Jungkook PoV
„Ich bin irgendwie echt aufgeregt und zeitgleich freue ich mich einfach riesig", meinte ich zu Tae, als wir gerade mit unserem Handgepäck durch das Duty Free des Londoner Flughafens liefen und dabei Händchen hielten.
Er lächelte mich an.
„Geht mir genauso, Baby. Ich bin einfach froh mal von der Arbeit weg zu kommen", meinte er seufzend.
Tae hatte seit dem Ende seine Studiums eigentlich nur gearbeitet. Die Firma, die ihn eigestellt hatte, stellte verschiedene Produkte für Autos her und mein Freund war da für die Werbung zuständig. Für Zeitungsartikel, Interviews mit der Pressen, Broschüren und so Zeugs.
Natürlich hatte er noch Kollegen, die ihm dabei halfen aber schlussendlich schien er dem Chef irgendwie am besten zu gefallen, weshalb er die meisten Aufträge bekam. Das hiess konkret; öffter mal Überstunden machen.
Aber Taehyung gefiel die Arbeit, er mochte es kreativ und strategisch zugleich zu sein und er meinte, die Atmosphäre in der Firma sei sehr familiär. Ich konnte mir trotzdem vorstellen, dass er einfach auch mal weg vom Schreibtisch wollte. Mir ging es ja nicht anders.
Wir erreichten den Wartebereich vor dem Gate und setzten uns hin, neben einer älteren Dame, die strickte und einem jungen Pärchen, das mit ihren Handys beschäftigt waren.
Tae stellte die Tasche ab, in der wir das Nötigste hatten und legte sogleich den Arm um mich, wobei er begann ein wenig über meine Schulter zu streichen. Ich kuschelte mich an meinen Freund und verschränkte seine freie Hand mit meiner. In Gedanken versunken spielte ich mit seinen Fingern.
„Baby, was machst du da?", fragte Tae kichernd.
„Deine Hände bewundern", gab ich schlagfertig zurück, worauf mein Freund mich grinsend ansah und meine Hand mit seiner zu seinen Lippen führte. Er drückte einen Kuss auf den Handrücken, der ein kleines Kribbeln darauf auslöste.
Nun musste ich kichern und drückte mich noch näher an meinen Freund, so dass man die roten Wangen nicht sah, die bereits wieder meine Begleiter wurden. Nach all den Jahren wurde ich bei einigen Dingen immer noch verlegen.
„Kennst du das Buch nicht bereits auswendig?", fragte Tae belustigt, als ich den Roman aus der Tasche fischte und mich daran machen wollte, mal wieder darin herum zu lesen.
„Nicht ganz", meinte ich bloss und schlug die Seite auf, bei der ich zur Zeit war. Kurz vor meiner Lieblingsstelle.
„Tae, dieses Kapitel ist das Beste", informierte ich meinen Freund und hüpfte ein wenig vorfreudig auf und ab, bevor ich meine Augen auf die Seiten legte und begann zu lesen.
„Wo spielt es denn?", fragte er und nahm ein Schluck unseres Wassers.
„Am Strand", meinte ich leicht abgelenkt von der Szene im Buch. „Der Heiratsantrag kommt bald."
Tae verschluckte sich am Getränk und begann zuerst mal zu husten, worauf ich verwirrt meine Hand hob und kurz auf seinen Rücken klopfte. Er blinzelte ein paar Mal, beruhigte sich und nickte dann.
„Ah ja", meinte er bloss.
Ich beschloss mich nicht weiter zu fragen, was los war, sondern wandte mich wieder meiner Lektüre zu. Das war mit Abstand die beste Szene im ganzen Buch und ich merkte bereits, wie ich Gänsehaut bekam.
Tae begann wieder über meinen Arm zu streicheln und ich sah im Augenwinkel, dass er auch ein wenig auf die Buchstaben schielte. Also lehnte ich mich mehr an ihn, zog die Beine an, soweit das möglich war, und drehte mich mit dem Buch so, dass Tae es besser lesen konnte.
So verharrten wir bis wir schlussendlich ins Flugzeug gehen konnten und unserem Platz im Flieger suchten, der uns in unsere wohl verdienten Ferien brachte.
~~
„Auf uns, Baby", Tae stiess sein Glas, gefüllt mit klassischem Sangria gegen meines, ehe wir beiden grinsend einen Schluck davon nahmen.
Gleich als wir angekommen sind und ins Zimmer konnten, sind wir zuerst mal all unsere Kleider losgeworden, in die Badehose geschlüpft und haben es uns auf den Liegen am Pool gemütlich gemacht.
Ich schob die Sonnenbrille vom Kopf auf die Nase, lehnte mich zurück und schloss die Augen für eine Weile. Die Sonnenstrahlen schienen meine Energie zurück zu bringen, ich spürte das Prickeln der Wärme auf meiner Haut und merkte, wie ich mehr und mehr entspannte.
Es fühlte sich beinahe so an, als würde die Sonne auch meine Gedanken verdrängen, so dass ich mich ganz und gar fallen lassen konnte.
Ich spürte Tae's Hand an meiner, die auf der Lehne der Liege lag und öffnete automatisch die Faust. Seine Finger glitten zwischen meine und wir verschränkten sie ineinander.
Er begann sachte über meinen Handrücken zu streicheln, was die Entspannung natürlich noch mehr förderte. Ich liess mich ganz treiben, in diesem Fluss aus Prickeln, Wärme und Freiheit.
Einfach an nichts denken zu müssen, das mochte ich am liebsten in den Ferien.
Man bekam den Kopf frei, musste sich keine Gedanken um Termine, Arbeit oder sonst was machen. Vielleicht darum, welche köstliche Hauptspeise man nehmen sollte oder ob man den nächsten Tag am Meer oder am Pool verbrachte.
Ich dachte selten an die Zeit davor. An meine Kindheit, an meinen Vater, an das Leben auf der Strasse. Es war beinahe so, als wären all diese Erinnerungen von all den Wunderschönen verdrängt worden. Natürlich war mir meine Mutter immer präsent, aber wenn sich meine Gedanken um sie drehten, sah ich ihr Lächeln vor mir, wenn sie mich früher zu Bett gebracht hat. Ich hörte ihre Schreie nicht mehr. Ich sah nicht mehr die Leere in ihren Augen.
Alles was nach dem Tod meiner Mutter kam, war beinahe aus meinem Gehirn gelöscht. Vor Taehyung konnte ich mich kaum mehr an Dinge erinnern, dafür hatte ich jeden Moment mit meinem Freund zusammen irgendwie noch klar vor Augen.
Ich wusste noch, was für Sachen er getragen hatte, als wir uns das erste Mal gesehen hatten. Ich erinnerte mich noch seine Wortwahl, als er mich gefragt hatte, ob ich mit ihm zusammen sein wollte. Ich wusste sogar noch die verdammte Fluggesellschaft, die uns in unseren ersten Ferien nach Rom gebracht hatte.
Es war, als wäre jedes Detail auf einer Festplatte abgespeichert worden. Und jedes Mal, wenn ich mich aufgrund meiner fehlenden Familie einsam fühlte, holte ich all diese Erinnerungen hervor. Ich sah Taehyung vor mir, Hobi, Namjoon, Jin, natürlich Yoongi und Jimin. Selbst Ravi.
Und ich wusste, dass ich keinen Grund dazu hatte, mich alleine zu fühlen. Denn ich hatte eine Familie, selbst wenn wir nicht blutsverwandt waren.
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Bring the Soul war mega cool!😍
Freut euch auf das nächste Kapi Freunde...🌚
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porcellan | vkook
FanfictionKim Taehyung lebt mit seinen Eltern in Belgravia, eines der wohlhabendsten Viertel Londons. Er führt ein ruhiges Leben, bis zu der Nacht, in der er draussen sitzt und einen Jungen trifft, der ihn mehr als fasziniert. Obwohl das gegen jegliche Vorsch...