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Taehyung PoV

Einen letzten prüfenden Blick in den Spiegel und es konnte los gehen.

Seit etwa einer halben Stunde stand ich nun schon vor meinem Kleiderschrank und suchte mir ein passendes Outfit für meinen ersten Schultag aus.

Und nun hatte ich es endlich geschafft und mich für eine schwarze Jeans und einen einfachen roten Pullover entschieden, den meine Eltern wahrscheinlich nicht gutheissen werden, aber was kümmert mich das schon?

Heute würde ich also all diese anderen Schnösel treffen, die ich dann so nett als meine Klassenkameraden betiteln konnte.

Lust hatte ich natürlich keine, aber was sollte ich den tun? Ich konnte schliesslich schlecht einfach Zuhause bleiben, nicht zuletzt auch, weil meine Mutter mich dann höchstwahrscheinlich eigenhändig an den Ohren in die Schule schleppen würde.

Trotzdem hätte ich den Tag einiges lieber mit Jungkook verbracht, mit dem ich gestern Abend noch eine Zeit lang geredet hatte. Wenn auch nicht lange, da es ja regnete und ich eigentlich nicht vor hatte, um Mitternacht zu erfrieren.

Er war wirklich ein toller Zuhörer, obwohl ich ihm nicht die ganze Geschichte verraten habe. Es war einfach viel zu viel für einen Abend, weshalb er eigentlich vorgeschlagen hat, heute erneut hierher zu kommen, um mit mir zu reden.

Ob er das dann wirklich tut, ist mir im Moment noch schleierhaft. Ich habe nicht das Gefühl, dass Jungkook unbedingt mit Problemen zugehäuft werden will, die nicht gerade lebensbedrohend sind.

Ehrlich gesagt, sind sie viel eher unwichtig, unspektakulär und im Vergeich zu Anderen sogar lächerlich.

Ich konnte mir also kaum vorstellen, dass er heute wirklich wieder auftaucht. Wahrscheinlich hatte er das einfach gesagt, um mich nicht zu verletzten.

"Taehyung, du musst zur Schule", rief mich die Stimme meiner Mutter und ich seufzte leicht auf.

Auf solche reichen Jungs, die die ganze Zeit über ihre neuste Errungenschaft redeten, was entweder ein Mädchen, ein neues Auto oder eine Rolex sein konnte, hatte ich immer noch keinen Bock.

Ich schlurfte also genervt die Treppe hinunter, meine Schultasche in den Händen und setzte mich kurz an den Küchentisch.

Meine Mutter war gerade noch dabei ihre Frisur erneut zu richten und schenkte mir nur kurz Beachtung. Dass sie überhaupt hier war, war schon ein Wunder, doch sie meinte, dass sie mich unbedingt selbst zur Schule fahren wollte. Wahrscheinlich um ihren Status und ihr Reichtum gleich mal Allen klar zu machen.

"Hast du Alles?", fragte sie mich und griff nach ihrer Handtasche, die noch auf dem Tisch stand.

Ihr Blick fiel auf meinen schlichten Pullover und sogleich klappte ihr Mund auf und sie weitete geschockt die Augen.

"So wirst du ganz sicher nicht rausgehen!", schrie sie schon fast hysterisch und zeigte auf meine Kleidung, worauf ich einfach nur die Augen verdrehte.

"Ich bin neunzehn, also darf ich ja wohl anziehen was ich will", zischte ich und stand ruckartig auf. Die Schultasche schnappte ich mir beim Vorbeigehen.

Meine Mutter schaute mich immer noch entsetzt an, als ich dabei war, meine Schuhe anzuziehen. Die vollkommen Durchnässten von gestern, standen in meinem Zimmer, damit meine Eltern das nicht mitbekamen. Ich konnte nur hoffen, dass ihnen das Fehlen des Paares auch nicht auffiel.

"Taehyung, so wirst du ganz sicher nicht zu Schule gehen! Wir haben hier einen Ruf zu verlieren und mit dieser Kleidung zerstörst du den augenblicklich!", probierte sie es weiter, doch ich ignorierte sie einfach und machte die Haustür bereits auf.

"Wenn du dich weiter über meinen Kleidungsstil beschwerst, gehe ich nochmals hoch und ziehe die zerrissene Jeans an, verstanden?"

Die zierliche Frau blieb wie angewurzelt stehen und starrte mich mit offenem Mund an, als hätte sie grad den König von China persönlich gesehen.

"Du besitzt zerrissene Jeans?!"

Ihr Gesicht lief rot an, was einen grässlichen Kontrast zu ihrem weissen Etuikleid bildete und sie irgendwie verschwitzt wirken liess.

Ich setzte nur ein hämisches Grinsen auf und spazierte aus der Tür, wohlwissend, dass mir meine Mutter aufgebracht folgte.

Gewonnen, würde ich mal sagen.

~~

Die Fahrt lief, wie erwartet, schweigend und als wir dann endlich ankamen, war ich mehr als erleichtert, dieser grässlichen Stimmung entkommen zu können.

Ich hatte gemerkt, wie meine Mutter die ganze Zeit über mit ihren Fingern auf dem Lenkrad herumgetrommelt hat und ihre Mundwinkel immer wieder verdächtigt gezuckt hatten.

Doch es kümmerte mich kein Bisschen.

"Viel Spass", brachte sie nur hervor, ehe ich auch schon ausstieg und die Autotür provokant zuschlug.

Was für eine tolle Mutter ich doch habe...

Vor mir war ein riesiges Gebäude zu sehen, schlicht, einfach und modern. Es war eigentlich ein einfaches Rechteck von vorne, hatte etwa sechs Stockwerke und war ganz einfach reinweiss gehalten.

Die Fassade wurde oft von riesigen Panoramafenstern unterbrochen, die den Blick in die Klassenzimmer freilegten.

Hier bekam der Satz „Einen Fensterplatz haben" eine ganz neue Bedeutung.

Davor hatte es natürlich eine Art Park, mitsamt Kieswegen, blühenden Bäumen und sogar einem kleinen Brunnen.

Okay, das war nun echt ein wenig übertrieben.

Schüler gab es im Moment noch wenige. Nur eine Handvoll lümmelten schon auf dem Pausenhof rum. Die Meisten würden wahrscheinlich kurz vor Unterrichtbeginn auftauchen, wie das so üblich ist.

Diese Schule regte mich jetzt schon auf und ich war noch nicht einmal drinnen.

"Hey, bist du etwa neu her?", fragte mich plötzlich jemand und ich drehte mich blitzschnell zu der Person um, die sich als einen Jungen in meinem Alter herausstellte, mit braunen Haaren und einem breiten Lächeln.

Er wirkte auf mich jetzt schon wie ein Sonnenschein, obwohl ich ihn noch nicht einmal kannte.

"Ähm ja, sieht man das so gut?", fragte ich lächelnd und kratzte mich am Hinterkopf.

"Naja, du stehst ein wenig verloren hier rum", meinte der Junge daraufhin.

"Ich bin Kim Taehyung", stellte ich mich mal vor, in der Hoffnung vielleicht einen neuen Freund gefunden zu haben, denn er scheint mir doch ziemlich nett zu sein.

Der Junge streckte mir seine Hand entgegen.

"Hoseok."

porcellan | vkookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt