Ich wurde erneut in eine Windel gesteckt

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Dann griff sie in die Tüte und holte eine blaue Windel heraus. Auf meinen fragenden Blick hin klärte sie mich auf: „Also, das ist das Model vom letzten Mal, nur zum Vergleich. Nimm mal bitte!". Sprach's, drückte mir die Windel in die Hand und griff wieder in die Tüte. „Und? Wie fühlt sich die an?" „Was möchtest Du jetzt hören?", antwortete ich, um dann doch festzustellen „so ist ziemlich hart und sie raschelt ziemlich". „Ok, das war jetzt nicht worauf ich raus wollte, aber ok – ich denke du siehst den Unterschied gleich." Dann griff sie wieder in die Tüte und mit einem „Tatar!" holte sie eine weitere Windel hervor und reichte sie mir herüber.

„Und?", fragte sie nach einigen Sekunden meines schamhaften Schweigens wieder begierig. „Die ist größer, oder?", gab ich meine erste Einschätzung wieder. „Also größer ist sie wohl nicht wirklich!", korrigierte sie mich. „Das ist eine ‚Medium', genau wie die andere und damit genau Deine Größe!", grinste sie. „Ok, das ist ein Oberklassemodell und daher bestimmt auch breiter und länger an den richtigen Stellen. Aber was Du mit ‚größer' meinst, ist wohl, dass sie wesentlich saugstärker ist, als das Billigmodell da zum Vergleich. Falte doch beide mal aus, dann siehst Du es!".
natürlich hatte ich wenig Lust, dieser Aufforderung nachzukommen. Es war ja nun einfach zu durchschauen, dass sie mich in der Aussicht, dieses Ding in Bälde angezogen zu bekommen, noch ein wenig extra ärgern und demütigen wollte. Aber was sollte ich machen? Ich konnte entweder jetzt sofort aufstehen und nach Hause fahren – wobei ich dann aber auch einer größeren Katastrophe in Sachen Mathearbeit entgegensah – oder ihr Spielchen weiter mitspielen und hoffen, dass alles nicht so schlimm würde. Ich entschied mich für letzteres, stieß einen leisen Seufzer aus und tat, wie sie mir gesagt hatte.

Nacheinander suchte ich bei beiden Windeln die richtigen Stellen zum auffalten und klappte die Dinger erst der Länge nach zweimal auf und dann auch die Seitenteile, die auf der einen Seite auch die Klebebänder zum Verschließen beheimateten. Dann legte ich beide vor mich, in die Mitte zwischen mich und die Mädchen. „Ok, super...", lobte mich Sandra demonstrativ. „Wenn ich sie beide mal übereinander halte, dann sieht man, dass sie beide fast gleich lang sind. Aber hier siehst du, dass hier der Bereich mit dem Saugpolster deutlich breiter ist. Zwischen den Beinen, hinten am Po, aber auch vorne und das ist ja wichtig für Dich und uns, damit nichts daneben geht..." dozierte sie nun im Ton einer Pflegeausbilderin, nicht ohne dabei immer wieder mal den Blickkontakt mit mir zu suchen.

Ich versuchte natürlich den Blicken der vier auszuweichen, und da ich schlecht an die Decke schauen konnte, sah ich auf den Boden vor mir und damit auf die beiden Windeln, die dort lagen. „Nimm sie doch bitte beide noch mal in die Hand!", triezte sie mich weiter, „dort am Mittelteil bitte." „Und?", bohrte sie weiter, „merkst Du einen Unterschied?". „Die Weiße ist dicker.", sagte ich tonlos. „Genau!", entgegnete sie, „das ist die zusätzliche Saugstärke, die du merkst. Und jetzt reib doch bitte mal beide ein wenig mit dem Daumen. Wie fühlt sich das an?" „Die blaue ist hart und wenn man doller drückt irgendwie körnig." „Und die weiße?" „Irgendwie weicher und Körner spüre ich auch nicht!" „Richtig, das körnige ist der Absorber, der die Feuchtigkeit später aufnimmt. Die weiße hat mehr davon und trotzdem spürt ihn nicht. Das ist so, weil da auch mehr Zellstoff drum herum ist. Der verteilt die Feuchtigkeit besser und ist auch großartig weich auf der Haut.", schloss sie nun ihren Werbevortrag ab. Beinahe zumindest. „Schau Dir doch nochmal das Vorderteil an. Das ist das ohne Klebebänder. Fällt dir was auf?" „Hmmm, da ist irgendwie eine andere Folie vorne, oder?" „Richtig, hast Du eine Ahnung wofür?", fragte sie weiter. „Nicht wirklich.", entgegnete ich, ohne wirklich darüber nachzudenken. Die Lösung kam dann auch prompt. „Also bei den billigen Windeln kann man die Klebebänder immer nur einmal vorne festmachen. Zieht man sie wieder ab, dann reißt fast immer die Folie darunter und das ist Mist. Auf der festen Folie hier kann man die extrastarken Klebebänder immer wieder justieren und neu festmachen, bis sie wirklich perfekt sitzt." „Aha!", entgegnete ich wieder leise und verschämt. „Und?", legte Tanja nach, „wie gefällt sie dir? Ist das nicht ein echtes Luxusprodukt? Du bist doch jetzt bestimmt neugierig, dass auszuprobieren, oder?"

Christoph und KatjaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt