91

28 5 0
                                    

...das verhindere ich irgendwie.

Leicht gedankenversunken betrachtete ich die ganzen Bilder die Jin auf seiner Seite des Zimmers aufbewahrte. Auf den meisten war eine wunderschöne schwarzhaarige Frau abgebildet, sie hatte zwar sehr kurze Haare, aber ihr Gesicht war rein und edel, fast wie seins. Sie zeigte sich auf den meisten Bildern lächelnd und ihre Augen strahlten überall die gleiche Energie aus, selbst auf einem der Familien-Fotos die neben dem Fernseher auf der Kommode standen. Er hatte also zwei Kinder, zwei Söhne wie es aussieht, vielleicht zwischen 7 und 10 Jahren wenn ich schätzen müsste.

Sie gaben eine traumhaft schöne und perfekte Familie ab, aber genau diese Familien haben immer die dunkelsten Geheimnisse welche sie hinter ihrer Perfektion versteckten damit niemals jemand Wind davon bekommt. Solche Menschen durchleben die meisten Qualen und sowas ist nicht fair, jede Familie sollte das Recht auf ein friedliches Leben haben.

Plötzlich nahm ich Schritte auf dem Gang wahr und ehe ich es geschafft hatte den Kopf zu drehen stand auch schon mein neuer Zimmergenosse auf der Schwelle und sah mich leicht verwundert an. Sofort nahm ich Abstand von seiner Seite "Entschuldige, deine ganzen Bilder haben mich einfach fasziniert, ich wollte damit nicht in deiner Privatsphäre wühlen" entschuldigte ich meine Neugier sofort, aber aus seiner Verwunderung wurde schnell wieder ein Lachen "Ach, keine Sorge, was meins ist ist auch deins, wir leben immerhin unter einem Dach zusammen und möchten vielleicht auch etwas über den anderen wissen" schlug er vor und betrat vollständig den Raum. Ich begab mich zurück auf meine Seite mit den nackten und leeren Wänden, aber meine Augen blieben auf seinem Teil des Zimmers.

"Stimmt, ich denke du hast Recht" stimmte ich immer noch in Gedanken zu und er setzte sich auf sein Bett mit Blick zu mir "Alles okay? Du wirkst immer noch so nachdenklich" wies er mich darauf hin und ich schüttelte schnell den Kopf um mich endgültig zurück in die Realität zu bringen "Ja, ja, alles super. Es gibt eine Menge Sachen dir mir durch den Kopf gehen" gab ich zu, aber verschluckte die restlichen Worte eher. Mein Gegenüber nickte verständnisvoll "Dann ist ja gut das ich für heute Abend auch schon alles erledigt hatte, du brauchst wohl mehr als ein paar Stunden um dich zu ordnen" stellte er fest, ich senkte nur den Blick "Danke dir".

Kurz übernahm die Stille den Raum und ich überlegte ob ich ihn fragen sollte was er getan hat, er, dieses Model, diese Schönheit von einem Mann, aber ich wollte ihn nicht bedrängen mit meiner Neugier. Früher oder später erfahre ich es sowieso und Fragen kostet schließlich nichts, also kann ich ihn mal darauf ansprechen. "Jin?" suchte ich das Gespräch neu auf "Ja?" antwortete er sofort und stützte die Unterarme auf seinen Oberschenkeln ab. Kurz atmete ich nochmal ein "Ich will dir keines Weges zu nahe treten, aber ich verstehe nicht wie jemand wie du im Gefängnis landen kann" rückte ich geradewegs mit meinen Gedanken heraus und er ging sich kurz mit den Fingern durch die leicht lockigen Haare.

"Lass mich dir sagen das jeder ein Verbrecher werden kann. Jeder Mensch, egal ob er noch so brav und unschuldig aussieht, kann einen großen Fehler begehen. Das muss nicht mal gewollt sein, man braucht sich einfach von seinen Gefühlen überwältigen lassen und handelt ohne es wirklich zu merken, als würde jemand von dir Besitz ergreifen" beschrieb er seine Gedanken zu dem Thema genaustens und insgeheim gab ich ihm Recht, das konnte jeder wenn man es nur wöllte und einen Anreiz dazu hat. "Und was hat dich hier her verfrachtet?" engte ich den Gesprächsstoff mehr auf ihn als Person ein "Eine gefährliche Körperverletzung und versuchter Mord haben mich 9 Jahre hier eingesperrt. Eigentlich wollten mir die Richter 15 Jahre geben, aber mein Anwalt hat das Strafmaß auf 9 Jahre herunter gebrochen." erzählte er und ich bekam den Mund nicht mehr zu. Ich war geschockt und verwundert zugleich.

Ripped OutWo Geschichten leben. Entdecke jetzt