43. Odynadeil Teil 2

550 23 0
                                    

Ismira und Cale führten ihren jungen Gast durch einen Tunnel ins innere der Festungsanlage. Ganz offensichtlich war auch bei diesem Gang an die Bedürfnisse älterer Drachen gedacht worden.
In Größe und Breite war der Tunnel mehr als ausreichend um selbst den Stolzesexemplaren das Drachenvolk des Zutritt zur Festungsanlage zu erlauben. Wände und Decke waren aus weißem Marmor gefertigt und verliehen gemeinsam mit magischen Laternen der Anlage eine Atmosphäre, die ankommenden Reitern das Gefühl gab die willkommen zu sein.
"Der neue Name dieser Festung, Odaynadail, was bedeutet der eigentlich?" erkundigte sich Marlena nach einem Augenblick des Schweigens.
"Die Idee stammt von meinem Gatten." schmunzelte Ismira und zwinkerte ihrer Cousine schelmisch zu als sie zu einer kleinen, verbalen Neckerei ansetzte. "Er hat eine Schwäche für Sterne musst du wissen."
"Ja ja, ärgere mich nur." gab Cale spielerisch zurück.
"Das ist mein liebster Zeitvertreib." konterte Ismira schlagfertig.
"Du Frechdachs!" erwiderte Cale, umschlagen die seiner Frau mit einem Arm und zog sie mit sanfter Gewalt an sich.
"Muss ich dir nun Lösegeld zahlen?" fragte Ismira spielerisch als ihr Gesicht nur noch wenige Zentimeter von dem ihres Gatten entfernt war.
"Auf jeden Fall!" erwiderte der Drachenreiter mit gespieltem Ernst.
Mit einem angenehmen Kribbeln im Bauch beobachtete Marlena wie ihre Cousine und ihr Mann einen zärtlichen Kuss austauschten. Als dieser sich in die Länge zu ziehen begann beschloss die junge Halbling jedoch in die Offensive zu gehen. Es freute sie zwar, wie glücklich ihre Lieblingscousine und ihr Gatte waren aber sie wollte auch eine Antwort auf Ihre Frage. Daher stieß sie ein übertrieben klingendes seufzen aus und fügte ein "Muss Liebe schön sein" an welches die beiden anderen Drachenreiter dazu veranlasste sie anzublicken.
Ismira legte eine Verhaltensweise an den Tag, die sie schon in ihrer Jugend ausgezeichnet hatte und streckte ihrer Cousine hingebungsvoll die Zunge heraus.
"Versuche s doch gelegentlich mal Lenchen."
Lachend setzte die Gruppe ihren Weg fort.
"Um auf deine Frage zurückzukommen Marlena." erklärte Cale schließlich. "In der Tat hat dieser Name etwas mit Sternen zu tun. Er stammt aus der Sprache der Elfen. Dort ist es üblich besonderen Sternen oder Sternkonstellationen Namen in der alten Sprache zu geben. Du kennst der sicher die Bezeichnung für den die Abendstern des schönen Volkes oder?"
Marlena nickte nur. Am Rande ihres Bewusstseins bemerkte sie, dass sie sich offenbar dem Ende des langen Wandelgangs näherten. Cale indes fuhr fort:
"Nun, dies ist der nördliche Außenposten der Drachenreiter im bekannten Alagaesia. Und Odynadail ist die Bezeichnung der Elfen für den Polarstern, der, wie man weiß, direkt im Norden steht."
Marlena nickte verstehend und begriff nun auch was Ismira mit ihrer Neckerei gemeint hatte. Cale hatte seinen Seelenbruder Tailon schließlich nach einem Sternbild benannt und auch Ismiras Drachendame den floh ins Ohr gesetzt, dass sie ebenfalls nach Sternen genannt werden wollte um nicht hinter ihrem Bruder zurückzustehen. So hatte sie schließlich den Namen Anarie erhalten.
Inzwischen hatten die drei Reiter das Ende des Tunnels erreicht und wurden in einem gewaltigen kreisrunden Raum entlassen.
Marlena vermutete, dass sich hier der räckte ins Innere des runden Spitzturmes blickte. Eine kunstvolle, ebenfalls aus weißem Marmor hergestellte Wendeltreppe führte an der Wand entlang zu den Einflugöffnung für Drachen die Marlena bereits von außen gesehen hatte. Die Treppe führte dann in die tiefer gelegenen Stockwerke wo sich offenbar weitere Räume der Festung befanden. Es überraschte die junge Halbling zu sehen, dass der Turm im Grunde keinen Boden hatte. Wasser glitzerte ihr aus der Tiefe entgegen. Am Grund des Turms befand sich offenbar ein gewaltiger Trinkwasserspeicher. Über ein steinernes Aqueduckt ergoss sich Kristall klares Wasser in den Speicher. Die Ausflussöffnung der Frischwasserzufuhr war geformt wie ein riesiger weißer Drachenkopf der das im Licht glitzernde, kühle Nass in das Sammelbecken entließ. Offenbar war die Festung bis tief in den Berg Utgard hinein getrieben worden denn am Rand des Sammelbecken fächerte sich die Rundestruktur auf und eine Breite, hölenähnliche Fläche war erkennbar. Auch der Boden dieser Fläche bestand aus weißem Marmor und war, das konnte Marlena Gang ihrer hervorragenden Sehkraft erkennen, gestaltet wie ein Sandstrand. Erst auf den zweiten Blick erkannte man, dass dort nicht wirklich Sand aufgeschüttet war sondern die natürlichen Strukturen die Wind und See am Ufer des Meeres formten, kunstvoll in den Stein eingearbeitet waren.
"Dort unten finden Drachen platz wenn sie ebenfalls mit in die Festungsanlage kommen." erklärte Ismira die den Blick ihrer Cousine gefolgt war. "Sie bevorzugen aber dem Drachenhort dem schon gesehen hast. Die Kinder des Feuers und der Luft brauchen einen ungehinderten Blick auf den Himmel sonst fühlen sie sich nicht wirklich wohl. Aber wir wollen sie natürlich nicht aussperren. Das Wasser stammt aus einem natürlichen Wasserspeicher der sich im Inneren des Utgard gebildet hat und durch Schmelzwasser ständig neu aufgefüllt wird. Wir leiten das Wasser in dieses Speicherbecken und durch einen Abfluss wieder zurück in das natürliche Reservoir. Auf diese Weise bleibt das Wasser in Bewegung und wird nicht Schal oder abgestandenen. Das ist immer noch eine Festungsanlage Lenchen, nichts ist wichtiger als der Nachschub an Trinkwasser. In den unteren Etagen gibt es genügend Raum, dass die gesamte Bevölkerung des Palancartals in dieser Festung zu Flucht finden könnte sollte dies nötig werden. Normale Menschen können die Festungsanlage durch einen versteckten Zugang am Fuß des Utgard betreten. Der kann nur mit Magie oder Gewalt geöffnet werden und es dürfte ein beträchtliches Maß an Gewalt nötig sein um eben das zu bewerkstelligen. Ein Angreifer wäre dann aber eindeutig im Nachteil. Er müsste über eine relativ enge Treppe zur eigentlichen Festung empor steigen die jede zahlenmäßige Überlegenheit aufheben würde. Außerdem gibt es noch den Wasserspeicher."
"Ihr nutzt ihn also auch für die Verteidigung?" wollte Marlena wissen.
Ismira nickte und setzte ihre Erklärung fort:
"Das Sammelbecken ist mit einem speziellen Zauber versehen, der auf einen einfachen magischen Befehl hin das enthaltene Wasser zum Kochen bringt. Über eine Schleuse könnte dann das ganze Treppenhaus fluten. Ich hoffe zwar, dass das nie nötig sein wird aber bereit sein ist alles."
Dem konnte sich Marlena nur anschließen. Inzwischen war Cale hinter Ismira getreten und hatte die Arme um ihre Hüften gelegt. Sein Kinn bettete auf die Schulter seiner Gattin.
"Die beiden Stockwerke die direkt unter dieser Ebene liegen sind den Drachenreitern vorbehalten. Hier findet man Aufenthaltsräume, Lagerräume für Waffen und Lebensmittel und auch unsere Bibliothek. Die ist übrigens zum beliebtesten Aufenthaltsort deines Onkels Murtagh geworden. Nur für den Fall, dass du dich wunderst wo er ist und ihm vielleicht begrüßen möchtest."
Irgend etwas im Tonfall ihres Schwagers brachte Marlena dazu sich von dem atemberaubenden Anblick der Festung zu lösen und ihr Augenmerk auf ihre Cousine und ihren Gatten zu lenken. Die Blicke mit denen die Beiden ihre junge Verwandte bedachten sprachen Bände. Ganz so einfach wollte Marlena es den Beiden jedoch nicht machen. Die junge Halbling bedachte die beiden anderen Drachenreiter mit einem wissenden Lächeln und sagte:
"Ich nehme an ihr Beide wollt euch ein wenig......."
"In der Tat!" unterbrach Ismira mit einem Tonfall, der mehr als deutlich machte, dass ihre Worte nicht so ganz ernst gemeint waren. "Wir sehen es als unsere Pflicht als Drachenreiter an uns über die Beantwortung vollen Aufgaben auszutauschen die nun auf uns zukommen solange wir Murtagh an der Magierakademie vertreten."
Mit einer spielerischen, übertriebenen Geste legte Marlena sich selbst die Hand auf die Brust und sagte im selben Tonfall wie Ismira: "Niemals würde ich dir etwas anderes unterstellen liebsten Cousine. Ich danke dir auch vielmals für deine Fürsorge. Die Aufgaben euch nun an der man die Akademie erwarten.....Hach! Dieses Thema würde mich bestimmt langweilen. Ich denke ich werde dem Vorschlag eines reizenden Gatten nachkommen und feststellen was unser liebster Onkel geradeso treibt. Ich hoffe Ihr seid nicht zu enttäuscht, dass sich eurer Unterhaltung nicht beiwohnen werde."
"In meiner grenzenlosen Güte werde ich dir vergeben Marlena Aryatochter." antwortete die ältere der beiden Drachenreiterrinnen spielerisch.
"Deine Güte ist wahrhaftig grenzenlos Ismira Katrinatochter." gab die Jüngere zurück und entfernte sich nach einem übertriebenen Hofknicks. Sie folgte der Wendeltreppe hinab in das unter ihnen gelegene Stockwerk, blickte sich jedoch noch einmal zu den beiden anderen Reitern um. Über die Kante der obersten Stufe hinweg konnte sie sehen, dass die Lippen der Eheleute bereits wieder miteinander verschmolzen waren.
- "Liebe muss wirklich schön sein." - kicherte Marlena in sich hinein.
Obwohl sie nicht bewusst mit ihrer Drachendame gesprochen hatte ließ Alonvys Antwort nicht lange auf sich warten.
- "Vielleicht solltest du sie wirklich mal versuchen kleine Halbling." -

Eragon Buch 7 - Im Wandel der ZeitenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt