78

27 7 0
                                    

...es ist so schon schlimm genug.

Mit jeder Sekunde die verging rutschte ich immer unruhiger auf dem Sitz hin und her. Auf einer Seite wollte ich wissen was mit meinem Freund passiert und ob es ihm gut geht, auf der anderen wiederum aktivierte sich mein siebter Sinn, wir schienen Wohl meiner Heimat immer näher zu kommen und damit auch den neuen Problemen die sich mir eröffnen werden. "Du machst dir sicher Sorgen um Yoongi oder?" fragte der Beamte am Steuer plötzlich und sah mich durch seinen braunen Augen im Rückspiegel wieder an. Ich hob den Kopf und erwiederte seine Blicke "Da fragst du noch? Ich hab schon ein kribbeln in den Fingerspitzen, ich will wissen was mit ihm passiert" bestätigte ich seine Frage ausführlich. Der Mann mit den grünen Haaren legte kurz ein Lächeln auf "Tut mir Leid, hätte ich mir denken können", dann räusperte er sich "Nun, ich hab gefragt was mit ihm passiert". Mein Blick erhellte sich innerhalb weniger Sekunden "Was? Was?? Sag es mir bitte" drängelte ich.

"Okay okay, es wird dir aber nicht gefallen. Er bleibt in Jilin und wird zu einem speziellen Gericht gebracht, eines für langjährige ungelöste Fälle was von uns aus geleitet wird. Man kann es eine Außenstelle nennen, aber die Richter sind nicht gerade freundlich und gnädig mit den Tätern. Ich kann demnach nicht versprechen das er fast genauso viele Jahre bekommen wie du", meine Kinnlade hatte sich ein Stück gesenkt "Das klingt so schlimm, für mich und ihn, aber wird es ihm gut gehen?" wollte ich wissen mit besorgtem Gesichtsausdruck und mein Fahrer nickte "Natürlich, er ist doch absolut hart im Nehmen. Er wird sicher viele Freunde und Gleichgesinnte finden." versuchte er mein Gewissen zu beruhigen, aber ich ließ nur leer meinen Blick gegen den Vordersitz prallen. "Wie kannst du sowas sagen? Auch wenn er sowas kennt heißt es nicht das er so wie immer damit klar kommt. Außerdem warum lassen sie ihn in Jilin? Soll er jetzt immer dort bleiben?" ließ ich meinen Gedanken freien Lauf und der junge Mann vor mir blieb kurz ruhig.

Er schüttelte dann den Kopf "Nein, er wird danach wieder in seine Heimat gebracht und dort kommt er dann in ein angebrachtes Gefängnis. Er könnte schon in Korea sein wenn wir ankommen oder auch noch nicht, das kann ich nicht ein schätzen. Ich weiß auch nicht ob er auf unser Revier kommt oder nicht, das kann ich leider nicht sagen, aber ich bin sicher er überlebt es, genauso wie du" blieb er weiter positiv, aber ich hatte schon die Hoffnung auf gegeben und seufzte nur. "Ich will aber seine Hand halten...umso besser kann ich es überstehen" murmelte ich zu mir selbst, aber er bekam jedes Wort mit und setzte ein kurzes Lächeln auf "Du bist wirklich Hals über Kopf verliebt. Er denkt sicher auch gerade so wie du" bemerkte er und ich spürte wie meine Wangen etwas heiß wurden "Ich wünschte ich könnte seine Gedanken lesen aus egal welcher Entfernung", er blieb ruhig und sah mich einfach nur an. Das rauschen der Räder auf dem Asphalt wurde lauter und die Umgebung sah immer noch genauso langweilig aus wie vorher.

"Es ist jetzt deine Verpflichtung ihn zu beschützen. Diese Mann ist sensibler als er jemals zugeben würde, er nimmt sich die Sachen schnell zu Herzen, also pass auf ihn auf. So wie es aussieht verdankt du ihm auch dein Leben" kam er plötzlich mit Informationen hervor die er gar nicht wissen kann "Woher weißt du das alles? Ich hab dir niemals erzählt das er mich gerettet hat" sagte ich empört, aber er blieb ganz ruhig "Doch, gerade eben hast du es mir bestätigt". Ich wollte jetzt am liebsten die Arme verschränken, aber das war mir nicht möglich. "Ich wusste aber niemals das er so eine Seite hat, Einfühlsam ja, aber sensibel? Kann ich mir kaum vorstellen, er hat zwar auch eine Träne fließen lassen als wir getrennt wurden, aber.." "Warte was? Min Yoongi hat geweint?" fiel er mir halb ins Wort "Eh...nicht direkt aber so ein bisschen schon" erklärte ich die Sache genauer auf und er nickte paar Mal "Dann ist das sicher, er liebt dich, so sehr wie du ihn. Ihr seid wirklich füreinander bestimmt".

Das Gefühl hatte ich ebenfalls, das Schicksal wollte es so und deshalb bin ich diesem so dankbar. Trotzdem fand ich es nicht so nett das er Yoongi die ganze Zeit so darstellt als wäre er ein gefühlloser Roboter nur weil er nicht weint oder über seine Probleme redet. Es ist immerhin jedem seine Sache ob er sich immer in den Mittelpunkt drängt oder ob es sich zurück zieht, ich persönlich bevorzuge es auch unauffällig zu sein, ich halte die Dinge lieber geheim anstatt sie an die große Glocke zu hängen. "War er denn schonmal Eifersüchtig?" fragte der grünhaarige weiter und ich musste mich kurz wieder an den Moment mit Namjoon zurück erinnern welcher mir ein kleines Lächeln auf die Lippen zauberte bevor ich nickte "Ja, als ich ihm meinen besten Freund vor gestellt habe. Das war wirklich süß und so hab ich ihn noch nie erlebt". Er nickte "Es tut mir echt Leid das du da durch musst, ich wünschte ich könnte euch beide irgendwie zusammen bringen, aber das steht nicht in meiner Macht, dafür ist mein Rang zu niedrig" erklärte er und seufzte bevor er sich wieder auf die Straße konzentrierte.

Verwundert beobachtete ich den Mann durch den Rückspiegel "Wieso sagst du sowas? Alle anderen Beamten haben mich verabscheut und wie Dreck behandelt. Warum du nicht?" rückte ich nun endlich mit der wichtigsten Frage raus die nun schon seit langem in meinem Kopf herum flog. "Ich sehe immer das gute in Menschen, es ist nichts falsch daran seinen Träumen zu folgen und auch nicht jemanden zu lieben der nicht der Norm entspricht", seine Worte bestätigten mir das er ein seltener Einzelfall ist und das alles so akzeptiert wie es ist, leider gab es solche Menschen in Korea nur ganz selten. Alle werden eigentlich nur so erzogen eine Frau zu finden, zu Heiraten, Kinder zu bekommen und einen guten Abschluss zu haben. Im schlimmsten Falle müssten sie noch die Träume ihrer Eltern leben und müssen ihre eigenen Wünsche und Vorstellungen begraben. Ich war schon immer anders und meine Mutter hat mich auch anders erzogen, sie verfällt zwar der Norm ab und zu mal wieder vor allem wegen dem Thema Beziehung fände sie es schon schön wenn ich Tzuyu oder eine andere als meine Freundin habe, aber das wird sie auch verstehen...eher hätte es verstanden wenn ich nicht einfach Spurlos verschwunden wäre ohne ein Lebenszeichen von mir zu hinterlassen.

Mit verzweifelten Blick sah ich nochmal nach draußen und lehnte meine Stirn gegen die kalte Scheibe. Wenn es doch einen Gott gibt oder ein gnädiges Schicksal, dann erfülle mir doch bitte den einen Wunsch ihn noch einmal zu sehen. Ein letztes Mal seine Stimme zu hören, sein Lächeln zu sehen und seine Berührungen zu spüren, einfach noch ein aller letztes Mal, danach verlange ich nie wieder etwas von dir, dann kannst du mich so oft bestrafen wie du willst, aber lass mich einfach mit ihm zusammen sein. Während der weiteren Fahrt spürte ich wie sich meine Wut und Verzweiflung einfach mehr in Traurigkeit um wandelte, ich konnte nicht mehr und wollte nicht mehr.

Ripped OutWo Geschichten leben. Entdecke jetzt