stelle eines Archer's." Lobte er mich ausgiebig, während mir die Situation immer surrealer vorkam. "Wissen sie, ich habe ebenfalls einmal als Archer angefangen..damals gab es diese Bezeichnung dafür natürlich noch nicht, da Miss Ferris sie ins Leben rief, doch die Position und die Aufgaben des Archer's decken sich mit meinen ehemaligen Anfängen." Fügte er gedaneknverloren hinzu, als würde er in Erinnerungen schwelgen. "Glauben sie mir ich hätte mich ihnen nicht offenbart wenn ich mir nicht ernsthaft Gedanken über sie gemacht hätte, Miss Peers." Versicherte er mir mit Nachdruck. Ich seufzte und legte meinen Kopf in die Hände. Das darf doch alles nicht wahr sein.

"Sicher doch, das ist ein Schock für sie ich weiß, doch ahnten sie nicht ohnehin schon etwas?" Fragte er mich neugierig und ich nickte stumm. "Ja..sie kamen mir schon immer suspekt vor." Antwortete ich ihm zynisch und er grinste. "Dachte ich mir bereits. Ich habe oft versucht sie aus der Reserve zu locken, doch aus ihnen war einfach nichts heraus zu bekommen also musste ich meine Tarnung aufgeben. Clyde und die restlichen Mitglieder der UT's sind darüber natürlich in Kenntnis gesetzt worden. Sie wissen ja, keine Alleingänge." Lachte er und ich merkte, wie Kopfschmerzen begannen. "Wie dem auch sei, nun wissen sie Bescheid. Ich wollte, das sie erfahren, dass wir alle mit unseren Problemen zu kämpfen hatten. Sehen sie, was aus uns geworden ist! Egal was sie gerade durchmachen sei es auch noch so hart es lohnt sich zu kämpfen. Sie haben es bis hier her geschafft was nützt es ihnen jetzt aufzugeben? Sich jetzt fallen zu lassen? Sie erbringen außerordentliche Leistungen! Nicht nur für die Gang sondern auch für sich selbst, Miss Peers. Lassen sie sich nicht unterkriegen sie werden es einmal weit bringen, dessen bin ich mir sicher." Ermutigte er mich, und ich war tatsächlich erstaunt über seine Vergangenheit. Er meinte er habe auch so angefangen. Genau wie ich, als Archer einer Gang. Und nun saß er in einem schicken Anzug in einem Palastähnlichen Büro eines alten Schlosses als Leiter eines Eliteinternats. Konnte ich vielleicht auch einmal so etwas großartiges erreichen?

"Machen sie genau so weiter, wie bisher. Schließen sie ihre Gefühle nicht ein! Nutzen sie sie lieber. Verwandeln sie sie in ihre größte Waffe. Lassen sie sich von ihrer Wut und ihrer Trauer antreiben. Sie dürfen diese ganzen schmerzhaften Erinnerungen nicht loslassen, nicht vergessen! Sie dürfen sie nur nicht zu nah an sich heranlassen. Diese Kunst müssen sie erlernen, dann bringen sie es zu etwas." Schmückte er seine Rede aus. Er war schon immer gut mit Worten und die Intension seiner Aussage war auch hier im Internat allgegenwärtig. In jeder seiner morgendlichen Ansprachen motivierte er die Rekruten nicht mit dahergeseuselten Floskeln sondern er sprach immer die Realität an.

Dennoch musste ich dieses Gespräch erst einmal sacken lassen. Das war einfach zu viel für mich. Ich konnte die Dinge mometan einfach nicht schnell genug verarbeiten, da mein Körper mit anderen Dingen voll ausgelastet war. Ich spürte, wie sehr ich meinem Körper in den letzten Monaten zugesetzt hatte - Ich war völlig ausgelaugt.

"Ich..ich glaube ich brauch frische Luft.." Murmelte ich und fasste mir mit schmerzverzehrtem Gesicht an den Kopf. "Natürlich.. Diese Information und auch die Gewichtung dieses Gesprächs lasten momentan immens auf ihren Schultern, das verstehe ich. Doch ich bin überzeugt davon, das sie es verkraften werden. Sie dürfen gehen, Miss Peers." Verwirrt und wie in Trance erhob ich mich aus dem Sessel und trottete zur Tür.

"Miss Peers? Ich muss sie allerdings darum bitten, das Alles für sich zu behalten." Wies er mich noch mit Nachdruck an und ich nickte nur als ich mich umdrehte. "Verbieten kann ich es ihnen jedoch nicht.." Fügte er grinsend hinzu und ich verstand. Dezent Lächelnd verließ ich das Büro und fragte mich noch immer, ob ich das eben nur geträumt hatte. Mehrfach zwickte ich mich fest in den Arm, bis ich an einer Stelle ein wenig blutete, doch ich wachte nicht auf.

Das Alles war real und wirklich passiert - Unfassbar.

-Cassia-Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt