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14.05. Freitag, um 16:07 Uhr, ca. 2 3/4 Jahre später.

Mittlerweile war ich 24 Jahre alt.
Das Gefängnis wurde mein Zuhause und
Jin war wie mein großer Bruder.

Mein ganzer Alltag wurde normal und ich sah schon gar nicht mehr den Tag an dem meine Freilassung an stand, aber dieser war heute in genau 12 Monaten.
Die ganzen Jahre vergingen wie im Flug obwohl ich am Anfang dachte das wird eine hundert Jahre lange Qual.
Trotz meiner guten Führung musste ich alle beschlossenen Jahre absitzen, das war der Preis für meinen angeblich 'versuchten Mordes' an dem Polizei Beamten im Revier von Seoul am Tag meines Gericht Termins.
Leider musste ich zwischendrinnen erfahren das Jins Antrag schon wieder vom Gericht abgelehnt wurde, das machte ihn für einige Tage so krank, vor allem seelig. In der Zeit war ich ganz besonders für ihn da und heute freute er sich nur das ich meine Freiheit bald zurück gewinnen durfte.

Tzuyu kam mich regelmäßig zu allen besonderen Anlässen im Jahr besuchen. Tae und Kook kamen eher weniger, sie hielten sich an meine Bitte was mir im Endeffekt richtig gut tat. Ich konnte einen Abstand zu allem gewinnen, kam über meine gesamte Vergangenheit hinweg und erholte mich vollständig von allem. Sogar den Tod meines Vaters konnte ich hier schlussendlich komplett als passiert abstempeln, ich wusste das er da oben auf unsere Familie acht geben wird.
"Jimin-ah" riss mich eine Stimme aus den Gedanken und ich fuhr auf der Stelle herum bis sich die Blicke vom Wärter und mir trafen "Ja? Was gibt's?" fragte ich neugierig und ließ kurz ein Lächeln über meine Lippen laufen "Erstmal herzlichen Glückwunsch das sie nur noch ein Jahr hier bleiben müssen" begann er mit einer guten Nachricht. Dankbar neigte ich den Kopf und ließ ihn dann zum eigentlichen Grund seines Anliegens kommen. "Du hast Besuch von einem Park Sungyeok".

Verwirrt blinzelte ich ihn an bevor dieser Name endlich in meinem Kopf ankam, aber ich ging mir nochmal sicher "Bitte wer?".
"Park Sungyeok" wiederholte er den Namen leicht verwundert. Ich begann zu lachen sobald der Name in meinem Kopf ankam, da ich es für einen Witz hielt "Du hast echt Humor mein Freund" lobte ich, aber er hob eine Augenbraue "Das ist kein Witz, komm, er wartet unten in der Besucherzelle auf dich", Hals über Kopf wollte er los, aber ich folgte ihm nur eine paar Schritte zur Schwelle bevor ich ihn aufhielt. "Tut mir Leid, aber dieser Mann ist tot" stellte ich klar, aber er drehte sich zu mir und schüttelte den Kopf "Er sitzt quicklebendig in dem Zimmer" wollte er mir weiß machen, aber ich konnte meinen Ohren keinen Glauben schenken. Das kann absolut nicht sein, da muss ein Fehler unterlaufen sein, den dieser Mann namens Park Sungyeok ist mein Vater und er ist vor 12 Jahren in einem Autounfall ums Leben gekommen. Da kann es doch nicht sein das er hier ist außer sein Geist will mit uns in Kontakt treten, ich lass mich doch nicht verarschen, aber um das herauszufinden müsste ich meinen töten Besucher im Empfang nehmen.

"Gut..ich komme mit" willigte ich schließlich doch ein und folgte ihm enorm misstrauisch nach unten zur Zelle wo er angeblich sitzen würde. Als wenn das ein Prank ist dann verstehe ich das nicht als Spaß, über rote Verwandte macht man absolut keine Scherze.
Wir blieben stehen, die grüne Tür verschwand vor meinen Augen und sofort erhaschte ich einen Mann der bereits auf einem der Stühle saß und den Blick zu mir richtete.
Meine Augen wurden groß und ich erstarrte nahezu zu Eis als ich diesen Menschen ansah.
Das kann nicht sein...
Das Bekannte Gesicht hatte bereits graue Haare bekommen, einen drei Tage Bart und war ungefähr Mitte 50.
Er zog minimal die Mundwinkel nach oben, aber ich spürte nichts als Trauer, Verwirrung und Hass. Der Werter drängte mich von hinten in den Raum und schloss die Tür, aber ich bewegte mich keinen Zentimeter vom Fleck "Das kann nicht sein, ich muss träumem, du bist tot...seit 12 Jahren" dachte ich laut und fassungslos da senken sich seine Mundwinkel wieder ab.
Langsam setzte ich mich in Bewegung und ging mit einem guten Sicherheitsabstand an meinen Platz und ließ mich langsam auf den Stuhl sinken.
Meine Haltung war verkrampft im jeder Zeit in Windeseile fliehen zu können während meine Augen ihn mehr als genau beobachteten. Misstrauisch rutschte ich 1,5 Meter vom Tisch weg nach hinten, aber blieb bei meiner verkrampften Haltung.

"Hallo..mein Sohn" begrüßte mich der alte Mann. Sofort sah man mir meine Wut an die ihn sofort zu einer Erklärung drängte "Ich weiß das mag jetzt ziemlich plötzlich und unerwartet sein das ich nach 12 Jahren geglaubten Todes unangekündigt hier auftauche, aber bitte lass es mich erklären" bat er um Verständnis, aber mein Blick allein Zwang ihn nochmal sich sofort ausführlich zu erklären. "Damals bei dem Unfall..das war nicht ich. Ja es ist passiert, aber der Mann der dabei sein Leben verlor war nicht ich! Ich war Schuld daran, es war mein verdienst. Einige Bewohner haben mich dann gefunden un-".
"Wer war dann der Mann den wir als dich identifiziert haben?" unterbrach ich, denn seine Nebengeschichte war mir herzlich egal, ich wollte direkte Erklärungen für das was passiert war.
Dazu will ich sicher gehen das ich keinen Knacks weg hatte, aber wenn selbst der Werter und die Security ihn sehen können scheint das wirklich die Realität zu sein.

Mein Vater ist am Leben.

"Das war nicht ich mein Sohn..er hatte meine Personalien da ich sie ihm eingesteckt hatte damit sich meine Spur vermischt. Natürlich war es Glück das der verstorbene eine sehr starke Ähnlichkeit zu mir hatte, aber..." versuchte er meine Gedanken und eingebrannten Eindrücke wieder rückgängig zu machen, aber die Jahre waren zu prägend und gerade jetzt spielte sich 'seine' Beerdigung genaustens vor meinem inneren Auge ab.
Meine Augen fuhren seinen Körper ab und es gab keinen Zweifel, er war es, mein Vater lebt, jedoch kann ich es nicht glauben. Das erste Mal verstand ich das ich das Aussehen von ihm geerbt hatte, jetzt sah man es am besten.
Ohne den Kopf zu heben sah ich ihn Böse an und konnte mir keinen weiteren Erklärungen mehr anhören, also ließ ich meinem Frust freien Lauf.
"Warum bist du dann nicht zurück gekommen?!" fuhr ich ihn an "Ich war der schuldige in einem Umfall, ich hab jemanden getötet.." wollte er sich rechtfertigen, aber ich akzeptierte keine Ausreden "Ach und das war der Punkt wo du dir gedacht hast 'Ich verpiss mich jetzt einfach und Belüge meine Familie länger als ein Jahrzehnt!'". Meine Fingernägel krallten sich in den Stoff meiner Hose, irgendwie musste ich die Wut in Schmerz umwandeln.

"Nein, so war das ni-".
"Du hasst mich und Mama alleine gelassen weil du zu Feige warst deine Tat zu gestehen!" ließ ich ihn nicht mal mehr ausreden. Meine Wut war auf 180 Grad, wenn nicht sogar noch mehr.
Sein Blick füllte sich mit Schuld und Trauer, aber das hob mich nicht an, nicht mal im Ansatz und er versteckte die Hände unterm Tisch. "Ich hätte euch einfach nicht mehr unter die Augen treten können. Als ich den Unfall hatte und der Mann wegen mir draufgegangen ist wollte ich keine Schande für euch sein. Ich dachte es sei besser wenn ich einfach von der Bildfläche verschwinde und du warst doch so jung, da bekommt man die Sachen noch nicht so aktiv mit und-".

Mit einem enttäuschten und fassungslosen Lachen lehnte ich mich nach hinten. Ich konnte und wollte seine Worte einfach nicht glauben ebenso wie ich nicht mehr von seinen Geschichten hören wollte.
"Du willst mir also weis machen es sei okay seine Familie im Stich zu lassen nur weil man 'dachte' es sei ja nicht so schlimm als tot identifiziert zu werden?? Mama hat tagelang geweint und konnte sich bis heute nicht erholen. Ich wuchs ohne einen Vater auf und hab dich die ganzen Jahre vermisst, dann fällt dir nichts besseres ein als hier aufzukreuzen, mir flüchtig weis zu machen das du noch lebst und dann irgendwelche Geschichten erzählst die ich auch noch glauben soll?? Was denkst du wer du bist huh?!".
Meine Stimme hallte Lautstark durch den Raum und ich war ruckartig aufgestanden um die Handflächen auf den Tisch zu schlagen. Meine Haut begann leicht zu kribbeln nachdem der kurze Schmerz verblasste.

Kurz kehrte Stille ein.
Die Luft war auf meiner Seite enorm geladen, komplett unter Spannung und kurz vorm explodieren, das spürte nicht nur ich.
Da er aber anscheind nichts mehr zu sagen hatte war ich bereit aufzubrechen, aber er sagte etwas, was mich animierte zu bleiben, wenigstens für einen kurzen Augenblick.

Ripped OutWo Geschichten leben. Entdecke jetzt