Abend in Tronjheim

489 18 0
                                    


Mit einigen müden Flügelschlägen legte Beoram die letzten Meter bis zum Drachenhort von Tronjheim zurück. Dort angekommen ließ er seinen Reiter absteigen und nach dem Burod in den Sattel abgenommen hatte streckte der braune Drache ausgiebig seine Glieder und zog sich mit einem gewaltigen Gähnen in die Marmorhöhle zurück die ihm und seinem Reiter als Unterschlupf diente.
Burod hängte den Drachensattel an die dafür vorgesehenen Stelle und als er sich selbst der Höhle näherte er kannte er bereits an Beoram Steven ungleichmäßigen Atemzügen, dass der Drache eingeschlafen war.
Der Zwerg lächelte. Er konnte seinen Seelengefährten sehr gut verstehen. Die letzten Tage waren alles andere als einfach gewesen. Sie hatten aus einem pausenlosen Kampf um das Leben des gefangenen Magiers bestanden. Beoram hatte mehr als einmal bis an seine Grenzen gehen müssen um den vergifteten Zwerg mit seiner eigenen Lebensenergie vor dem Tod zu bewahren. Burod und die anderen Zwergen-Magier waren damit beschäftigt gewesen die Wurzel des Übels aus dem Blutkreislauf des Gefangenen zu entfernen. Eine schwierige und zeitaufwändiger Aufgabe. Erschwert wurde die ganze Angelegenheit noch dadurch, dass sich sowohl bei dem braunen Drachen als auch bei seinem Reiter und den unterstützenden Zwergen die Begeisterung für ihre Aufgabe in Grenzen hielt. Zu keinem Zeitpunkt hatte Burod vergessen können wen er damit soviel Einsatz am Leben erhielt. Es handelte sich um einen Knurlan der nicht mehr und nicht weniger versucht hatte als ihn zu töten. Mehr noch er hatte ihn mit Magie angegriffen. Das Mitglied der Sekte um Marantera hatte dabei völlig die Regeln der Magie außer acht gelassen. Ein Zeugnis für den Fanatismus des Kultes.
Burod bezweifelte, dass der Gefangene Dankbarkeit für die Bemühungen um sein Wohlergehen zeigen würde.
Nichtsdestotrotz war die Aufgabe nun erfüllt. Erfahrene Heiler der Zwerge hatten bestätigt das das Gift aus dem Körper des Gefangenen verschwunden war und nicht durch Splitter ist Dolches, mit dem man den Zwerg angegriffen hatte, neue Substanzen in dem Blutkreislauf gelangten. Sie hatten empfohlen den inhaftierten Zwerg noch eine Nacht ohne Bewusstsein zu lassen damit sein Körper neue Kräfte schöpfen konnte. Burod war mehr als nur der Versuchung gewesen der Zwerg sofort wach zu rütteln und mit der Befragung zu beginnen aber Beoram hatte ihn eines Besseren belehrt.
Es war in der Tat besser bis zum nächsten Morgen zu warten und auch selbst neue Kräfte zu sammeln. Mit einem ausgeruhten Geist ließ sich eine Befragung besser durchführen als mit der Wut der Erschöpfung.
Burod betrat nun ebenfalls seine Höhle, schnallte sich seinen Waffengürtel ab und warf ihn auf sein Bett. Gerade wollte er damit beginnen sich die Stiefel auszuziehen als ein leises Räuspern ihn herumfahren ließ.
Eigentlich war der Zwerg zu erschöpft Besuch zu empfangen aber als er sah, dass Orik Tochter Moira handelte hellte sich sein Gesicht auf.
Die Zwergen - Prinzessin kam mit einem Tablett zu ihm herüber und schenkte ihm ein aufmunternde Lächeln.
"Ich habe gehört, dass ihr eure Bemühungen um den gefangenen Magier endlich abgeschlossen habt." Erklärte sie. "Ich dachte er könnte etwas zur Stärkung vertragen."
Dankbar erkannte der Drachenreiter der Zwerge, dass eine Schüssel mit heißem Eintopf, ein Leib Brot und ein Krug Met auf dem Tablett standen. In der Tat war er sehr hungrig aber der Wunsch nach etwas Schlaf hatte ihn davon abgehalten sich in den Küchen der Stadt noch etwas essbares zu besorgen.
"Vielen Dank Moira. Ich hoffe euer Vater war nicht zu wütend darüber, dass ihr euch seinen Bogen "geliehen" habt."
Burod bedeutete Orik Tochter sich einen Stuhl heranzuziehen und machte sich über das mitgebrachte Essen her. Die Zwergen-Prinzessin hatte für die Sorge des Drachenreiters nur ein leises Lachen übrig.
"Nun, sagen wir er war ganz hübsch wütend." erklärte der junge Zwergin. "Aber er weiß, dass er es mit seinem Zorn nicht übertreiben sollte, sonst würde er das Missfallen meiner Mutter auf sich ziehen."
Burod lachte in sich hinein. Wie hieß es doch in einem alten Sprichwort seines Volkes: ein männlicher Knurlan hat nur soviel Macht, wie seine Frau ihm zugebilligt. Dies schien auch auf das Königspaar zuzutreffen.
"Habt ihr denn schon etwas erfahren können?" Erkundigte sich Moira.
"Bedauerlicherweise nicht." gestand Burod. "Die Heiler haben entschieden, den verdächtigen noch eine Nacht zu schonen und morgen mit der Befragung zu beginnen. Ich rechne allerdings damit, dass es ein hartes Stück Arbeit wird aus diesem Zwerg etwas herauszuholen."
"Das habt ihr schon angedeutet als sie den Zwerg gefangen genommen habt." erwiderte Moira nachdenklich. "Ihr meintet, das ein großer Fanatismus dazu gehört einen anderen Magiebegabten anzugreifen ohne vorher in den Geist seines Gegners eingedrungen zu sein. Ich gebe zu das ich das nicht ganz verstanden habe. Warum ist das wichtig?"
"Ich erinnere mich, dass ich Meister Eragon einmal dieselbe Frage gestellt habe." erwiderte Burod und leuchtete sich die Kehle mit einem Schluck Met an. "Magie ist eine komplizierte Sache. Wie alles in der Welt unterliegt die Regeln und wenn man sie bricht, kann man von Glück reden wenn man die Angelegenheit überlebt. Ein Duell der Magier ist eine sehr gefährliche Sache. Es ist so: nehmen wir mal an dass wir beide Magier wären und im Streit miteinander liegen würden. Wenn ich euch jetzt mit einem Zauber angreifen würde wäre das mit Sicherheit euer Tod aber in den Sekunden indem ich meinen Zauber ausspreche sowie in der kurzen Zeit die dieser zum Wirken braucht könnt ihr noch einen Gegenangriff starten. Einen vernichtenden Angriff da ihr ja nichts mehr zu verlieren habt. Wir würden uns also gegenseitig töten."
"Dann gibt es keine Möglichkeit sich gegen einen feindlichen Zauber zu schützen?"
Das Thema schien die Zwergen-Prinzessin zu interessieren. Bereitwillig gab Burod Auskunft.
"Man kann sich natürlich mit Schutzwellen umgeben aber das gibt auch keine garantierte Sicherheit. Zum einen muss man ja schließlich wissen wogegen man sich schützt. Sagen wir ich umgeben mich mit einem Zauber der mich vom Feuer schützen soll. Der ist völlig nutzlos wenn ihr zum Beispiel den magischen Befehle geben würde dass das Wasser in meinem Körper gefrieren soll. Außerdem liefert einen Schutzwall nur so lange Sicherheit wie mein Körper ihn mit Kraft versorgen kann. Ein Gegner, der seinen sicheren Tod vor Augen hat und mit seiner ganzen Lebenskraft angreift lässt sich durch eine magische Verteidigung nur schwer aufhalten. Ich muss ja schließlich genau dieselbe Menge an Lebenskraft dagegenhalten wie gegen mich eingesetzt wird. Wenn wir gleich stark sind bedeutet das, dass ich den Angriff nur unter Aufbietung allgemeiner Energie zurückschlagen kann. Dann würde ich auch sterben. Nur wenn mein Gegner schwächer ist könnte ich wohl darauf hoffen durch einen Schutzwall mein Leben retten zu können."
"Und inwiefern hilft es euch denn in den Geist eures Gegners vordringen könnt?" Wollte mach das klein eurer wissen.
"Nun, zum einen erkennt man welche Verteidigungen der Gegner aufgebaut hat. Ich könnte also einen Zauber wählen, der mich keine Kraft kostet wenn ich eine Schwäche in eurer Verteidigung entdeckte. Zum anderen kann ich meinen Gegner davon abhalten einen Gegenangriff zu starten. Es kommt zwar vor, dass Kontrahenten Magie einsetzen ohne komplette Kontrolle gewonnen zu haben aber dann sind es meistens recht einfache Zauber die so klar formuliert sind, dass der Gegner weiß, das sein Leben noch nicht bedroht ist. Diese magischen Winkelzüge dienen in erster Linie dazu, dass der Gegner seine eigenen Kraftreserven verbraucht und man auf diese Weise vielleicht einen Vorteil erringen kann."
"Nun macht es Sinn." murmelte Moira. "Damals im Tunnel hat euch euer Gegner rücksichtslos angegriffen ohne auch nur den Versuch zu machen euren Geist einzudringen. Nachdem was immer gerade erzählt habt ist das geradezu selbstmörderisch."
Burod nickte während sein Gegenüber fortfuhr.
"Genauso selbst mörderisch muss man ja den Angriff des Priesters auf den Gefangenen bezeichnen. Er war allein mit dem Zwerg in einer verschlossenen Zelle. Andere Verdächtige hätte es kaum gegeben. Es hat etwas beängstigende, dass diese Anhänger des dunklen Kultes ihren Glauben über das eigene Leben stellen. Sicher gibt es Dinge für die es sich lohnt zu sterben aber trotzdem......"
"Ihr habt völlig recht Moira. Solcher Fanatismus hat etwas beängstigendes." bestätigte Burod. "Ich habe gehört, dass dieser Vorfall auch zu großer Sorge unter den einzelnen Clans geführt hat. Wie steht es inzwischen damit?"
Moira lächelte während sie sich erhob.
"Meinem Vater ist glücklicherweise gelungen die Wogen ein wenig zu glätten. Ich befürchte nur, dass ich ihm eine kleine Enttäuschung bereiten muss."
"Warum?" Burod blickte der jungen Frau Fragen nach.
Diese drehte sich im Eingang der Höhle noch einmal zu ihm um.
"Man wollte euch eigentlich zu einer Versammlung der Clanoberhäupter bitten Drachenreiter um eure Informationen zu diskutieren. Mein Vater hat im Namen der Gastfreundschaft darauf bestanden, dass man sich zu erst einmal euch erkundigt ob es überhaupt neue Informationen gibt die sich zu diskutieren lohnt. Ich habe mich freiwillig gemeldet mit euch zu sprechen. Wie ihr bereits zum Anfang unseres Gespräches gesagt habe konnte ich ihr noch keine Befragung des Gefangenen durchführen und das was wir wissen ist bereits bekannt. Insofern wird euch also die hohe Ehre und das große Vergnügen wenigstens die Hälfte der heutigen Nacht in einem Konferenzsaal zu verbringen wohl an euch vorübergehen."
"Ich werde mich bemühen meine Enttäuschung unter Kontrolle zu behalten." erwiderte Burod scherzhaft und schenkte seiner Retterin zum Abschied ein dankbares Lächeln.





::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::






Mit einem zufriedenen Lächeln blickte Gintar über die Reling der Ostwind. Es hatte etwas befreiendes für ihn die Hafenstadt der Menschen endlich hinter sich zu lassen. In der heraufziehenden Nacht waren nur noch die Leuchtfeuer des Hafens zu erkennen. Fast ebenso hell wie die Lichtzeichen der Schifffahrt loderte die Vorfreude in der Brust des Zwerges. Endlich war er auf dem Weg zur ehemaligen Heimat der Drachenreiter. Dass nur die Hälfte der angestammten Besatzung an Bord war störte ihn nicht. Nur diejenigen, die bereits lang unter Dem Kapitän des Schiffes gedient hatten vertrauten ihm genug um auf eine so weite Reise zu gehen. Die jüngeren Besatzungsmitglieder ließen sich eher von den Schauergeschichten, die sich um Vroengard rankten abschrecken.
Die Insel sei seit dem Verrat von Galbatorix ein verfluchter Ort. Selbst die Luft sei mit einem unsichtbaren Gift verseucht. Gintar kannte all die Geschichten. Sie kümmerten ihn nicht. Er hatte endlich das Gefühl auf dem richtigen Weg zu sein mit jedem Meter den zurückgelegten diente er nun Marantera.

Eragon Buch 7 - Im Wandel der ZeitenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt