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Yunho PoV

„Hattest du es schön in der Schule?"

Wie jeden Nachmittag fragte mein Vater das und sah mich dabei aufrichtig lächelnd an, während ich mich am liebsten auf den Boden übergeben würde. Nicht, dass ich es nicht schätzte, wenn er sich erkundete aber jedes Mal musste ich mich zusammenreissen, um sein Lächeln zu erwidern. Ich probierte glücklich gegenüber meinem Papa zu wirken, selbst wenn ich innerlich gerade mit einem Sturm zu kämpfen hatte.

Mir ging es eigentlich gut. Ja, ich hatte eine tolle, funktionierende Familie, wundervolle Freunde und ein schönes Dach über dem Kopf. Aber naja, da gab es eben auch Dinge, die einem als Teenager beschäftigten. Eines dieser Dinge schwirrte beinahe immerzu in meinem Kopf herum und liess mich einfach nicht los.

Dieses Ding war gross, dunkelhaarig,  blauäugig und hiess Ryan.

Was für ein Klischee.

„Ja, alles Bestens", antwortete ich und strich mir meine schwarzen Haare aus der Stirn. Mein Vater beäugte mich mit einer hochgezogenen Augenbraue, irgendwie war mir klar, dass er mir nicht glaubte.

Aber wie immer fragte er nicht weiter nach. Er liess mir Freiraum, um irgendwann selbst auf ihn zuzugehen. Und ehrlich gesagt dachte ich gerade darüber nach, ihn wirklich zu fragen.

„Yunho?"

Er sah mich weiterhin fragend an, ich seufzte auf. Mein Papa war schon immer der gewesen, der mich sofort durchschaut hatte. Egal ob es darum ging, dass ich mal sein Lieblingsgemälde -eine Kopie von Van Gogh's Sternenacht- kaputt gemacht hatte oder mal auf einer Party war, statt bei meiner besten Freundin Kira. Er wusste es immer. Und auch wenn mein Dad der beste Partner für ein Baseballspiel oder eine Runde Formel 1 auf der PS4 war, so war Papa dafür meine Ansprechsperson, wenn es um diese Gefühlsduseleien ging.

Er hatte da einfach einen besseren Durchblick. Mit ihm konnte ich besser darüber reden.

„Kann ich kurz mit dir reden?", fragte ich also leise, wobei meine Wangen vermutlich rot wurden und ich peinlich berührt auf den Boden sah.

Er nickte natürlich und zeigte auf den Stuhl neben sich, auf den ich mich fallen liess.

„Schiess los", meinte er grinsend, seine Augen funkelten geduldig.

Ich wusste nicht so Recht, wie ich beginnen sollte, bis mir eine Frage in den Sinn kam, die es wohl ziemlich treffen würde.

„Wie hast du damals gewusst, dass Dad der Richtige für dich war? Wie konntest du dir sicher sein, dass er dich nicht verletzen würde?"

Papa begann sofort zu grinsen, er lehnte sich ein Stück zurück und sein Blick huschte kurz zum Fenster, als würde er da in die Vergangenheit blicken. Dann zuckte er mit den Schultern.

„Sicher sein, konnte ich mir nicht. Aber ich hatte es gehofft und ich hatte daran geglaubt", meinte er. „Als ich dein Dad damals das erste Mal getroffen hatte, war da diese Vertrautheit zwischen uns. Diese Selbstverständlichkeit vieler Dinge. Alles fühlte sich richtig an mit ihm. Das tut es auch heute noch."

Er musste lächeln, ich erwiderte es ein wenig schief.

„Weisst du, man merkt das irgendwie. Es ist schwierig zu erklären, aber wenn du diese eine Person triffst, weisst du sofort, dass du dein Leben mit dieser verbringen willst. Dass du nicht mehr ohne diese Person sein willst. Weil man sich ohne diesen Jemand einfach unvollständig fühlt."

Er musste ein wenig kichern und strich sich durch die Haare.

„So war es zumindest bei mir."

porcellan | vkookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt