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Jungkook PoV

Es fühlte sich tatsächlich so an, als wäre jegliche Farbe aus meinem Leben gewichen. Der Himmel war nur noch grau, das Grün des Rasens wirkte irgendwie ausgebleicht, ja selbst unsere kitschige, rote Bettdecke schien mir plötzlich stumpf und irgendwie pastellfarben.

Ohne Tae war einfach nichts gleich schön, wie mit ihm. Mein Kaffee schmeckte nicht gleich gut, der Weg zur Arbeit war beinahe eine Qual, weil ich immerzu nachdachte und das Mikrowellen Essen, dass ich sonst immer unheimlich genoss, wurde geschmackslos und irgendwie ungeniessbar.

Es war grässlich ohne meinen Freund. Schlafen tat ich auch kaum. Wenn ich mal im Bett lag, wälzte ich mich nur hin und her, ohne zur Ruhe zu kommen. Ich vermisste den warmen Körper neben mir, das vertraute, gleichmässige Atmen, einfach seine Präsenz.

Natürlich hatte ich einen Vorrat von Pullis, die er mir extra da gelassen hat, aber es war nicht dasselbe. Wenn mich jemand sehen würde, wie ich am Abend an diesem Stoff schnupperte wie ein Verrückter, würde er mich vermutlich einliefern lassen wollen. Aber was konnte ich denn dafür, dass ich mich ohne den Geruch meiner zweiten Hälfte noch weniger beruhigen konnte?

Alles in allem war es ein mühsames, tristes Leben, dass ich ohne Taehyung führte. Die meisten Menschen würden mir sagen, dass ich viel zu abhängig von ihm bin, doch das stimmte nicht. Ich verdiente mein Geld schliesslich selbst, könnte theoretisch gesehen so auch ohne ihn leben.

Aber ich wollte es nicht. Weil ich nämlich auf allen anderen Ebenen abhängig von ihm war. Ich brauchte seine Nähe, seine tiefe, vertraute Stimme, seine Berührungen, seine Liebe.

Ohne die konnte ich nicht mehr glücklich leben. Ohne die konnte ich nur noch jeden Tag einfach an mir vorbeiziehen lassen, ohne ihn wirklich auszunutzen.

Ich probierte mich mit allem Anderen abzulenken, machte Überstunden auf der Arbeit, bis ich keine Dinge mehr hatte, die ich erledigen konnte. Abends, wenn es am schlimmsten war, verbrachte ich meine Zeit mit Jimin oder Yoongi, besuchte manchmal auch Jin. Und wenn keiner meiner Freund Lust hatte das kleine Häufchen Elend zu dem ich geworden war, zu pflegen, las ich in dem Buch, das Tae mir geschenkt hatte.

Er hatte es irgendwann mal auf dem Nachhauseweg in einem Buchladen gesehen und es mir sofort gekauft, weil er fand, das ich es bestimmt lieben würde. Mittlerweile hatte ich es drei Mal durchgelesen, also hatte mein Freund wie so oft Recht gehabt.

Dabei ist es nicht mal sonderlich speziell. Ein einfacher Roman, eine einfache Liebesgeschichte. Ich vermutete, dass der Ältere sie mir nur mitgebracht hatte, weil die Story ihn an unsere eigene erinnerte.

Das Mädchen aus wohlem Hause und der Rebellen-Junge, der eigentlich ein verletztes Herz hatte. Die Geschichte endete in einem Happy End, die beiden fanden zueinander und verlobten sich sogar.

Jedes Mal wenn ich zur Stelle mit dem Heiratsantrag am Strand kam, bekam ich Gänsehaut. Nicht nur weil die männliche Hauptfigur eine berührende, romantische Rede hielt, sondern vor allem auch, wegen ihrer Reaktion. Das Mädchen begann bereits beim ersten Satz zu weinen und brachte es kaum fertig das Ja, ich will zu stottern.

Sie erinnerte mich da eher an mich. Ich würde vermutlich genau den gleichen Quatsch von mir geben. Obwohl ich mir bei mir sogar noch Schlimmeres vorstellen könnte. Dass ich den Ring irgendwie ausversehen ins Meer schmiss oder dergleichen.

Trotzdem erfüllte sofort eine Wärme meine Brust, wenn ich an diesen Moment dachte. Er würde bestimmt unbeschreiblich schön sein. Wie alles, was Tae und ich gemeinsam erlebten.

Und schon vermisste ich meinen Freund noch mehr.

~~

Die erste Woche war vorbei und das Wochenende war defintiv das Schlimmste am ganzen. Da erreichte ich nochmals einen neuen Höhepunkt im Vermissen und Vereinsamen. So traf es sich ganz gut, dass Tae Samstag Abend Zeit hatte, um mal Video zu chatten.

porcellan | vkookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt