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...nichts besonderes.

Ich saß auf dem Bett nachdem mich Mr. Min geweckt hatte und ich war immer noch müde. Er spazierte durch den Raum und kontrollierte tausend Mal die Sachen die wir mit uns nehmen wollten, manchmal packte er etwas raus und manchmal stopfte er noch etwas rein.

Mein Blick verfolgte ständig seine Bewegungen und manchmal wies sein Gesichtsausdruck Traurigkeit auf was ich verstehen konnte. Er lebt hier seit so vielen Jahren und ich weiß das er länger hier bleiben wollte, aber ich musste ja seinen Traum zerstören. Darüber nachzudenken zog meine Stimmung in den Keller.

Ich dachte daran zurück was er neulich zu mir sagte. Es wäre nicht meine Schuld und es wäre so oder so passiert und das beruhigte mich auch etwas, aber eben nicht komplett. Ich bin immer noch neugierig wo die Reise hingehen sollte in ein paar Stunden. Wir haben nicht viele Optionen und wenn wir ein paar Tage laufen müssen dann wird das bestimmt nicht nur so paar Meter von hier weg sein, nein. Es sah so aus als hätte er einen Plan wo die koreanische Polizei uns nicht finden wird oder nicht mal suchen wird.

Ich stand auf und ging zu einem der Fenster. Die Sonne verschwand bereits hinter den Baumwipfeln, aber dennoch drang ihr warmes Licht durch die Blätter der Bäume und Büsche. Ein paar Sterne erschienen an dem langsam dunkel werdenden Himmel und ein paar Nachtwolken konnte man auch schon beobachten. Der Wind nahm etwas mehr zu, aber es war noch lange kein Sturm. Die Baumwipfel bewegten sich nach links und rechts, von vorne nach hinten, als ob sie einen bestimmten Tanz tanzten.

Meine Gedanken flogen zurück nach Hause. Meine Mutter, meine Beste Freundin, das Grab meines Vaters und alle anderen Familienmitglieder die ich liebe fehlten mir. Mein Herz begann ein bisschen zu schmerzen, ich bin immer noch nicht über die hinweg, es wird noch länger dauern bis die Gedanken an sie nicht mehr so weg tun. Was hätte mein Vater getan? Ich sah zum Himmel und fühlte wie er zu mir herab sah. "Dad? Was hättest du getan an meiner Stelle? Hilf mir, ich bin wegen allem Unsicher. Ich fühle mich so verloren" flüsterte ich zum Himmel, aber keine Antwort. Ich seufzte und schloss die Augen, in meinem Kopf erschien ein Bild von ihm und das brachte mich leicht zum Lächeln.

Ich bin wirklich der Sohn meines Vaters. Ich hab viel von seiner Persönlichkeit und auch seinem Aussehen worauf ich Stolz bin. Also ist er auch nicht wirklich tot, er lebt in mir weiter, das ist verm der Grund warum meine Mutter so viel Angst um mich hat. Ich bin wie sein Ebenbild, damit konnte die ihrem Ehemann wenigstens etwas näher sein. "Jimin?" fragte eine dunkle Stimme, ich drehte mich um und lehnte mich gegen das Fensterbrett mit dem Rücken "Ja?" ich hab ihm meine Aufmerksamkeit "Du bist schon wieder so tief in deinen Gedanken" bemerkte er und ich nickte "Ich denke nur an meinen Vater, nichts weiter" kehrte ich das Thema unter den Tisch und sah zu dem zweiten Rucksack den er gerade packte "Was ist das alles?" fragte ich verwirrt "Das ist alles was ich von Leuten gestohlen habe. Wir werden es mit nehmen um auf dem Weg Essen kaufen zu können sowie eine Unterkunft wo wir nachts bleiben können".

Okay jetzt ist alles klar, ich lebe zusammen mit einem professionellen Dieb. Herzlichen Glückwunsch an mich selbst an dieser Stelle, aber ich musste zugeben das es keine schlechte Idee war, weil wir können für so viele Tage kein Essen mitnehmen, das wird alles schlecht. Er befahl mir ich solle noch eine zweite Box mit wertvollen Sachen füllen wie Halsketten und so. Das musste alles extra gelagert werden damit sie keine Kratzer oder Schlagstellen bekommen, sonst mindert sich der Wert.

Ich fragte mich noch dazu wie wir das alles weg bekommen wollten "Wie sollen wir das alles alleine tragen? Das ist unmöglich nur zu zweit" fragte ich mit einem Fragezeichen im Gesicht "Ich hab uns etwas Hilfe besorgt. Zwei Kollegen von mir kommen morgen um uns tragen zu helfen" Antwortete er und ich schloss die Box mit Klebeband "Können wir ihnen vertrauen?" wollte ich wissen, denn ich war etwas misstrauisch "Ja, keine Sorge, einer von ihnen ging mit mir zur selben Schule, sie sind gute Freunde von mir und sind damals mit geflohen".

Meine Augen drehten sich zu ihm und ich hob eine Augenbraue an "Wie viele haben es bitte geschafft zu fliehen?", ich war komplett verwirrt denn er sagte ja sie planten nur einen Anschlag und nicht 100 "Viele, als du 13-14 Jahre alt warst wollten viele Menschen fliehen durch Attacken auf die Mauer. Wir haben dasselbe getan ja, aber die Medien haben nie davon berichtet, sie hatten Angst das die Anschläge zunehmen wenn sie erfahren wie viele es geschafft haben so zu fliehen" erklärte er und senkte den Kopf "Der der damals den Zünder ausgelöst hatte ist einer der Freunde die uns morgen helfen". Ich öffnete etwas mehr die Augen aber wollte nicht weiter nachfragen, er würde es mir sowieso nicht erzählen. Ich werde ihn sicher kennenlernen und kann dann direkt danach Fragen.

Seine Augen suchten wieder meine. Die kleine Flamme kehrte zurück in den toten und leeren braunen Augen. Das machte mich jedes Mal schwach ohne das er mich berühren musste. "Bist du fertig?" fragte er und wechselte damit das Thema, ich nickte "Gut, dann gib mir die Kiste und stell den Rucksack neben den Tisch" verlangte er und ich tat was er wollte. Also räumten wir das Chaos zusammen auf und sortierten die wichtigen Sachen raus die wir brauchten. Danach ließ ich mich aufs Sofa fallen und schlug ein Bein über das andere. Mr. Min setzte sich neben mich mit einem Arm auf der Lehne und breitbeinig.

Ich war immer noch Ratlos wie er es ständig schaffte mich so nervös zu machen indem er nur neben mir saß, aber er schaffte es, also rutschte ich etwas zur Seite um Abstand zu gewinnen was er natürlich bemerkte "Was machst du da?" fragte er mit einer gefährlichen Aura um ihn herum "Uh, nichts" versuchte ich meine Aktion zu überspielen, aber er ließ es nicht zu "Suchst du schon wieder den Abstand zu mir?" fragte er erneut mit einem gefährlichen Unterton als hätte ich etwas schlimmes verbrochen. Eine Gänsehaut rollte über meinen Rücken "N-Nein!" verteidigte ich mich selbst und sah ihn an.

Seine Augen fuhren wieder über meinem Körper "Achso" sagte er einfach und ich versuchte mich selbst zu beruhigen indem ich auf die Zeit sah, 19:56 Uhr und ich wurde wieder müde. Vielleicht sollte ich mich einfach nochmal hin legen, aber mit ihm neben mir war ich mir nicht sicher ob ich einfach so schlafen kann ohne angefasst zu werden.

Weißt du was? Ich mach es einfach, scheiß drauf. Ich legte meinen Kopf auf die Lehne und schloss die Augen trotz seiner Blicke auf mir. Meinen erhöhten Herzschlag versuchte ich zu ignorieren, das klappte am besten als ich seine Finger an meinen Haaren spürte, er fuhr mir sanft durch die Haare als würde er mich in den Schlaf streicheln und ich genoss das sehr also entspannte ich mich. Sogar noch mehr als seine weichen Lippen meine Wange berührten. Egal wie oft er grob war und einem das Gefühl gab jeder wäre ihm egal hat er doch eine weiche Seite die ich gerne öfter sehen wöllte.

Damit versuchte ich nochmal etwas zu schlafen.

Ripped OutWo Geschichten leben. Entdecke jetzt