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...Was ist sein Plan? Was ist sein nächster Schritt?

"Komm, lass uns gehen" sagte er plötzlich mit diesem grinsen im Gesicht. Er ließ mich los und machte sich daran eine Jacke für mich zu finden. Perplex verfolgten meine Augen seine Bewegungen. Er ließ mich nun wie einen Idioten da stehen, wie peinlich. Langsam erhob ich mich vom Stuhl und fing sogar die Jacke die er mir zu warf erfolgreich, aber meine Augen blinzelten noch mehrmals hintereinander während mein Körper schon wieder dabei war sich ab zu kühlen und zu beruhigen, auch mein Herz schlug wieder normal.

Was das wirklich sein Ernst? Mich wie ein Idiot aussehen zu lassen? Er kam mir so nah und hat nichts gemacht?? Nicht das ich wöllte das da was passiert, aber will er mich verarschen? Mich testen? Bin ich in einem schlechten Film gelandet? Wo sind die Kameras? Oh man, ich hasse ihn jetzt schon dafür.

Genervt schmiss ich die Jacke über meine Arme. Er lief an mir vorbei zur Tür, aber drehte sich nochmal um kurz davor, als sich unsere Augen trafen begann er zu lachen "Hast du dir mehr erhofft?" fragte er, aber ich schüttelte sofort hektisch den Kopf "In deinen Träumen! Eher weniger..." murmelte ich die letzten zwei Worte und sah weg für ein paar Sekunden. Er öffnete die Tür, war bereit zu gehen "Aber das mit den Klamotten meine ich Ernst", ich verdrehte die Augen "Fuck off" zischte ich genervt und stolzierte an ihm vorbei nach draußen. Er folgte mir mit einem leichten Lächeln auf den Lippen und als er die Tür hinter sich schloss tauschten wir noch schnell unsere Position und ich lief gut mit 2 Metern Sicherheitsabstand hinter ihm her.

Ehrlich gesagt wusste ich nicht genau warum ich so giftig bin und wieso mich das so nervt was er gemacht hat oder eher nicht gemacht hat. Ich müsste glücklich darüber sein das er aufgehört hat, aber aus irgendeinem Grund wollte ich ihn dafür schlagen. Dieses Gefühl in mir wollte nicht abklingen und ich glaube ich muss nun für immer genervt sein, als ich dazu noch auf seinen Rücken sah wurde ich wütend, denn die Bilder schossen alle wieder in meinen Kopf. Sie spielten sich ab wie ein Film vor meinem geistigen Auge.

Die ganze Zeit wechselten wir kein Wort. Wir spazierten nur durch den dunklen Wald und man hörte ab und zu Mal einen Ast unter den eigenen Füßen brechen und dieses Geräusch ließ die Stille für einige Sekunden verschwinden. Seine Taschenlampe erhellte nur ihm den Weg, ich sah hier hinten absolut gar nichts. Obwohl ich eigentlich an die Dunkelheit gewöhnt bin machte mich der Wald krank und ich beschleunigte mein Schritttempo ohne es zu merken bis ich volles Tempo gegen etwas rannte was sich wie ein Mensch anfühlte.

Mr. Min drehte sich um und hielt mir den Schein der Taschenlampe voll ins Gesicht. Das Licht brannte in den Augen, also kniff ich diese zusammen und versuchte zusätzlich den Lichtkegel mit meinen Händen irgendwie zu verdecken. "Willst du das ich erblinde? Nimm das Licht aus meinem Gesicht!" fauchte ich etwas lauter mit hörbarem genervten Unterton. Das einzige was ich sehen konnte war seine Silhouette vor mir "Bist du gegen mich gerannt?" fragte er blöd und meine Nerven waren kurz davor zu reißen "Nein, der heilige Geist hat sich einfach mal so zwischen uns geschoben", meine Augen versuchten immer noch etwas zu erkennen "Kannst du das Licht nun aus meinem Gesicht nehmen? Es stört" versuchte ich meine Lautstärke etwas in den Griff zu bekommen und ruhig bleiben, was aber nicht so einfach war.

"Ich rede mit dir? Hallo! Könntest d-" er ließ mich meinen Satz nicht beenden sondern drückte seine Handfläche auf meinen Mund, damit konnte ich keinen Mucks mehr von mir geben "Psst" flüsterte er, legte den anderen Arm um meinen Körper und zog diesen näher an sich heran während er die Taschenlampe aus machte. Ich versuchte seine Hand weg zu bekommen, aber er war stärker als man denken könnte "Halt still" befahl er, aber er war mir zu nah und das wollte ich nicht, also wackelte ich weiter herum bis er nach gab "Wenn du versprichst leise zu sein und in meiner Nähe dann lass ich dich gehen" flüsterte er mit seinen Augen auf mir und ich nickte einfach stumm, damit ließ er mich los "Was ist denn?" wollte ich wissen und er zeigte mit dem Finger in die Richtung von zwei Lichtern die zwischen den Bäumen und Blättern hindurch schienen, gefolgt von dumpfen Schritten. "Taschenlampen" "Genau" bestätigte er gleich meine Aussage, aber wir konnten sie von hier nicht reden hören, also zog er mich mit sich hinter eine breite Eiche die links und rechts noch höhere Büsche hatte.

Die Lichter wurden heller und die Schritte lauter. Man konnte drei männliche Stimmen miteinander reden hören, also hörte ich genauer hin um sie zu verstehen. "Sir?" " Ja?" "Was genau machen wir hier? Die Einsatzleitung hat uns nicht informiert", dieser Mann hatte eine helle Stimme. "Wir wurden damit beauftragt im 500 Meter Radius um die Mauer nach dem jungen Mann zu suchen der womöglich abgehauen ist" antwortete der Mann mit einer rauen Stimme "Welcher Junge? Der der mit dem Mädchen an der Mauer war bevor der Anschlag verübt wurde? Ist er nicht als vermisst gemeldet?" fragte der kleinere "Genau, sein Name ist Park Jimin wenn ich mich recht erinnere und er gilt seid 5 Tagen als vermisst, seine Mutter soll gleich eine Vermisstenanzeige gemacht haben als die Polizei und die Ärzte keine weiteren Leichen oder verletzte Menschen fanden".

Ein Lächeln formte sich auf meinen Lippen. Das war eben meine Mutter, krank vor Sorge wenn ich nicht zur ausgemachten Zeit zu Hause war. Es war ihr Mutter Instinkt, sie sorgt sich um mich und jetzt wo sie erfuhr das es ein Anschlag auf die Mauer gab aber sie mich nicht fanden..sie muss Angst haben, ich denke sie weint jeden Tag und jede Nacht.  

Ich sah nach oben in den Himmel. Ich wünschte ich könnte ihr sagen das es mir gut geht und das sie sich keine Sorgen machen braucht, weder noch das sie nach mir suchen muss, ich befinde mich in guten Händen. Sie sollte mich wohl einfach als Tot erklären. Ich werde nicht zurück gehen, nicht mal für sie, ich liebe den Beginn meines neuen Leben außerhalb. Ich lass mich nicht wieder einsperren, das ist nicht meine Bestimmung.

"Ist sie sich da sicher?" fragte die dritte Stimme "Ja, sie wurde zu sämtlichen Identifizierungen der Toten eingeladen, aber keiner von ihnen war ihr Sohn. Die Frau ist voller Hoffnung" "Sollte sie etwa nicht?" fiel ihm der zweite fast ins Wort "Wenn er wirklich fliehen konnte ist er Tot, ihr könnt mich gerne versuchen umzustimmen, aber niemand schwer verletztes überlebt hier draußen alleine. Er ist sicher gestorben an Blutverlust, deshalb verstehe ich nicht warum wir hier suchen müssen" meinte der Leiter der Gruppe "Aber vielleicht ist er ein Überlebenskünstler?", der Mann begann zu lachen "Keiner, wirklich keiner kann hier leben, außerdem hat er es nie gelernt in der Wildnis zu überleben", dann Stille.

Innerlich begann ich zu kochen. Wie können sie einfach so tun als wäre ich nicht mehr am Leben? Wenn sie nicht wissen was passiert ist sollten sie ihr Klappen halten. Am liebsten würde ich ihnen zeigen das ich lebe und einfach hinter den Büschen hervor treten und schreien das ich hier bin und lebe.

Natürlich will ich zurück zu meinen geliebten Personen irgendwo, denn meine Mutter hat durch den Verlust meines Vater, aber damit würde ich meine Träume aufgeben. Reisen, die Welt sehen und einfach frei sein, also genau die Sachen die ich nicht aufgeben wollte.

Ich war unentschlossen. Entweder ich lebe ein glückliches und normales Leben mit meiner Mutter und Tzuyu hinter den Mauern ohne jemals etwas anderes zu sehen bis ich sterbe oder ich gehe meine Weg hier alleine. Warum muss alles immer so kompliziert sein?

Der Mann hinter mir wusste genau was in meinem Kopf abging "Du willst dich denen doch nicht stellen oder?" fragte er und ich sah auf meine Füße "Keine Ahnung" murmelte ich und beobachtete die Lichter wie sie zwischen den Blättern tanzten. "Dann lebst du aber wieder in deinem schlimmsten Albtraum" erinnerte er mich an die schlechten Seiten meiner Überlegung und ich seufzte "Natürlich kannst du machen was du willst, ich zwinge dich nicht zu bleiben" versicherte er mir und suchte etwas Abstand zu mir. Nun war es allein meine Entscheidung.

Was soll ich machen? Bleibe ich bei einem fremden Mann oder gehe ich zu meiner Familie? Mr. Min oder meine Familie? Yoongi oder Familie? Warum überlegte ich überhaupt so lange? Eigentlich ist das eine einfache Entscheidung für jeden normalen Mensch. Wir wissen alle was das wichtigste für einen selbst ist. Ich weiß was zu tun ist.

Ich setzte mich in Bewegung. Ein Schritt nach dem anderen näherte ich mich den Lichtern, aber natürlich drehte ich mich nochmal um, denn ich wollte sehen ob es für ihn eine große Sache ist oder nicht. In seinen kalten Augen erkannte ich etwas neues, aber letztendlich hatte ich keine Zeit mich groß damit zu Beschäftigen. Ich drehte mich wieder um und ging weiter, die Lichter kamen mir immer Näher. Die Schritte wurden lauter und die Umgebung wurde klarer.

Ich war bereit mich dem Leben zu stellen und das aufzugeben was mir wichtig war. Ich weiß wo mein Platz ist und ich weiß auch ganz genau wo mich das Schicksal sehen will. Ich könnte mich niemals mit dem Gedanken zufrieden geben meine Mutter alleine zu lassen. Ich brauche sie und sie braucht mich, ich werde mich nicht selbst belügen und für andere Leben. Das ist immerhin mein Leben.

Ripped OutWo Geschichten leben. Entdecke jetzt