Marlena hatte eine unruhige Nacht verbracht. Auch wenn Dorn ihr seinen Respekt ausgesprochen hatte, dass sie seine Hinweise so schnell verstanden hatte würde das bevorstehende Gespräch kein leichtes werden.
Fast hatte die junge Drachenreiterin das Summen ihrer Weckkugel begrüßt. Wenigstens war jetzt das warten vorbei. Von Elain hatte sie sich den Weg in die privaten Räumlichkeiten ihres Onkels beschreiben lassen und war nun auf dem Weg dorthin. In kräftigen braunen Haarschopf hatte die junge Frau zu einem Zopf zusammen geflochten und bei der Auswahl ihrer Kleidung darauf geachtet, dass sie etwas trug in dem man sich gut belegen konnte. Ein weißes Wams, eine sandfarbenen Hose und Stiefel aus rot-braunen Leder bildeten ihre Kleidung. Gedankenverloren strich junge Halbling über den Griff von Garcí d' Esterní. Das Gewicht ihrer weißen Klinge gab mir das Gefühl, dass ein Teil von Alonvy bei ihr war. Die Gänge zu Murtaghs Privatgemächern waren zu engen als das ein Drache sich hätte hindurch zwängen können. Marlena vermutete, dass Morzan keinen Wert mehr darauf gelegt hatte in der Nähe seines Drachens zu sein nachdem dieser seinen Namen und seinen Verstand verloren hatte.
Als Marlena die dunkle Doppelflügeltür aus glänzendem Ebenholz erreichte schwangen diese wie von Geisterhand auf.
- "Das war Murtagh." - erklärte Dorns raue Stimme der leicht erschreckten Reiterin. - "Er will dich einschüchtern Mädchen. Will dir zeigen dass er hier die Kontrolle hat. Nicht verzweifeln. Du weißt das das ein ganz einfacher Zauber ist den Du auch selbst wirken könntest." -
Es wäre für Marlena in der Tat kein Problem gewesen selbst einen derartigen Zauber auszusprechen doch ganz verfehlte das Manöver seine Wirkung nicht.
- "Keine Angst kleine Halbling. Ich bin ja auch noch da." -
Der sanfte Strom von Gedanken ihrer Drachendame beruhigte Marlena in der Tat ein wenig. Obwohl Dorn sie gut gerüstet hatte machte sie sich Sorgen. Weniger der Erfolg ihres Unternehmens stand für sie infrage sondern ob es richtig war zu tun was sie beschlossen hatte. In gewisser Weise würde sie ihrem Onkel weh tun müssen und das wollte der junge Reiterin im Grunde auf keinen Fall.
- "Erinnerst du dich noch als ich mir als Schlüpfling diesen Splitter in die Pfote getreten habe?" -
Die Frage der Weißen erreichte Marlena als sie durch den Hauptflur von Murtaghs Privaträumen schritt. Obwohl magische Laternen an den Wänden des Flures ausreichendes Licht spendeten wirkte der Gang doch düster. Die Wände waren mit rotbraunen Holz getäfelt und ein dicker blutroter Teppich auf dem Boden in denen ein schwarzes Rankensmuster eingewebt war absorbierte jedes Geräusch.
-" Natürlich erinnere ich mich. Was mir schließlich fast den Finger abgebissen als ich ihn hinaus gezogen habe. Es wundert mich, dass du dich noch daran erinnerst. Du warst schließlich erst fünf Tage aus deinem Ei." -
- "Ich erinnere mich deshalb daran, weil es mir bis heute peinlich ist ich mich damals aufgeführt habe. Du hast mir deutlich zu verstehen gegeben, dass du mir helfen wolltest und trotzdem habe ich gezappelt und wie du schon ganz richtig gesagt das ziemlich fest zu gebissen."-
-" Dort ist ein wenig Angstverlustes dass es weh tut einen Splitter........"-
Erkenntnis flutete durch Marlenas Geist. Sie wusste warum ihre Seelenschwester dieses Thema in jetzt angesprochen hatte. Deutlich konnte sie Alonvys Zufriedenheit spüren.
- "Sicher wird die Erkenntnis für dein Onkel und angenehm sein." - erklärte die junge Drachendame. - "Aber wie sagt ihr Zweibeiner immer? Besser ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende. Genau das erwartet den Bruder deines Vaters wenn er die Chance verstreichen lässt sich mit seiner Gefährtin zu versöhnen. Stille vor du müsstest ein unsterbliches Leben damit verbringen ihr vorzuwerfen, dass die letzten Worte die Du mit deiner ersten großen Liebe gesprochen hast im Streit gewechselt wurden. Wie gesagt, die Erkenntnis die dein Onkel erwartet wird unangenehm sein aber um ein Vielfaches schmerzhafter wäre es nie die Antworten auf die Fragen zu bekommen dir jetzt vielleicht Nasuada noch stellen möchte." -
Diesen Argumenten hatte die junge Halbling nichts entgegenzusetzen.
Schließlich erreichte Marlena zwei Türen die jeweils links und rechts aus dem Gang abzweigten.
Wieder meldete sich Dorn:
- "Du musst weiter geradeaus. Die rechte Tür führt in das Arbeitszimmer meines Reiters und von dort gelangt man auch in sein Schlafgemach. Die linke Tür führt in seine private Bibliothek. Er verwahrt dort zwar keine großen Geheimnisse aber Schriften die ihm persönlich wichtig sind. Unter anderem ein Buch welches dein Vater ihm bei unserem ersten Besuch in der Ostmark geschenkt hat. Damals trug dieser Ort noch nicht mal diesen Namen." -
- "Worum geht es in dem Buch?" - erkundigte sich Marlena während sie weiterging. Die Unterhaltung mit den beiden Drachenreiter dir sich etwas abzulenken.
- "Im Grunde sind es zwei Bücher die dein Vater meinem Reiter überlassen hat." - erklärte die raue Stimme des roten Drachen. - "Bei dem ersten Werk geht es um eine Abhandlung was das Verhalten wilder Drachen betrifft. Da wir uns damals bereit erklärt hatten ein wachsames Auge auf eine neu gegründete Brutgruppe zu haben war es meinem Reiter recht nützlich etwas mehr über wilde Drachen zu erfahren." -
- "Und das zweite?" -
Es überraschte Marlene etwas, das eine Welle von Belustigung von Dorn zu ihr herüber schwappte.
- "Das Buch war meinem Reiter auch recht nützlich. Ich glaube aber nicht dass er das zugeben würde." -
- "Wieso? Worum ging es denn in dem Buch?" -
- "Es war ein Buch mit Gedichten. Elfische Liebesgedichten um genau zu sein. Ein kleiner Beitrag deines Vaters zum Glück meines Reiters und seiner Gattin." -
Nur mit Mühe konnte Marlena ein Kichern unterdrücken. In der Tat hatte ihr Vater eine Schwäche für die Poesie der Elfen aber zu ihrem Onkel wollte das so gar nicht passen.
- "Du musst durch die Tür direkt vor dir." - sagte Dorn als Marlena schließlich eine weitere Doppeltür aus Ebenholz erreicht hatte. Sie spürte einen leichten Luftzug der unter der Tür hindurch blies und deutlich spürte sie, dass hinter dieser Tür das Lied des Lebens erklang.
Als die junge Halbling die Tür öffnete und hindurch trat ob sie überrascht die Augenbrauen. Sie hatte eine ausgedehnte Parkanlage betreten. Morzans ehemalige Burg war zwar in einem der Berge des Buckel eingelassen aber offenbar hatte der ehemalige Gefolgsmann des Königs Wert darauf gelegt auch blühendes Leben um sich zu haben. Vor Marlena erstreckte sich ein kleiner Krater der etwa die Größe eines Ballsaals hatte. Übersicht konnte die junge Halbling das Blau des morgendlichen Himmels erkennen. Am Grund des Kraters waren kunstvolle Blumenbeete und malerische Baumgruppen gepflanzt worden. Es verwunderte die Drachenreiterin etwas wie warm es an diesem Ort war. Im Grunde hätte man annehmen müssen, dass ein Ort der so hoch im Gebirge lag mit weit unangenehmeren Temperaturen aufwartete.
Marlena glaubte die Erklärung dafür im Herzen des Gartens entdeckt zu haben. Dort war ein kunstvoller Springbrunnen angelegt. Ein sich aufbäumender Drache spukte eine Wasserfontäne in ein Sammelbecken. Aus diesem Becken stiegen Rauchschwaden auf. Marlena vermutete, dass das Wasser aus derselben heißen Quelle stammte wie der Wasserfall der unterhalb des Plateaus auf dem der Eingang zu Burg lag aus dem Felsen brach. Vielleicht hatte Morzan einen Zauber gewirkt, der die Wärme, die von dem Brunnen ausging in der Gartenanlage hielt.
Marlena überblickte den Park aus einer leicht erhöhten Position. Die Tür hatte die junge Reiterin am oberen Ende einer dreistufigen Treppe ins Freie entlassen. Die Treppe bestand aus weißem Marmor und und schloss sich an einen kleinen Überdachtenvorraum an wo man bei schlechtem Wetter geschützt sitzen konnte.
Rechts und links von der Tür durch die Marlena getreten war hatte jemand kunstvolle Wunschbilder in die Felswand eingelassen. Interessierte betrachtete Marlena die Darstellung. Zunächst die beiden zu ihrer Rechten. Das Bild zeigte einen älteren Mann mit freundlichen Gesichtsausdruck der sich auf ein edles Schwert stützte und im Hintergrund ein graues Streitross.
- "Das ist Tornack." - erklärte Dorn als er erkannte, dass Marlena das Bild nicht wirklich zuordnen konnte.. - "Oder sollte ich sagen sowohl der am Zweibeiner als auch das Pferd heißen Tornack. Der Zweibeiner ab Montag den Schwertkampf beigebracht und war meinem Reiter während seiner Kindheit ein väterlicher Freund. Es hat Murtagh schwer getroffen als er gestorben ist. Zu seinem Gedenken hat er sein Pferd nach ihm benannt. Mein Reiter behauptet bis heute, dass dieses Tier fast so klug wie ein Drache gewesen sein soll." -
Marlena ging ein Stück weiter und konnte das Bild, was neben dem von Murtaghs Lehrer angebracht war nach einigen Sekunden einer Person zuordnen die sie nur von einem Fairith kannte, den ihr Vater stets in Ehren hielt. Dieses Wunschbild stellte Selena da, die Großmutter die Marlena nie hatte kennen lernen können. Auf dieser Abbildung trug die Magierin, die die Welt als schwarzer Hand fürchten lernte, nicht die Lederrüstung die Marlena vom Bild ihres Vaters kannte sondern ein edles schwarzes Kleid mit weinrotem Muster und ihre Haare wurden durch ein Perlennetz zusammengehalten. Hinter ihr jedoch waren Rüstung und Waffen deutlich auf einem Ständer auszumachen. Murtaghs Mutterblicke auf diesem Bild gedankenverloren aus einem Fenster und etwas zutiefst wehmütiges lag in ihrem Blick.
Marlena ging zu den andern beiden Abbildungen hinüber und war nicht überrascht, dass die erste Nasuada und Jalhod zeigte. Auf dem Bild war es ein sonniger Tag und im Hintergrund glitzerte ein See. Marlena konnte nur vermuten, dass dieses Bild an einen glücklichen Tag erinnerte als ihr Onkel und seine Gattin sich noch im Norden auf einem abgelegenen Landsitz trafen. Der jetzige König von Alagaesia war auf diesem Bild vielleicht 12 Sommer alt.
Als Marlena das letzte Bild betrachtete musste sie genau hinsehen um ihren eigenen Vater zu erkennen. Dieses Bild war offensichtlich entstanden als Eragon die Gabe der Drachen noch nicht empfangen hatte. Auf diesem Bild wirkte der jetzige Anführer der Reiter völlig menschlich. Allein die Tatsache, dass hinter ihm seine blaue Drachendame Saphira lag verriet Marlena, dass Eragon zu diesem Zeitpunkt schon ein Drachenreiter gewesen war.
Auf dem Weg schien es Abend oder zumindest später Nachmittag zu sein und Marlena erkannte die Ebene, die im Herzen von Alagaesia lag. Ihr Vater saß an einem Lagerfeuer und neben ihm nicht sein Schwert Brisingr sondern eine blutrote Drachenreiterklinge. Zar roc! Eragon lächelte auf diesem Bild ausgelassen, wirkte jedoch auch sehr erschöpft.
- "Dieses Bild zeigt einen Vater als er zusammen mit meinem Reiter durch Alagaesia gereist ist. An diesem Abend haben sie zum ersten Mal einen Übungskampf miteinander ausgefochten. Keiner konnte den anderen besiegen aber sie haben es beide genossen." - erklärte Dorn. - "Murtagh bedeutete dieser Moment so viel, weil er damals zum ersten Mal das Gefühl hatte einen Freund in seinem Alter zu haben. Tornack war für ihn ein Mentor und Vater aber wirklich Freunde hatte Murtagh so gut wie nie. Erst Recht nicht in seinem Alter. Die meisten, wollten ihn entweder ausnutzen um ihren eigenen Status beim König zu verbessern oder sich stellvertretend an Morzan rächen indem sie seinem Sohn schadeten. Als dein Vater und dein Onkel damals miteinander gefochten haben war es für meine Reiter ein tief greifendes Ereignis. Zum ersten Mal erlebte er die es war einfach mit einem Freund Spaß zu haben. Niemand beurteilte ihn oder erwartete gewisse Leistungen von ihm. Das war neu für ihn. Auch wenn die beiden zu diesem Zeitpunkt noch nicht wussten, dass sie Halbbrüder sind hat Murtagh diesen Augenblick festgehalten. Er hat einmal gesagt weil er sich damals wirklich frei gefühlt hat. Keine Zwänge lagen auf ihm und das Verhältnis Wasser zu Eragon hatte war völlig unbelastet von den Verbrechen seines Vaters oder den Dingen, zu denen Galbatorix ihn später gezwungen hat." -
- "Aber mein Vater machte einem Reiter doch schon längst keine Vorwürfe mehr deswegen!" - warf Marlena ein.
- "Ich weiß und dafür bin ich deinem Vater auch sehr dankbar." - brummte Dorn. - "Aber ganz hat Murtagh sich das nie verzeihen können. Nun aber genug von der Vergangenheit. Es wird Zeit du Küken." -
Mit einem Seufzer löste sich Marlena von den Bildern, durchquerte den überdachten Bereich und stieg die drei Stufen hinab die zur Parkanlage führten. Dorn hatte recht. Es wurde Zeit. Irgendwo in diesem Garten musste die junge Drachenreiterin einen Splitter entfernen. Nicht aus einer Pfote sondern aus einem Herzen.
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Eragon Buch 7 - Im Wandel der Zeiten
FanfictionEragons Tochter bricht auf um die wundersame Welt von Alagaesia zu erkunden. Diese Geschichte Gehört nicht mir. Sie Gehört dem Account Traeumer von FF.de. Ich habe die Erlaubniss diese Geschichte, in seinem Namen, hier auf Wattpad zu Veröffentliche...